LAG Niedersachsen, Urt. 20.7.2017 - 6 Sa 1125/16

Keine zeitliche Begrenzung des Vorbeschäftigungsverbots für sachgrundlose Befristungen

Autor: RA FAArbR Dr. Artur Kühnel,Vahle Kühnel Becker, FAeArbR, Hamburg
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 12/2017
Entgegen der Rechtsprechung des BAG aus dem Jahr 2011 gilt das Vorbeschäftigungsverbot bei sachgrundlosen Befristungen gem. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG zeitlich unbegrenzt. Ein etwaiges Vertrauen des Arbeitgebers auf die Rechtsprechung des BAG ist nicht schutzwürdig.

LAG Niedersachsen, Urt. v. 20.7.2017 - 6 Sa 1125/16

Vorinstanz: ArbG Hannover - 2 Ca 193/16

TzBfG § 14 Abs. 2 Satz 2; GG Art. 12 Abs. 1

Das Problem

Die Parteien streiten im Wesentlichen über die Wirksamkeit einer sachgrundlosen Befristung.

Die klagende Arbeitnehmerin war bereits 2008 bei der Beklagten beschäftigt gewesen. Aufgrund eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags vom 30.4.2014 sowie dreier Verlängerungsabreden (zuletzt vom 12.1.2016) beschäftigte die Beklagte die Klägerin in der Zeit vom 2.5.2014 bis zum 30.4.2016 erneut.

Die Entscheidung des Gerichts

Das LAG hat die sachgrundlose Befristung wegen des bereits 2008 zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses aufgrund des Vorbeschäftigungsverbots des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG als unwirksam angesehen. Die Kammer folge der neueren Rechtsprechung des BAG aus dem Jahr 2011 nicht, wonach das in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG geregelte Vorbeschäftigungsverbot nicht eingreife, wenn das Ende des vorangegangenen Arbeitsverhältnisses mehr als drei Jahre zurückliege (BAG, Urt. v. 6.4.2011 – 7 AZR 716/09, MDR 2011, 1427 = ArbRB 2011, 130 [Boudon]; Urt. v. 21.9.2011 – 7 AZR 375/10, ArbRB 2012, 74 [Reufels]).

§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG sei vielmehr dahingehend auszulegen, dass eine sachgrundlose Befristung auch dann ausscheide, wenn das Ende eines vorangegangenen Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien mehr als drei Jahre zurückliege (so noch BAG, Urt. v. 6.11.2003 – 2 AZR 690/02, MDR 2004, 757 = ArbRB 2004, 132 [Hülbach]; Urt. v. 13.5.2004 – 2 AZR 426/03, BeckRS 2004, 30802380 = ArbRB online; Beschl. v. 29.7.2009 – 7 AZN 368/09, BeckRS 2011, 77126 = ArbRB online). Dies ergebe sich aus dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte sowie der Systematik des Gesetzes.

Diese Auslegung verstoße auch nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Aufgrund der überwiegend deutlichen Kritik im Schrifttum an der Rechtsprechungsänderung des BAG im Jahr 2011 habe die Beklagte auch nicht auf die Wirksamkeit der Befristung vertrauen dürfen.


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