Messies in der Mietwohnung - welche Rechte hat der Vermieter?

27.09.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 5 Min. (2793 mal gelesen)
Messie,Mietwohnung,Mieter,gesammelter,Unrat Was darf der Vermieter gegen einen Messie unternehmen? © Rh - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Abmahnung: Verstößt der Messie-Mieter gegen seine vertraglichen Pflicht zur vertragsgemäßen Wohnungsnutzung, indem er die Wohnung verwahrlosen lässt, kann er vom Vermieter abgemahnt werden.

2. Beseitigungsanspruch: Der Vermieter kann dem Mieter eine Frist zur Herstellung des ordnungsgemäßen Zustands der Mietwohnung setzen und diesen nach fruchtlosem Fristablauf gerichtlich durchsetzen.

3. Kündigung: Im Extremfall kann der Vermieter das Mietverhältnis (auch fristlos) kündigen, wenn der Messie die Wohnung in einem Zustand belässt, der die Substanz der Wohnung gefährdet oder andere Hausbewohner erheblich beeinträchtigt.
Grundsätzlich dürfen Mieter in ihrer Wohnung tun und lassen, was sie wollen. Schließlich haben sie allein in der gemieteten Wohnung das Hausrecht. Es gibt jedoch für alles Grenzen. Und die fangen dort an, wo anderer Leute Rechte verletzt werden. So hat beispielsweise der Vermieter ein Interesse daran, dass die Wohnung – die immerhin sein Eigentum ist – nicht durch Verwahrlosung, Schimmel und Ungeziefer beschädigt wird. Trotzdem ist es für Vermieter oft schwierig, gegen Messies vorzugehen.

Was ist eigentlich ein Messie-Mieter?


Als Messies bezeichnet man Menschen mit einer krankhaften Leidenschaft zum Sammeln von Dingen, die andere als wertlos ansehen. Dies können Sammlungen unterschiedlichster Art sein, aber auch Altpapier oder Baumaterial. Häufig sammelt sich auch regelrechter Müll an. Meist horten Messies mehr Gegenstände, als in die Wohnung passen. Dadurch ist diese nach einiger Zeit komplett zugestellt und zugestapelt.

Zum Teil wird das sogenannte Messie-Syndrom als psychische Störung, zum Teil als Symptom einer solchen angesehen. Befindet sich auch Müll in der Wohnung, sind Ungezieferbefall und unangenehme Gerüche im Haus die Folge. Oft kommt es zu Schimmel- und Feuchtigkeitsschäden. Wirkt sich der desolate Zustand einer solchen Wohnung auch auf andere Wohnungen im Haus aus, können deren Mieter unter Umständen die Miete mindern. Der Vermieter hat gegenüber allen Mietern eine Fürsorgepflicht. Dabei handelt es sich um eine ungeschriebene Nebenpflicht aus dem Mietvertrag. Was soll der Vermieter aber nun in Sachen Messie unternehmen?

Welche Pflichten haben Mieter im Umgang mit ihrer Wohnung?


Die Pflichten von Mietern gehen über das reine Bezahlen der Miete hinaus. Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung verpflichtet sie der Mietvertrag dazu, sorgfältig mit dem Mietobjekt umzugehen und Schäden soweit möglich zu vermeiden. Diese Sorgfaltspflicht ist eine vertragliche Nebenpflicht, die auch ohne eigene Absprache gilt. Im Gesetz findet sie sich in § 543 Absatz 2 Nr.2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), bei den gesetzlich anerkannten Gründen für eine fristlose Kündigung.

Der Vermieter kann den Mietvertrag fristlos kündigen, wenn die Mietwohnung in erheblicher Form gefährdet ist. Unter Umständen kann er auch Schadensersatzansprüche aufgrund der mangelnden Sorgfalt seiner Mieter haben. Mieter sind zum Beispiel auch dazu verpflichtet, ausreichend zu heizen und zu lüften, damit kein Schimmel entsteht. Wenn sie sich nicht daran halten, können sie sich schadensersatzpflichtig machen.

Wie entscheiden die Gerichte beim Thema Messiewohnung?


Viele Vermieter unterliegen dem Irrtum, dass es einfach sei, einen Messie-Mieter fristlos vor die Tür zu setzen. Allerdings haben mehrere Gerichte in der Vergangenheit entschieden, dass reine Unordnung kein ausreichender Kündigungsgrund ist. Füllt also ein Mieter seine Wohnung mit Sperrmüll, ohne dass Gestank, Fäulnis oder Ungeziefer auftreten, gibt es keinen Kündigungsgrund. Schließlich liegt dann weder eine erhebliche Gefährdung der Mietsache vor, noch werden andere Mieter im Haus belästigt (Amtsgericht Friedberg, Urteil vom 16.1.1991, Az. C 1690/90 und Amtsgericht München, Az. 453 C 29264/02).

