LAG Düsseldorf, Beschl. 4.6.2020 - 3 Ta 155/20

Abgrenzung von Arbeits- und Dienstvertrag – Bedeutung des Vertragswortlauts

Autor: RA FAArbR Prof. Dr. Stefan Lunk, Hamburg
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 08/2020
Kommt aufgrund der Tätigkeit sowohl ein Arbeits- als auch ein Dienstverhältnis in Betracht (hier „Partner“ in einer Anwaltssozietät) und ergibt die Auslegung des Vertrags, dass die Parteien einen Arbeitsvertrag gewählt haben, ist dies regelmäßig bindend. Einer Korrektur anhand der praktischen Vertragsdurchführung bedarf es dann nicht.

ArbGG § 78, § 2 Abs. 1 Nr. 3a; BGB §§ 611, 611a; GVG § 17a Abs. 4

Das Problem

Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren über den Beschäftigungsanspruch des Klägers. Er ist als Rechtsanwalt auf Basis eines als „Vertrag“ überschriebenen Dokuments tätig. Die beklagte Sozietät hält den Kläger für einen freien Dienstnehmer und somit das von ihm angerufene Arbeitsgericht für unzuständig.

Der Kläger ist ausweislich des Vertrags „Partner“, was bei der Beklagten auch als Bezeichnung für die „oberste Mitarbeiterhierarchieebene“ gilt. In der Ausübung seiner anwaltlichen Tätigkeit ist er frei. Beiträge an das Versorgungswerk leistet die Beklagte. Urlaub muss der Kläger mit den übrigen Partnern abstimmen. Er muss seine „ganze Arbeitskraft ausschließlich“ der Beklagten zur Verfügung stellen; „Aufgabengebiet und Geschäftsbefugnis... bleiben einer Geschäftsanweisung vorbehalten“. Unter Hinweis auf § 106 GewO können dem Kläger laut Vertrag gleichwertige anderweitige Tätigkeiten und ein anderweitiger Einsatzort zugewiesen werden. Ferner taucht der Begriff „Arbeitsverhältnis“ auf und das Vertragsverhältnis wird den „jeweiligen Bestimmungen in Gesamtbetriebsvereinbarungen“ unterstellt.

Als Vorfrage streiten die Parteien zunächst über den Rechtsweg.

Die Entscheidung des Gerichts

Das LAG hält die Arbeitsgerichtsbarkeit gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG für zuständig. Es liege ein Arbeitsverhältnis vor.

Zwar sei grds. eine Gesamtwürdigung vorzunehmen, bei der neben den Formulierungen im Vertrag auch auf die Umstände der Vertragsdurchführung abzustellen sei, wenn die streitgegenständliche Tätigkeit – wie hier – sowohl im Rahmen eines Arbeits- als auch eines Dienstverhältnisses durchgeführt werden könne. Dies gelte aber nicht, wenn die Parteien wie vorliegend ausdrücklich ein Arbeitsverhältnis als Vertragstyp gewählt hätten. Für eine Statuskorrektur unter Berücksichtig der tatsächlichen Vertragsdurchführung bestünde dann kein Anlass.

Im Streitfall gelangt das LAG zu der Überzeugung, man habe ein Arbeitsverhältnis gewollt und vereinbart. Eine Korrektur unter Berücksichtigung der Vertragsumstände komme nicht in Betracht. Allenfalls, wenn die Parteien fehlerhaft auf einen Arbeitsvertrag abgestellt hätten, in Wahrheit aber übereinstimmend bspw. einen Dienstvertrag hätten schließen wollen („falsa demonstratio“), könne ausnahmsweise die Bezeichnung unbeachtlich bleiben. Ein solcher Fall lag aber nicht vor.

Abschließend hält das LAG auch für das Rechtswegbestimmungsverfahren im einstweiligen Rechtsschutz die Rechtsbeschwerde für grds. statthaft (§ 17a Abs. 4 GVG, § 78 Satz 1 ArbGG) und widerspricht damit anderslautenden Literarturstimmen. Es sieht aber keine ausreichenden Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde.


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