Messie in der Eigentümergemeinschaft: Rausschmiss?

20.06.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Messie,Wohnung,Müll,vermüllt,Mann Was kann eine Wohnungseigentümergemeinschaft gegen einen Messie tun? © - freepik
Das Wichtigste in Kürze

1. Störung des gemeinschaftlichen Eigentums: Wenn durch das Verhalten des Messies das Gemeinschafts- oder Sondereigentum anderer Eigentümer unzulässig beeinträchtigt, können diese Unterlassung verlangen.

2. Eingriff durch die Eigentümergemeinschaft: Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann bei erheblichen Störungen Maßnahmen gegen den Störer ergreifen (z. B. Beauftragung eines Schädlingsbekämpfers, Reinigung von Gemeinschaftsflächen).

3. Entziehung des Wohnungseigentums: In extremen Fällen, etwa bei massiven Gefährdungen oder wiederholter Pflichtverletzung, kann die Entziehung des Wohnungseigentums beantragt werden.
Als Messies bezeichnet man Zeitgenossen, die aufgrund ihres Gemütszustands ihre Wohnung mit Dingen unterschiedlicher Art vollstopfen, bis diese nicht mehr bewohnbar ist. Dies kann einerseits in und für die Wohnung selbst unerwünschte Folgen haben, zum Beispiel mit Blick auf die Hygiene. Es kann sich andererseits aber auch auf die Nachbarwohnungen auswirken.

Was versteht man unter dem Messie-Syndrom?


Das sogenannte "Messie-Syndrom" wird als eine Art psychische Erkrankung angesehen. Diese äußert sich im zwanghaften Sammeln und Horten von Gegenständen mit eher zweifelhaftem Nutzwert und dem Unvermögen, Ordnung zu halten oder Dinge wegzuwerfen. Über normale Unordnung geht dies weit hinaus – diese allein rechtfertigt es also noch nicht, jemanden als Messie zu betrachten. Das entsprechende Verhalten muss schon das Ausmaß einer Zwangsstörung erreicht haben.

Allerdings kann Chaos in der Wohnung auch eine andere Ursache als das "Messie-Syndrom" haben, etwa Antriebslosigkeit infolge einer Depression. Da "Messies" aus eigener Kraft kaum etwas an ihrem Zustand ändern können, sind weder Predigten noch kurzfristiges Aufräumen der Wohnung durch Helfer eine dauerhafte Lösung.

Wie geht man in der Eigentümergemeinschaft mit einem Messie um?


In einer Wohnungseigentümergemeinschaft stellt sich nicht die Frage, ob ein Mietverhältnis gekündigt werden kann oder soll – hier ist der Messie ein Wohnungseigentümer wie alle anderen auch und hat entsprechende Rechte und Pflichten. Zu den Pflichten gehört zum Beispiel die Bezahlung des sogenannten Hausgeldes, das sich aus den auf die einzelne Wohnung entfallenden Betriebs- und Verwaltungskosten zusammensetzt.

Wenn ein Messie zu einer allzu großen Belastung für die Gemeinschaft wird, stellt sich die Frage, ob man ihn aus dieser ausschließen kann. Tatsächlich existiert eine solche gesetzliche Möglichkeit. Diese nennt sich "Entziehung des Wohneigentums" und ist geregelt in § 17 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG). Diese Regelung ermöglicht es der Gemeinschaft, von einem Eigentümer den Verkauf seiner Wohnung zu verlangen, wenn er seine Pflichten gegenüber den anderen so schwer verletzt hat, dass diesen die Fortsetzung der Gemeinschaft mit ihm nicht mehr zuzumuten ist. Allerdings kann sich der entsprechende Bewohner durchaus dagegen zur Wehr setzen.

Vor Gericht: Messie in der Wohnungseigentümergemeinschaft


Einer der Eigentümer war in einer Hamburger Eigentums-Wohnanlage unangenehm aufgefallen. In seiner Wohnung konnten keine Handwerkerarbeiten stattfinden, weil diese mit allerlei Dingen allzu vollgestellt war. So war auch ein von der Eigentümergemeinschaft beschlossener Austausch der Fenster nicht durchzuführen. Ebenso konnten keine Kaltwasserzähler installiert werden. Mehrfach scheiterte die Ablesung der Heizung. Das zur Wohnung gehörende Kellerabteil und der Tiefgaragen-Stellplatz waren nach Ansicht der Nachbarn "zugemüllt". Ein Bekannter konnte den Bewohner einige Tage lang nicht erreichen und meldete ihn als vermisst. Daraufhin öffnete die Polizei die Wohnung. Diese war "vermüllt" und stank. Es kam dann zu einem Kammerjägereinsatz wegen vermutetem Rattenbefall.