So zählen auch stapelweise gehortete Zeitungen oder Kleidungsstücke nicht als zulässiger Kündigungsgrund – solange darin kein Ungeziefer haust. Selbst üble Gerüche sind nur dann ein Argument für eine Kündigung des Messies, wenn sie extreme Form annehmen. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn unzumutbarer Gestank ins Treppenhaus und in andere Wohnungen eindringt (AG Münster, Urteil vom 8.3.2011, Az. 3 C 4334/10).

Kommt ein solcher Fall vor Gericht, muss dieses immer eine Interessenabwägung zwischen den Beteiligten durchführen. Senioren wird zum Beispiel regelmäßig ein großes Interesse daran eingeräumt, ihre gewohnte Wohnung nicht verlassen zu müssen – selbst dann, wenn an sich ein Kündigungsgrund besteht und ihr Verbleib in der Wohnung gegen die Interessen des Vermieters ist. Es kommt aber auch bei ihnen immer auf den Einzelfall an.

Messie sammelt Müll und heizt nicht – was tun?


Vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth ging es um einen Mieter, der seit 30 Jahren in seiner Wohnung wohnte. Seine Vermieter kündigten ihm mehrfach aus mehreren unterschiedlichen Gründen. Seine Wohnung war verwahrlost, stark verschmutzt und so mit Gegenständen voll gestellt, dass man ein Zimmer nicht mehr betreten konnte. Es wurde auch Müll in der Mietwohnung gelagert. Das Badezimmer war nicht mehr benutzbar. Auch hatte der Mieter schon länger nicht mehr richtig geheizt – statt der vorhandenen Heizung nutzte er nur einen einzigen Radiator in der Küche. Mehrere Abmahnungen der Vermieter waren erfolglos geblieben.

Das Landgericht bestätigte die fristlose Kündigung des Vermieters. Der Mieter habe seine vertraglichen Pflichten verletzt, indem er die Wohnung mit diversen Gegenständen und Müll vollstopfte. Das Gericht berücksichtigte auch das unzureichende Heizen. Dies könne Frostschäden etwa an den Heizungsrohren, dementsprechend Wasserschäden und auch Schimmel zur Folge haben. Damit liege hier eine erhebliche Gefährdung der Mietsache vor. Eine außerordentliche fristlose Kündigung sei deshalb möglich, weil der Messie-Mieter bereits mehrfach ohne Erfolg abgemahnt worden sei. Man könne es dem Vermieter nicht zumuten, den Ablauf der regulären Kündigungsfrist abzuwarten (Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 23.2.2017, Az. 7 S 7084/16).

Wann können die Behörden einschreiten?


Wenn das vom Messie gesammelte Material nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) als Abfall einzustufen ist, kann das Ordnungsamt eine behördliche Verfügung erlassen, dieses zu entsorgen. Dazu muss die Behörde einige Voraussetzungen prüfen.

Der Besitzer muss sich gemäß § 3 Abs. 4 KrWG auch gegen seinen Willen von Dingen trennen, wenn diese

- nicht mehr entsprechend ihrer Zweckbestimmung genutzt werden / werden können,
- auf Grund ihres konkreten Zustandes geeignet sind, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt, zu gefährden,
- die Gefahr nur durch eine ordnungsgemäße Entsorgung gebannt werden kann.

In vielen Fällen werden diese Voraussetzungen bei einer Messiewohnung nicht erfüllt sein.

Wann ist eine Müll-Beseitigungsanordnung erfolgreich?


Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg befasste sich in zweiter Instanz mit einem Messie, dem die Behörde aufgetragen hatte, die in seinem Haus aufgehäuften etwa 50 Kubikmeter an hausmüllähnlichen Abfällen und Unrat – etwa verdorbene Lebensmittel, Sperrmüll, Hausrat, Verpackungsmaterial, Alttextilien und Zeitungen – zu entsorgen und dies auch nachzuweisen. Der Messie legte zwar Widerspruch gegen den behördlichen Bescheid ein, war damit aber nicht erfolgreich (Beschluss vom 7. April 2009, Az. 7 LA 13/09). Allerdings ist es fraglich, wie viel eine einmalige Aufräumaktion bringt: Die psychologische Situation des Betroffenen ändert sich durch behördliche Zwangsmaßnahmen oder gar zwangsweises Abräumen des Mülls auf Kosten des Messies überhaupt nicht. Binnen kurzer Zeit wird sich vermutlich wieder neues Material ansammeln.

Praxistipp zu Messies in der Mietwohnung


Auch nach neuerer Rechtsprechung setzt eine Kündigung wegen Verwahrlosung der Mietwohnung eine erhebliche Gefährdung des Mietobjekts voraus. Unordnung allein stellt keinen Kündigungsgrund dar. Die Gerichte entscheiden je nach Einzelfall und berücksichtigen auch die Belästigung anderer Mieter im Haus sowie die soziale Situation des betroffenen Mieters und dessen Alter. Eine Kündigung von Messies setzt in der Regel eine erfolglos gebliebene Abmahnung voraus. Ein Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht kann die Situation im Einzelfall einschätzen und passende Schritte vorschlagen.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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