OLG Stuttgart, Beschl. 20.1.2017 - 17 UF 193/16

Anspruch des Volljährigen auf Kindergeldauszahlung

Autor: RiOLG Dr. Dagny Liceni-Kierstein, Brandenburg/Havel
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 08/2017
Für den Anspruch des volljährigen Kindes auf Auskehrung des Kindergeldes bildet § 1601 BGB (analog) die Anspruchsgrundlage. Ein Abänderungsverfahren ist hierfür trotz eines bestehenden Titels über Barunterhalt nur dann erforderlich, wenn sich infolge des geltend gemachten Auszahlungsanspruchs bei der Bedarfsberechnung Änderungen ergeben würden.

OLG Stuttgart, Beschl. v. 20.1.2017 - 17 UF 193/16

Vorinstanz: AG Stuttgart-Bad Cannstatt, Beschl. v. 14.7.2016 - 2 F 587/16

BGB §§ 1601, 1612b, 1613

Das Problem

Die volljährige Antragstellerin (Ast.), die an einer Fachhochschule in Baden-Württemberg studiert, verlangt von ihrem Vater, dem Antragsgegner (Ag.), die Auskehr des an ihn gezahlten Kindergeldes für die Zeit von 5/2015 bis 4/2016. Im Jahr 2013 hatten die Beteiligten einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, wonach der Ag. an die Ast. einen monatlichen Unterhalt i.H.v. 700 € zahlt. Seinerzeit bezog die nicht mit dem Ag. zusammenlebende Mutter das Kindergeld für die Ast. Zum 1.5.2015 wurde die Kindergeldzahlung an die Mutter eingestellt, weil die Ast. nicht mehr bei ihr wohnte. Stattdessen wurde das Kindergeld an den in der Schweiz lebenden Ag. gezahlt. Nach erfolgloser Zahlungsaufforderung der Ast. in 6/2015 hat das AG den Ag. antragsgemäß verpflichtet, das Kindergeld für die Zeit von 6/2015 bis 5/2016 i.H.v. insgesamt 2.264 € an die Ast. auszukehren. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Ag.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG hat der Beschwerde nur für einen Monat (5/2016) stattgegeben, da sich das AG insoweit von dem durch die Antragstellung vorgegebenen streitgegenständlichen Zeitraum gelöst habe. Der geltend gemachte Anspruch auf Kindergeldzahlung stehe der Ast. mit Blick auf ihre verzugsbegründende Zahlungsaufforderung erst in 6/2015 nur für den von ihr konkret geltend gemachten Zeitraum von 6/2015 bis 4/2016 i.H.v. insgesamt 2.076 € zu. Bei dem Anspruch auf Auszahlung des vom Ag. bezogenen Kindergeldes handele es sich zwar nicht um einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch, der nur den Ausgleich zwischen mehreren Unterhaltspflichtigen regeln solle. Vorliegend handele es sich vielmehr ebenfalls um einen unterhaltsrechtlichen Anspruch, so dass für den Kindergeldauszahlungsanspruch der volljährigen Ast. § 1601 BGB (analog) die Anspruchsgrundlage bilde. Die Auskehr des Kindergeldes könne als eigenständiger Anspruch neben dem weiteren Unterhaltsanspruch auf Barbedarf des Kindes geltend gemacht werden. Auch wenn gegen den bezugsberechtigten Elternteil bereits ein Titel über Barunterhalt bestehe, sei das Kindergeld nicht im Wege des Abänderungsverfahrens geltend zu machen. Etwas anderes gelte nur dann, wenn sich bei der Bedarfsberechnung Änderungen ergeben würden. Das aber sei vorliegend nicht der Fall. Zwar enthalte der gerichtliche Unterhaltsvergleich aus dem Jahr 2013 keine Berechnungsgrundlagen. Nach den bei Vergleichsabschluss zu Tage getretenen Umständen sei aber davon auszugehen, dass das Kindergeld entsprechend der Regelung des § 1612b Abs. 1 BGB auf den Unterhaltsbedarf der Ast. zunächst in voller Höhe angerechnet worden sei und sich nach dieser Bedarfsanrechnung für den Ag. ein Zahlbetrag von monatlich 700 € ergeben habe.


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