Nach diesen Ereignissen klagte die Eigentümergemeinschaft auf Entziehung des Wohneigentums. In Abwesenheit des Wohnungsinhabers fällte das Amtsgericht Hamburg ein Versäumnisurteil, das den Mann zum Verkauf seiner Wohnung verurteilte. Unter anderem argumentierte das Amtsgericht damit, dass er es schuldhaft versäumt habe, sich rechtzeitig von einem Facharzt behandeln zu lassen.

Wie verteidigte sich der Wohnungseigentümer vor Gericht?


Der Bewohner legte beim Landgericht Hamburg Berufung gegen das erste Urteil ein. Dabei erklärte er, dass er weder an einem "Messie-Syndrom" leide noch Unrat sammle. Was sich in seiner Wohnung abspiele, sei allein seine Angelegenheit. Er berief sich außerdem auf seine Grundrechte (Eigentum, Wohnung, Handlungsfreiheit).

Trotzdem schloss sich das Landgericht der Ansicht der Vorinstanz an. Eine Entziehung des Wohneigentums sei immer ein schwerer Grundrechtseingriff und daher nur unter sehr engen Voraussetzungen und als letztes Mittel zulässig. Dabei komme es nicht auf die Schuld oder Unschuld des jeweiligen Wohnungseigentümers an. Auch Umstände, an denen er selbst keine Schuld trage, könnten das Zusammenleben mit ihm für die anderen Eigentümer unzumutbar machen. Genau dies sei hier der Fall.

Den Fensteraustausch habe man für das ganze Haus beschlossen und er habe allein in dieser einen Wohnung nicht durchgeführt werden können. Nur in dieser Wohnung könnten keine Kaltwasserzähler installiert werden. Diese Probleme beträfen nicht nur das Wohneigentum einer Person, sondern auch das Gemeinschaftseigentum am Haus. Ohne Kaltwasserzähler sei keine wirksame Verbrauchsabrechnung möglich. Der derzeitige Zustand bestünde schon seit Jahren. Auch sei der Eigentümer schon vor Jahren gerichtlich dazu verurteilt worden, sein abgemeldetes Auto von seinem Stellplatz zu entfernen. Dieses würde dort immer noch stehen.

Das Gericht hielt dem Beklagten zwar zugute, dass er sich inzwischen in Behandlung begeben hatte. Dies habe jedoch bisher nichts an seinem Wohnverhalten geändert. Es sei für die Zumutbarkeit für die anderen Bewohner nicht entscheidend, ob er nun tatsächlich am "Messie-Syndrom" leide oder andere Probleme habe. Die Gemeinschaft habe lange vergeblich versucht, eine Einigung mit ihm zu erzielen – auch mit Hilfe einer Mediatorin. Dadurch habe sich jedoch nichts geändert. Obendrein sei er über drei Monate mit den Zahlungen an die Gemeinschaft in Rückstand. Das Gericht wies daher seine Berufung ab (Urteil vom 6.4.2016, Az. 318 S 50/15).

Praxistipp zur Entziehung des Wohneigentums


Urteile wie das dargestellte lassen sich auch im Wohnungseigentumsrecht nur eingeschränkt auf andere Fälle übertragen. Da es hier um Grundrechtseingriffe geht, ist eine Abwägung der widerstreitenden Rechte erforderlich. Für die Entziehung des Wohnungseigentums sind zwei Fragen entscheidend: Ist der bestehende Zustand für die anderen Eigentümer wirklich unzumutbar? Und: Ist der Hinauswurf des Messies das letzte Mittel, sind also alle anderen Maßnahmen erfolglos geblieben? Ein Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht kann Sie kompetent zu diesen Themen beraten.

(Ma)


 Ulf Matzen
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