OLG Oldenburg, Beschl. 1.6.2022 - 13 UF 82/21

Abendgabe (Libanon): Wegfall der Leistungspflicht wegen fehlender Bedürftigkeit der Empfängerin

Autor: Priv.-Doz. Dr. Peter Finger, RA und FAFamR, zertifiz. Mediator, Frankfurt/M.
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 05/2023
1. Die bei der Heirat (hier: im Libanon) getroffene Vereinbarung, die Braut solle bei der Heirat eine englische Goldmünze und bei der Scheidung 50.000 US-Dollar als Nachgabe (Entschädigung) erhalten, ist nicht unwirksam, auch wenn deutsches Recht auf sie angewandt wird.2. Inhalts- und Ausübungskontrolle der Absprachen der Eheleute führen nicht zu einem anderen Ergebnis.

EGBGB Art. 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1; SGB II §§ 1 ff.; SGB XII §§ 1 ff.

Das Problem

M. und F., beide zumindest früher libanesische Staatsangehörige, waren verheiratet. Ihre Ehe ist nach dt. Recht geschieden. M. lebt in einer neuen Beziehung, aus der ein Kind hervorgegangen ist, geb. 2021. Bei der Eheschließung im Libanon hatte er F. eine engl. Goldmünze zugesagt und wohl auch „ausgehändigt“. Zudem sollte sie bei einer Scheidung von M. 50.000 US-Dollar erhalten. Das AG hat M. zur Zahlung von 41.943,25 € verpflichtet. Dagegen wendet er sich mit der Beschwerde.

Die Entscheidung des Gerichts

Die Beschwerde des M. bleibt beim OLG erfolglos. Im Ausgang hält das OLG die Vereinbarung zwischen M. und F. für wirksam. Einwendungen hätten die Eheleute jedenfalls nicht vorgebracht. Dabei sind allerdings Art. 11 EGBGB (Form), Art. 7 oder 13 EGBGB (Voraussetzungen für die Eheschließung) nicht erwähnt. Insoweit wäre libanesisches Recht maßgeblich. Sonst soll dt. Recht zur Anwendung gelangen, Art. 14 Abs. 1 EGBGB, wäre zu ergänzen (so schon BGH v. 9.12.2009 – XII ZR 107/08, FamRZ 2010, 533 = FamRBint 2010, 25 [Mörsdorf-Schulte]). Die Ehe ist nach dt. Recht geschieden, VO Nr. 1259/2010, wohl Art. 8a. Dann war die Zuständigkeit dt. Gerichte zumindest wegen des gewöhnlichen Aufenthalts von M. und F. in Deutschland begründet, Art. 3 Abs. 1 lit. a VO Nr. 2201/2003, inzwischen (seit August 2022) ersetzt durch die VO Nr. 2019/1111, nun Art. 3 lit. a sublit. i VO Nr. 2019/1111. Nach den üblichen Grundsätzen seien allerdings ehevertragliche Absprachen und ihre Wirksamkeit auf die Notwendigkeit ihrer Anpassung wegen veränderter Umstände zu überprüfen. Mängel seien allerdings – nach der Prüfung des AG – nicht feststellbar, wobei (wohl) § 313 BGB zur Grundlage geworden ist, neben § 138 Abs. 1 BGB, Wirksamkeitskontrolle. Welche Umstände neu sein könnten, wird nicht erwähnt. Zumindest ein Beteiligter könnte inzwischen dt. Staatsangehöriger geworden sein. Im Übrigen leben die Eheleute in Deutschland, so dass für ihre persönlichen Beziehungen nach Art. 14 Abs. 1 EGBGB n.F. dt. Recht Grundlage sein wird. Auch beim Unterhalt, Art. 3 HUP, dem Versorgungsausgleich, Art. 17 Abs. 4 EGBGB, und (eben) bei der Zuständigkeit im Scheidungsverfahren sei dt. Recht Grundlage. Inzwischen halte sich F. zwar in einem Pflegeheim auf. Dort beziehe sie nur 719,88 € Grundsicherung. Damit sei der „Versorgungsgedanke“ (aus der Ehe? Unterhaltsrecht?) nicht entfallen, so dass sie weiterhin Leistungen von ihrem Mann beanspruchen könne, die er ihr bei der Heirat versprochen habe. Jedenfalls bestehe nach wie vor die Geschäftsgrundlage ihrer gemeinsamen Absprachen fort. M. sei „leistungsfähig“. Zumindest sei sein Risikobereich betroffen, wenn er sonst für ihn nicht erfüllbare Leistungsversprechen abgebe. Auf BGH v. 18.3.2020 – XII ZB 380/19, FamRZ 2020, 1073 m. Anm. Dutta = NJW 2020, 2024 m. Anm. Obermann = FamRB 2020, 303 (Ludwig) (Formbedürftigkeit der Zusage bei Anwendbarkeit dt. Rechts, durchgängig notarielle Beurkundung) geht das OLG Oldenburg nicht ein.


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