OLG Frankfurt, Beschl. 29.7.2016 - 2 UF 133/16

Einmal sein Auto, immer sein Auto?

Autor: RiAG a.D. Ralph Neumann, Brühl
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 04/2017
Hatte ein Ehegatte Alleineigentum an einem Haushaltsgegenstand und wurde dieser zuletzt vor dem 1.9.2009 im Wege der Ersatzbeschaffung ausgetauscht, so kann der Ehegatte bei der Scheidung auch nach Aufhebung des § 1370 BGB sein vorher im Wege der dinglichen Surrogation begründetes Alleineigentum an dem Haushaltsgegenstand geltend machen, Art. 229 § 20 Abs. 1 EGBGB.

OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.7.2016 - 2 UF 133/16

Vorinstanz: AG Kassel, Beschl. v. 25.2.2016 - 530 F 3950/15 WH

BGB §§ 985, 1006, 1370, 1586b

Das Problem

Bei der Eheschließung war der Ehemann bereits Eigentümer eines Pkw. Dieser wurde während der Ehe mehrmals durch andere Fahrzeuge ersetzt, zuletzt – und zwar noch vor dem 1.9.2009 – durch einen Gebrauchtwagen, den der Ehemann ausgesucht hatte. Zur Finanzierung des Kaufs nahmen die Eheleute ein Darlehen auf, von dem ein Teil für die Pflasterung des Hofs verwendet wurde. Allein der Name des Ehemanns stand auf der Fahrzeug-Rechnung und im Kfz-Brief, er hat auch die Versicherung für den Wagen abgeschlossen. Wochentags wurde jedoch der Wagen von der Ehefrau benutzt, die damit zur Arbeit fuhr, während er dafür seinen Motorroller nutzte. Nach der Trennung blieb der Pkw bei der Ehefrau, die weiterhin im gemeinsamen Haus lebte. Inzwischen ist die Ehe geschieden und der Antragsteller begehrt nunmehr die Herausgabe des Pkw als sein Eigentum. Die Antragsgegnerin, die nicht mehr berufstätig ist, begehrt ihrerseits die Zuweisung des Fahrzeugs zur alleinigen Nutzung. Das FamG hat dem Herausgabeantrag des Antragstellers stattgegeben, da er das Fahrzeug zu Alleineigentum erworben habe und die Antragsgegnerin weder ein Recht zum Besitz habe noch ihr später Miteigentum eingeräumt worden sei. Sie möchte jedoch weiterhin das Fahrzeug nutzen können.

Die Entscheidung des Gerichts

Der Senat bestätigt, dass der Antragsteller den Pkw zu Alleineigentum erworben hat. Auch wenn es dem Verkäufer möglicherweise gleichgültig war, ob der Ehemann oder die Eheleute das Eigentum an dem Fahrzeug erwerben sollten („Übereignung an den, den es angeht”), so fehle es jedoch an einem erforderlichen Vertretungswillen des Antragstellers, der den Kauf eigenmächtig initiiert und durchgeführt und die Antragsgegnerin erst nachträglich informiert habe.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 1568b Abs. 2 BGB. Hiernach gelte zwar die Vermutung, dass Haushaltsgegenstände, die während der Ehe für den gemeinsamen Haushalt angeschafft wurden, für die Verteilung des Hausrats als gemeinsames Eigentum der Ehegatten gelten, es sei denn, das Alleineigentum eines Ehegatten steht fest. Vorausgesetzt, dass es sich bei dem Pkw überhaupt um einen Haushaltsgegenstand handele, wofür indes einiges spreche, gelte die Vermutung des § 1568b Abs. 2 BGB vorliegend deshalb nicht, weil damals nach der Regelung des § 1370 BGB Haushaltsgegenstände, die an Stelle von nicht mehr vorhandenen oder wertlos gewordenen Gegenständen angeschafft wurden, Eigentum des Ehegatten wurden, dem die nicht mehr vorhandenen oder wertlos gewordenen Gegenstände gehört hatten. Zwar wurde diese Regel zum 1.9.2009 aufgehoben, doch gelte sie gemäß Art. 229 § 20 Abs. 1 EGBGB für die Behandlung von Haushaltsgegenständen „aus Anlass der Scheidung” weiter, wenn diese vor dem 1.9.2009 angeschafft worden sind. Um widersprüchliche sachenrechtliche Zuordnungen zu vermeiden, seien die Eigentumsverhältnisse bei diesen Haushaltsgegenständen auch außerhalb des engeren Scheidungszusammenhangs nach § 1370 BGB zu bestimmen und § 20 Abs. 1 in Art. 229 EGBGB teleologisch extensiv und über den Wortlaut hinaus anzuwenden. Dass letztlich im Vergleich zwischen Ursprungsfahrzeug und dem streitgegenständlichen Pkw eine erhebliche Qualitätsverbesserung erfolgte und damit eine Bereicherung des Antragstellers vorliege, an der die Antragsgegnerin nur im Rahmen des Zugewinnausgleichs teilhaben kann, ändere hieran nichts und sei hier noch hinzunehmen.


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