Gas und Strom: Was Sie jetzt zur Grund- bzw. Ersatzversorgung wissen müssen

05.10.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
Artikel kommentieren
Grundversorgung,Ersatzversorgung,Gaskrise,Strom Gas und Strom sind teuer: Was muss man zur Grundversorgung wissen? © Bu - freepik

Preiserhöhungen bei Strom und Gas drohen allen Verbrauchern. Ist die Grundversorgung die Lösung? Und was ist unter Ersatzversorgung zu verstehen? Mit welchen Kosten ist zu rechnen?

Jeder Haushalt, der keinen eigenen Vertrag zu einem bestimmten Tarif mit einem Gas-oder Stromversorger abgeschlossen hat, wird vom Grundversorger versorgt und zu den sogenannten allgemeinen Preisen beliefert. Dazu braucht es keinen Vertragsabschluss - es muss nur der Zähler laufen und Verbrauch stattfinden. Jeder Haushalt hat Anspruch auf die Grundversorgung. In die Grundversorgung fällt zum Beispiel, wer in eine an Strom und Gas angeschlossene Wohnung einzieht und die Versorgung nutzt, ohne einen Vertrag mit einem bestimmten Tarif abzuschließen. Man kann allerdings auch ganz unfreiwillig in die Grundversorgung fallen, wenn der bisherige Billiganbieter den Vertrag außerordentlich kündigt - weil er die vereinbarten Preise nicht mehr halten kann.

Wer ist der Grundversorger?


Der Grundversorger ist das Unternehmen, welches in einem Netzbereich - etwa einer Stadt - die meisten Kunden beliefert. Sie können bei Ihrem Netzbetreiber erfragen, wer Ihr Grundversorger ist. Mit Hilfe eines 13stelligen Codes auf der Strom- oder Gasrechnung lässt sich der Netzbetreiber ermitteln.

Welche Möglichkeiten der Versorgung gibt es beim Grundversorger?


Auch beim Grundversorger für Strom oder Gas kann ein Sonderkundenvertrag zu einem bestimmten Tarif abgeschlossen werden - dann ist man nicht in der Grundversorgung. Welche Art Vertrag man hat, ergibt sich aus den Vertragsunterlagen.

Haben Sie keinen bestimmten Tarif abgeschlossen, sind Sie in der Grundversorgung. Dann gelten für Ihr Vertragsverhältnis zum Grundversorger die Bedingungen der Grundversorgungsverordnung für Strom (StromGVV) oder für Gas (GasGVV). Das bedeutet, dass Sie die Grundversorgung jederzeit mit zwei Wochen Kündigungsfrist beenden und zu einem anderen Anbieter oder Tarif wechseln können.

Was muss man zu Sonderkundenverträgen wissen?


"Sonderkunde" sind Sie, wenn Sie mit dem Grundversorger oder einem anderen Anbieter einen Liefervertrag über Strom oder Gas zu einem bestimmten Tarif abgeschlossen haben.
Für Sie gelten dann nicht die gesetzlichen Grundversorgungsregeln, sondern die Vertragsbedingungen des Anbieters. Die Laufzeit eines Erstvertrages kann von zwei Wochen bis zu 24 Monaten reichen, Sie können also nicht ohne Weiteres schnell kündigen. Oft verlängert sich der Vertrag ohne Kündigung automatisch um ein weiteres Jahr.

Eine Kündigung durch den Kunden vor Ablauf der Vertragslaufzeit ist nur möglich, wenn

- der Anbieter die Preise erhöht,
- der Anbieter gesetzliche Regeln verletzt (etwa über rechtzeitige Rechnungsstellung),
- der Kunde umzieht (mit Einschränkungen).

Was ist der Unterschied zwischen Grundversorgung und Ersatzversorgung?


Ist die Versorgungslage unklar, zum Beispiel wegen Insolvenz des Anbieters, landet ein Haushalt in der Ersatzversorgung. Diese wird vom Grundversorger durchgeführt und sichert Ihre Versorgung mit Gas oder Strom für drei Monate. Danach endet die Ersatzversorgung automatisch. Haben Sie bis dahin keinen eigenen Vertrag mit einem Anbieter abgeschlossen, kommen Sie wieder in die Grundversorgung.

