OLG Frankfurt, Beschl. 9.3.2023 - 7 WF 9/23

Verfahrenswert im selbständigen Beweissicherungsverfahren im Hinblick auf die güterrechtliche Auseinandersetzung

Autor: RA Dr. Lambert Krause, FAFamR, Waldshut-Tiengen/Wurmlingen (Tuttlingen)
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 11/2023
Wird vorbereitend zur Klärung der güterrechtlichen Ansprüche ein selbständiges Beweissicherungsverfahren durchgeführt, so richtet sich der Wert des Verfahrens nach dem Wert des güterrechtlichen Verfahrens, also der Höhe des geltend gemachten Ausgleichsanspruchs.

ZPO § 485

Das Problem

Ehegatten lebten in Trennung, das Scheidungsverfahren war rechtshängig. Die Ehefrau war Alleineigentümerin einer noch nicht fertiggestellten Immobilie. Sie leitete wegen dieser Immobilie ein selbständiges Beweissicherungsverfahren ein. Im Hinblick darauf, dass der Ehemann güterrechtliche Ausgleichsansprüche geltend machen werde und der laufende Baufortschritt später Mühe bedeuten werde, den Wert zum Stichtag der Zustellung des Scheidungsantrags zu bestimmen, sei die Wertbestimmung im jetzigen Rohbauzustand vorzunehmen, auch wenn aktuell güterrechtliche Ansprüche nicht rechtshängig seien.

Ein Sachverständiger wurde beauftragt, der den aktuellen Wert mit 255.000 € ermittelte und den späteren – nach Fertigstellung – mit 711.000 € prognostizierte.

Zugewinn wurde vom Ehemann zunächst außergerichtlich geltend gemacht – erst i.H.v. 30.000 €, dann 40.000 €, später 73.000 € und zuletzt 93.000 €. Eine außergerichtliche Einigung kam nicht zustande. Als Folgesache im Scheidungsverbund machte der Mann dann als Zugewinnausgleich 63.272,79 € geltend.

Nachdem die Ehefrau ihre anwaltliche Vertretung gewechselt hat, besteht Streit, aus welchem Wert das selbständige Beweissicherungsverfahren abzurechnen ist.

Die Entscheidung des Gerichts

Das AG hatte den Verfahrenswert mit 250.000 € bestimmt. Dem schließt sich das OLG nicht an. Der ehemalige Bevollmächtigte hat die Ansicht vertreten, es sei auf die Differenz zwischen dem Fertigstellungswert (711.000 €) und dem aktuellen Wert (255.000 €) abzustellen. Auch dem verweigert sich der Senat. Unter Bezugnahme auf das OLG Celle prüft das Gericht, ob auf die Hälfte der Differenz zwischen den Vorstellungen der Beteiligten betreffend den Zeitwert abgehoben werden müsse (OLG Celle v. 12.2.2008 – 10 WF 46/08, FamRZ 2008, 1197) und verwirft auch diesen Ansatz. Vielmehr hebt der Senat mit der überwiegenden Rechtsprechung hervor, dass sich der Verfahrenswert im selbständigen Beweissicherungsverfahren nach dem Wert der Hauptsache richtet. Die Hauptsache ist hier der güterrechtliche Anspruch. Für diesen ist die Wertbestimmung der Immobilie von mittelbarer Bedeutung, da die Immobilie eine der Positionen der güterrechtlichen Auseinandersetzung ist. Wenn dann diese Bewertung wie hier zu einem güterrechtlichen Anspruch von 63.272,79 € führt, so ist der Verfahrenswert auf diesen Betrag festzulegen. Der Senat rundet auf 63.000 € ab.


Wussten Sie schon?

Werden Sie jetzt Teilnehmer beim Anwalt-Suchservice und Sie greifen jederzeit online auf die Zeitschrift „Familien-Rechtsberater“ des renommierten juristischen Fachverlags Dr. Otto Schmidt, Köln, zu.

Die Zeitschrift ist speziell auf Praktiker zugeschnitten. Sie lesen aktuelle Urteilsbesprechungen inklusive speziellem Beraterhinweis sowie Fachaufsätze und Kurzbeiträge zum Thema Familienrecht und zwar 24/7, also wo und wann immer Sie wollen.

Infos zur Teilnahme