OLG Frankfurt, Beschl. 7.9.2018 - 10 U 8/18

Schadensersatz: Wassereinbruch aus anderer Mietwohnung

Autor: RA VorsRiLG a.D. Klaus Schach, Berlin
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 12/2018
Der durch eingedrungenes Wasser geschädigte Mieter hat gegen den verursachenden Nachbarmieter keinen Ersatzanspruch.

OLG Frankfurt, Beschl. v. 7.9.2018 - 10 U 8/18

Vorinstanz: LG Frankfurt - 2-16 O 4/17

BGB § 93, § 94, § 328, § 535, § 906 Abs. 2 S. 2, § 823 Abs. 1

Das Problem

Der Kläger ist Mieter einer Wohnung, die Beklagte ist Mieterin der darüber liegenden Wohnung. Es trat Wasser aus dem Leitungssystem des Hauses aus und drang in die Wohnung des Klägers ein. Der Kläger verlangte Schadensersatz wegen Beschädigung seiner Mietwohnung und behauptete dazu, das Wasser sei unkontrolliert aus dem Wasserhahn im Bad der Wohnung der Beklagten ausgelaufen, weil die Beklagte eine unsachgemäße Reparatur des Wasserhahn vorgenommen habe. Das Wasser sei auf den Boden des Raumes gelaufen und von dort über die Decken und Wände in seine Wohnung eingedrungen. Dadurch seien Schäden an seinen Tapeten verursacht worden (Kosten nach Kostenvoranschlag 6.557,25 € und Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten). Das LG wies die Klage ab, wogegen der Kläger Berufung einlegte. Das OLG Frankfurt wies mit Beschluss darauf hin, dass die Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO beabsichtigt sei. Dazu nahm der Kläger keine Stellung mehr.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG wies –wie beabsichtigt –die Berufung durch Beschluss zurück. Das LG habe zu Recht einen Anspruch des Klägers unter dem Gesichtspunkt verneint, dass der Mietvertrag zwischen dem Vermieter und der Beklagten Schutzwirkung zu seinen Gunsten habe. Es sei anerkannt, dass auch ein Untermieter nicht in den Schutzbereich des Hauptmietvertrages einbezogen sei und daraus nicht Ansprüche wegen vom Vermieter verursachter Schäden gegen diesen erheben könne. Der Untermieter sei nicht schutzbedürftig, weil ihm eigene vertragliche Ansprüche gegenüber dem Hauptmieter zuständen. Das gleiche müsse im Verhältnis mehrerer Mieter im selben Gebäude untereinander gelten. Der Kläger sei durch eigene Ansprüche aus dem Mietverhältnis gegenüber dem Vermieter ausreichend geschützt (BGH v. 12.12.2003 – V ZR 180/03, MDR 2004, 681 = MietRB 2004, 149).

Zutreffend habe das LG im Anschluss an die Rechtsprechung des BGH (BGH v. 12.12.2003 – V ZR 180/03, MDR 2004, 681 = MietRB 2004, 149) auch eine entsprechende Anwendung des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB verneint. Dieser Ausgleichsanspruch habe seine Grundlage im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis. Er sei Teil des Interessenausgleichs, der für eine sachgerechte Nutzung von Grundstücken im nachbarlichen Raum unerlässlich sei. In einem solchen grundstücksbezogenen Regelungszusammenhang seien Normen, die das Verhältnis von Mietern untereinander regelten, nicht zu erwarten. Sie könnten auch nicht an den Gedanken der Beschränkung der Eigentümerrechte nach § 903 BGB anknüpfen, um den es bei § 906 BGB gehe, sondern müssten im Mietrecht angesiedelt werden. Dass das Verhältnis der Mieter untereinander keine Berücksichtigung in § 906 BGB gefunden habe, könne nicht als planwidrige Lücke angesehen werden. Dass es zwischen Mietern Streit um beeinträchtigende Immissionen geben könne, könne dem Gesetzgeber nicht verborgen geblieben sein. Außerdem bedürfe es keiner spezifischen Regelung, zumal der Mieter vom Vermieter eine von Mitmietern ungestörte Gebrauchsgewährung verlangen könne (BGH v. 12.12.2003 – V ZR 180/03, MDR 2004, 681 = MietRB 2004, 149).

Der Kläger wende sich auch in erster Linie dagegen, dass das LG einen deliktischen Schadensersatzanspruch mit der Begründung verneint habe, sein Eigentum an den Tapeten sei nicht verletzt, da der Kläger ein solches Recht an den Tapeten nicht dargetan habe. Nach § 93 BGB könnten Bestandteile einer Sache nicht Gegenstand besonderer Rechte sein, wenn es sich um wesentliche Bestandteile handele. Nach § 94 Abs. 2 BGB gehörten dazu die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen. Demgemäß seien Tapeten grundsätzlich Bestandteile des Gebäudes, weil sie von der Wand nicht mehr abgelöst werden könnten, ohne dass sie in einer Weise beschädigt würden, die eine wirtschaftliche Zerstörung darstelle. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass in seinem Fall die betroffenen Tapeten solche seien, die von der Wand einfach abzuziehen seien und auf eine andere Wand angebracht werden könnten.

Ein Anspruch nach § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des berechtigten Besitzes des Klägers bestehe nicht. Zwar sei grundsätzlich der sog. Haftungsschaden ersatzfähig, wenn der Besitzer wegen Beschädigung der Mietsache durch Dritte selbst Ansprüchen ausgesetzt sei. Solche Ansprüche des Vermieters gegenüber dem Kläger ergäben sich jedoch aus der Beschädigung der Tapeten nicht. Insbesondere habe das LG zutreffend einen Anspruch des Vermieters aufgrund seines Rechtes auf Durchführung von Schönheitsreparaturen verneint.


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