OLG München, Beschl. 7.11.2022 - 16 UF 907/22

Ehewohnung auch noch nach Umbau

Autor: RiAG a.D. Ralph Neumann, Brühl
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 02/2023
Flächenreduzierende bauliche Maßnahmen in der früheren Ehewohnung ändern nichts daran, dass die verbliebenen Räume weiterhin als Ehewohnung anzusehen sind. Denn ein Anspruch auf Zuweisung der früheren Ehewohnung nach § 1361b Abs. 1 Satz 1 BGB kann auch auf einen Teil der Wohnung beschränkt sein.

BGB § 1361b

Das Problem

Die Eheleute leben getrennt. Der Antragsgegner ist vor Jahren ausgezogen. Die Eheleute sind Miteigentümer eines Anwesens zu ungleichen Anteilen. Die Antragstellerin, die – nach gescheiterten Umzugsplänen – noch immer mit der gemeinsamen Tochter im Haus wohnt, ist nur zu ca. 1/9 Miteigentümerin. Das Anwesen umfasst eine – als Ehewohnung genutzte – Wohnung im Erd- und Obergeschoss sowie eine weitere Wohnung im Dachgeschoss, die schon immer vermietet war. Im Lauf des Getrenntlebens trennte die Antragstellerin im Obergeschoss einen Teil der Räume durch bauliche Maßnahmen von der Ehewohnung ab und schlug sie der Wohnung im Dachgeschoss zu. Der Mietertrag für die größere Wohnung kommt den Eheleuten entsprechend ihren Miteigentumsanteilen zugute. An den Darlehensraten zur Finanzierung des Hauses beteiligt sich die Antragstellerin zur Hälfte. Weiter zahlt sie eine Nutzungsentschädigung für die von ihr genutzten Räume an den Antragsgegner. Dieser hat die Teilungsversteigerung des Anwesens beantragt. Die Antragstellerin ihrerseits beantragt, ihr die noch von ihr genutzten Räume der Ehewohnung für die Dauer des Getrenntlebens zuzuweisen, da sie insbesondere mit Rücksicht auf das Wohl des gemeinsamen Kindes auf deren alleinige Nutzung angewiesen sei. Der Antragsgegner wendet vor allem ein, dass die beanspruchten Räume nach den Umbaumaßnahmen nicht mehr als Ehewohnung angesehen werden könnten. Das FamG wies diese Räume gleichwohl der Antragstellerin zu, da durch die Umbaumaßnahmen die zugewiesenen Räume nicht die Bedeutung als Ehewohnung eingebüßt hätten.

Die Entscheidung des Gerichts

Auf die Beschwerde des Antragsgegners bestätigt der Senat die Zuweisung der Räume. Die der Antragstellerin zugewiesenen Räume seien weiterhin Teile der Ehewohnung. Sie habe nur einzelne Räume von der bisherigen Ehewohnung getrennt und der im Dachgeschoss gelegenen Mietwohnung zugeschlagen. Die bauliche Maßnahme ändere nichts daran, dass die verbliebenen Räume weiterhin als Ehewohnung anzusehen sind. Lediglich die abgetrennten Räume hätten die Eigenschaft als Teil der Ehewohnung eingebüßt. Die Vorschrift des § 1361b Abs. 1 Satz 1 BGB zeige, dass der Anspruch auf Zuweisung der Nutzung der früheren Ehewohnung auch auf einen Teil der Wohnung beschränkt sein kann.

Die bisherige Ehewohnung hätten die Eheleute auch nicht konkludent entwidmet. Dies komme nur in Betracht, wenn sie etwa gemeinschaftlich den Mietvertrag über die Ehewohnung gekündigt oder beide einvernehmlich die Wohnung ohne Rückkehrwillen verlassen hätten. Denn zum Schutz des in der Wohnung verbleibenden Ehegatten und der gemeinschaftlichen Kinder sei es erforderlich, dass die als Ehewohnung genutzte Wohnung diese Eigenschaft grundsätzlich während der gesamten Trennungszeit behält (BGH v. 28.9.2016 – XII ZB 487/15, FamRZ 2017, 22 = FamRB 2017, 2 [Neumann]). Dies sei auch hier der Fall, nachdem der Antragsgegner die Ehewohnung schon vor Jahren ohne Rückkehrabsicht verlassen und inzwischen auch einen Antrag auf Durchführung der Teilungsversteigerung gestellt hat.


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