Rechtsirrtum: Ist ein falsch ausgezeichneter Preis für den Kauf verbindlich?

27.07.2017, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Rechtsirrtum: Ist ein falsch ausgezeichneter Preis für den Kauf verbindlich? © Bu - Anwalt-Suchservice

Manchmal kommt es vor, dass der Verkäufer versehentlich ein Produkt mit einem zu niedrigen Preis auszeichnet. Kann der interessierte Kunde dann trotzdem auf den Kauf zu diesem Entgelt bestehen?

Wenn Verkäufer und Käufer einen Kaufvertrag abschließen, ist der Kaufpreis in aller Regel klar festgelegt. Doch wie verhält es sich, wenn ein Produkt - etwa im Kaufhaus - versehentlich mit einem falschen Preis ausgezeichnet worden ist? Kommt der Vertrag dann zu diesem Preis zustande?

Der Traum des Schnäppchenjägers


Für den Sparfuchs ist es die Idealvorstellung - bei der Suche nach dem ultimativen Schnäppchen findet er das gesuchte Produkt zu einem "unverschämt" günstigen Preis. Beispiel: Der Kunde eines Elektronikmarktes entdeckt die gewünschte Stereoanlage für sagenhafte 24,90 €. Die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers lautet auf 249,- €. Mit einem breiten Grinsen transportiert der Schnäppchenjäger seine "Beute" zur Kasse - wo ihm die Freude über seinen Spar-Coup jedoch alsbald wieder genommen wird. Denn der Kassierer klärt den Kunden über das Versehen einer falschen Etikettierung auf und macht deutlich, dass ein Verkauf nur zu dem eigentlich vorgesehenen Kaufpreis von 249,- € erfolgen kann. Der preisbewusste Kunde versteht die Welt nicht mehr. Er ist der Meinung, er habe ein - zugegeben sehr günstiges - Angebot des Kaufhauses zum Kauf der Stereoanlage angenommen und daher einen Kaufvertrag zu einem Preis von 24,90 € abgeschlossen. Zu Recht?

Nicht zu diesem Preis


Nein, es kommt in diesem Fall nicht zu einem Vertragsschluss zu dem versehentlich ausgewiesenen Preis. Denn es handelt sich im Fall der Preisauszeichnung in einem Geschäft nicht um den klassischen Fall eines Kaufvertrags, bei dem ein verbindliches Angebot des Verkäufers vom Käufer nur noch angenommen werden muss, bei dem also zwei übereinstimmende Willenserklärungen abgegeben werden. Die Auszeichnung eines Produktes in einem Laden ist keine verbindliche Willenserklärung, sondern sie stellt lediglich die Aufforderung an den Kunden dar, selbst ein Angebot zum Kauf abzugeben - Fachterminus: invitatio ad offerendum. Dieses wird dann durch den Kassierer angenommen oder bei einem falsch ausgezeichneten Preis - etwa in unserem Fall der viel zu günstigen Stereoanlage - eben gerade nicht.

invitatio ad offerendum


Diese Variante der Entstehung eines Kaufvertrags macht auch durchaus Sinn. So schützt sie etwa den Ladeninhaber davor, die Ware an jeden Kunden verkaufen zu müssen. Möglicherweise möchte er sich etwa vorbehalten, keinen Kaufvertrag mit bekanntermaßen zahlungsunfähigen Personen abzuschließen. Gibt nun ein Kunde an der Kasse ein Angebot in Höhe des etikettierten Betrages ab, indem er dem Kassierer das Produkt vorlegt und wird er dann darüber informiert, dass die Ware teurer ist als fälschlicherweise ausgezeichnet, so kommt eben kein Kaufvertrag zu dem falschen Preis zustande. Vielmehr lehnt das Geschäft das Angebot des Kunden ab und unterbreitet nun selbst ein neues Angebot zu dem tatsächlich vorgesehenen Preis. Der Kunde hat nun die Wahl - er kann das Angebot annehmen oder von einem Kauf zu diesem für ihn neuen Preis absehen.

Fazit


Der Kunde kann sich im Fall der Falschauszeichnung nicht auf ein Zustandekommen des Kaufvertrags zu diesem Preis berufen. Allenfalls kann er auf Kulanz des Geschäftsinhabers hoffen. Sollte es in dem betreffenden Laden indes häufiger zur Auszeichnung mit falschen Preisen kommen, kann der Inhaber gegen wettbewerbsrechtliche Regeln verstoßen. Dem Kunden nützt dies freilich nichts. Denn hiergegen kann er selbst nicht vorgehen - dies ist der Konkurrenz, Verbraucherschutzvereinen oder den Behörden vorbehalten.

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