Mitbestimmung bei Anordnungen des Arbeitgebers zur Sauberkeit und Ordnung am Arbeitsplatz

Autor: RA FAArbR Dr. Joachim Trebeck, LL.M.,Seitz Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB, Köln
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 12/2016
Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG im Hinblick auf Anordnungen des Arbeitgebers zur Sauberkeit und Ordnung am Arbeitsplatz scheidet aus, wenn es um den Umgang mit Arbeitsmitteln bzw. dem Eigentum des Arbeitgebers geht. Ferner besteht kein Mitbestimmungsrecht, wenn wegen gesetzlicher Vorgaben oder faktischer Gegebenheiten kein Regelungsspielraum der Betriebsparteien besteht.

ArbG Würzburg, Beschl. v. 8.6.2016 - 12 BV 25/15

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 1; BGB §§ 823, 1004

Das Problem

Die Parteien streiten über ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hinsichtlich diverser „Bitten” bzw. „Empfehlungen” der Arbeitgeberin zur Sauberkeit und Ordnung in den Büros. So gab es etwa Vorgaben zum Bekleben und Belegen bestimmter Flächen und sollten private Gegenstände nicht mehr als 10 % des Arbeitsplatzes einnehmen dürfen. Der Betriebsrat sah in den „Empfehlungen” verbindliche Anordnungen, die seinem Mitbestimmungsrecht unterlägen.

Die Entscheidung des Gerichts

Nach Auffassung des Gerichts betreffen die Anordnungen teilweise Fragen des Zusammenlebens im Betrieb, so das insoweit ein Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG besteht.

Die Anweisung, ungenutzte Arbeitsflächen nicht als Ablagefläche zu nutzen, sei schwerpunktmäßig dem mitbestimmungspflichtigen Ordnungsverhalten zuzuordnen. Zwar stehe dem Arbeitgeber das einseitige Recht der Arbeitsplatzzuweisung zu. Allerdings stelle der Umstand der Nutzung eines unbelegten Platzes durch einen Mitarbeiter eher ein „(Un)Ordnungsverhalten” als eine Widersetzung gegen die Zuweisung dar. Mitbestimmungspflichtig sei auch die Frage, wie die Mitarbeiter persönlich mitgebrachte Pflanzen zu pflegen hätten, da dieser Umstand nicht mehr unter das Arbeitsverhalten falle.

Das Verbot, Möbel und Tische zu bekleben, sowie die Anordnung, defektes IT-Equipment abzumelden und bei der IT-Abteilung abzugeben, unterliegen nach Auffassung des Gerichts wiederum keiner Mitbestimmung, da es sich um Anordnungen zum Umgang mit Arbeitsmitteln bzw. dem Eigentum des Arbeitgebers und somit um Arbeitsverhalten handele. Die Anordnung, Gespräche leise zu führen, um andere Mitarbeiter nicht zu stören, falle ebenso unter das Arbeitsverhalten, da diese Handlungen Teil der Arbeitsleistung seien.

Die Mülltrennung wiederum beruhe auf einer gesetzlichen Regelung, die keinen Spielraum biete und somit das Mitbestimmungsrecht entfallen lasse. Nicht mitbestimmungspflichtig sei auch die Anweisung, nach Arbeitsende den Arbeitsplatz aufgeräumt zu verlassen. Insoweit sei zwar grds. das mitbestimmungspflichtige Ordnungsverhalten betroffen. Es fehle aber an einem entsprechenden Entscheidungsspielraum, da die Reinigung der Arbeitsplätze durch ein externes Unternehmen erfolge und diesem die Leistungserbringung nur in aufgeräumten Räumen möglich sei.

Das Gericht stellte zudem fest, dass es sich bei den Vorgaben der Arbeitgeberin trotz der Formulierung als höfliche Bitte erkennbar um eine verbindliche Anweisung handelt.


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