LG Berlin, Urt. 26.6.2019 - 65 S 55/19

Vormiete: Auskunftsanspruch umfasst Belege

Autor: RA FAMuWR Kai-Uwe Agatsy, Berlin
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 11/2019
Dem Mieter steht gem. § 555g ein Auskunftsanspruch auf die Vorlage von Belegen über den Nachweis der Vormiete zu. Die Beschränkung der Auskunftspflicht auf eine bloße Wissenserklärung ist nicht geboten. Einem Mieter ist unzumutbar, es ohne Informationen über die Vormiete auf einen Rechtsstreit „ins Blaue hinein” ankommen zu lassen.

LG Berlin, Urt. v. 26.6.2019 - 65 S 55/19

Vorinstanz: AG Neukölln - 17 C 224/18

BGB § 556g Abs. 3

Das Problem

Die Mieter rügten Verstöße gegen die Mietpreisbremse und machten einen Auskunftsanspruch über die Höhe der Vormiete geltend, um danach Überzahlungen zurückzufordern. Streitig war der Umfang der Auskunftserteilung über die Vormiete. Die Vermieterin erteilte die Auskunft mit einer einfachen Wissenserklärung ohne Vorlage des (geschwärzten) Vormietvertrages.

Der Umfang des Auskunftsanspruchs ist streitig. Nach einer Ansicht wird vertreten, dass im Rahmen der Auskunftserteilung keine Belegvorlage zu erfolgen habe (Artz in MünchKomm/BGB § 556g Rz. 11; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, BGB § 556g Rz. 34). Der Auskunftsanspruch und die Belegvorlage seien zu differenzieren so dass es dem Mieter freisteht, einen Rechtsstreit zu führen.

Die Entscheidung des Gerichts

Den Mietern steht ein Auskunftsanspruch über die Vormiete gem. § 556g Abs. 3, § 556e Abs. 1 a.F. BGB zu. Die gezahlte Miete i.H.v. 1.303 € habe die nach § 556d Abs. 1 BGB i.V.m. der MietenbegrenzungsVO deutlich überschritten. Ein Ausnahmefall nach § 556e Abs. 1 a.F. BGB habe nicht vorgelegen. Nach der Vorschrift des § 556g Abs. 3 BGB sei der Vermieter auf Verlangen des Mieters verpflichtet, Auskunft über Tatsachen zur Ermittlung der Zulässigkeit der Miethöhe zu verlangen. Die Vermieterin habe jedoch die Vormiete ohne Vorlage von Belegen mitgeteilt. Streitig sei, ob der Auskunftsanspruch auch die Vorlage von Belegen umfasst. Dies werde damit verneint, dass sich der Mieter diese Information in einem Rechtsstreit beschaffen kann (Staudinger/V. Emmerich, BGB, § 556g Rz. 29a). Der Vermieter sei befugt, ein geschwärztes Vertragsdokument vorzulegen (vgl. BT-Drucks. 18/3121, 33 f.). Das schlichte Nennen der Vormiete erfülle nicht die Anforderungen an die gesetzlich gebotene Auskunftspflicht. Dabei sei zu berücksichtigen, ob der Schuldner die Auskunft unschwer erteilen kann. Die Mieter haben keine andere Möglichkeit, die Miethöhe in der Form zu prüfen. Wird an einer strengen Differenzierung zwischen reinen Auskunfts- und Belegvorlageansprüchen festgehalten, werde dem Mieter ein zusätzliches (Prozess-)Risiko auferlegt, dass mit dem Sinn und Zweck der §§ 556d ff. BGB nicht vereinbar sei. Dem Mieter sei nicht zumutbar, „ins Blaue hinein” eine Rückforderungs- und Feststellungsklage zu erheben. Ein deutliches „Mehr” an Rechtssicherheit erlange der Mieter, wenn ihm der Vormietvertrag vorgelegt werde.


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