LAG Rheinland-Pfalz, Urt. 21.7.2020 - 8 Sa 430/19

Die Drohung mit willkürlicher Krankmeldung rechtfertigt die außerordentliche Kündigung

Autor: RA FAArbR Werner M. Mues, Köln
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 02/2021
Droht der Arbeitnehmer, sich krankschreiben zu lassen, um einer Weisung des Arbeitgebers nicht Folge leisten zu müssen, rechtfertigt das in der Regel eine außerordentliche fristlose Kündigung. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer später tatsächlich erkrankt oder die Weisung rechtswidrig war.

BGB § 626 Abs. 1

Das Problem

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung.

Der als SAP Support Consultant beschäftigte Kläger war mit einer von der Beklagten geplanten Verlegung des Betriebs nicht einverstanden, weil dadurch sein Weg zur Arbeit verlängert worden wäre. Er besichtigte deshalb während der Arbeitszeit mit einem Makler eine Immobilie, die nach seiner Auffassung für die Beklagte geeignet war, und schlug diese der Beklagten für einen Umzug vor.

Hierüber und über die Aufforderung der Beklagten, derartige Aktivitäten zu unterlassen, entwickelte sich eine zunehmend kontroverse E-Mail Korrespondenz der Parteien. Diese mündete in einer Weisung der Beklagten an den Kläger, an seinem Arbeitsplatz zu einem Abstimmungsgespräch zur Verfügung zu stehen. Hierbei sollte es auch um einen möglichen Aufhebungsvertrag gehen. Darauf erwiderte der Kläger, „er könne ja noch krank werden“. Vor dem Gesprächstermin meldete der Kläger sich dann telefonisch krank und reichte später eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein, die jedoch den Tag des Gesprächstermins nicht umfasste.

Seine Klage gegen die noch am selben Tag ausgesprochene fristlose Kündigung der Beklagten ist vor dem Arbeitsgericht erfolglos geblieben.

Die Entscheidung des Gerichts

Auch das LAG hält die außerordentliche fristlose Kündigung für gerechtfertigt. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn der Arbeitnehmer seine Interessen durch die rechtswidrige Drohung mit einem empfindlichen Übel gegenüber dem Arbeitgeber durchzusetzen versucht. Dabei ist nicht entscheidend, ob er damit zugleich den Straftatbestand der Nötigung (§ 240 StGB) oder der Erpressung (§ 253 StGB) erfüllt. Auch unterhalb der Strafbarkeitsschwelle ist ein derartiges Vorgehen mit den Loyalitätspflichten im Arbeitsverhältnis (vgl. § 241 Abs. 2 BGB) unvereinbar. Dies gilt ohne Rücksicht auf eine später möglicherweise tatsächlich auftretende Krankheit. Bei Drohung mit der Krankmeldung stellt der Arbeitnehmer in Aussicht, seine Interessen notfalls auch ohne Rücksicht darauf durchsetzen zu wollen, ob eine Arbeitsunfähigkeit tatsächlich vorliegt.


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