Ein Haushalt kann auch in die Ersatzversorgung geraten, weil sein Anbieter das Recht auf Netznutzung verliert oder wenn Verzögerungen beim Anbieterwechsel eintreten. Wer in der Ersatzversorgung ist, sollte sich so schnell wie möglich um einen eigenen Vertrag mit einem Anbieter kümmern. Derzeit ist dies allerdings nicht ganz einfach, denn viele Anbieter von Strom und Gas nehmen keine neuen Kunden auf.

Informiert Sie Ihr Grundversorger, dass Sie sich in der Ersatzversorgung befinden, sollten Sie schnellstmöglich den entsprechenden Zählerstand ablesen und mitteilen. Dieser wird sonst unter Umständen geschätzt, was durch die teureren Preise in der Ersatzversorgung zu Ihrem Nachteil ist.

Gaskrise: Preiserhöhungen und Unterschiede zwischen den Tarifen


Im September 2022 war eine Kilowattstunde Gas im Bundesdurchschnitt für 21,9 Cent zu haben. Dies sind 232 Prozent mehr als im September 2021. Praktisch alle Grundversorger werden im Herbst 2022 ihre Preise deutlich erhöhen. Dem Vergleichsportal Verivox zufolge werden die Preise im Durchschnitt um 43 Prozent angehoben.

Früher gab es die Faustregel, dass der Grundversorgungstarif immer teurer war, als der Sondertarif. Dies lässt sich heute - infolge von Preiserhöhungen - nicht mehr generell sagen. Oft sind heute die Grundversorgungstarife preisgünstiger.

Die Preise in der Ersatzversorgung sind wiederum deutlich höher als die in der Grundversorgung. Sie können durchaus doppelt so hoch sein. Dies ist nach dem Energiewirtschaftsgesetz erlaubt.

Zum Teil verlangen Grundversorger von Neukunden höhere Preise. Mehrere Gerichte haben diese Praxis jedoch bereits für unzulässig erklärt. In einem Fall vor dem Landgericht Köln ging es um einen Grundversorger, der von Neukunden um 254 Prozent höhere Preise verlangt hatte, als von Bestandskunden. Das Gericht sah darin eine unzulässige Ausnutzung einer Monopolstellung (Az. 90 O 12/22).

Welche Regeln gelten bei Preiserhöhungen?


Eine Preiserhöhung in der Grundversorgung muss sechs Wochen zuvor angekündigt werden. Anbieter von herkömmlichen Verträgen müssen eine Preiserhöhung vier Wochen zuvor ankündigen. Wird dies versäumt, ist die Preiserhöhung unwirksam. Kunden sollten den Anbieter zügig darauf aufmerksam machen, damit nicht zu viel abgerechnet wird. Auch sind die Anbieter dazu verpflichtet, die Kunden auf deren Sonderkündigungsrecht im Falle der Preiserhöhung hinzuweisen.

Wann kann mir der Grundversorger kündigen?


Der Grundversorger kann einem Kunden zum Beispiel kündigen, wenn er in Insolvenz geht. Eine Kündigung ist aber auch möglich, wenn der Kunde nach mehrfacher Mahnung seine Gas- oder Stromrechnung nicht bezahlt hat. Ebenso ist eine Manipulation am Zähler ein Kündigungsgrund.

Wechsel zum Grundversorger - hat das Vorteile?


Wer in der Grundversorgung ist, hat eine hohe Versorgungssicherheit. Außerdem kann er mit 14 Tagen Frist kündigen und zu einem anderen, günstigeren Anbieter wechseln. Dies ist ein großer Vorteil. Allerdings sollte man vor der Kündigung sicherstellen, dass der neue Anbieter wirklich neue Kunden aufnimmt - und dass dort kein besonderer Neukundentarif gilt.

Nach der Verbraucherzentrale Berlin sind bei Gasanbietern Erhöhungen bis 30 Cent pro Kilowattstunde derzeit üblich. Ein Anbieterwechsel sei erst ab 40 Cent zu empfehlen. Die Berliner Gasag verlangt im Grundversorger-Tarif ab 1. Oktober 2022 13,5 Cent pro Kilowattstunde.

Aber: Grundversorger können ihre Preise häufiger erhöhen, als herkömmliche Anbieter.

Was muss man zu Preisgarantien wissen?


Viele Strom- und Gasanbieter locken Kunden mit zeitlich begrenzten Preisgarantien. Dafür zahlt der Kunde einen teureren Tarif. Zum Teil haben Anbieter in letzter Zeit versucht, trotz Preisgarantie die Preise zu erhöhen - schlicht mit der Begründung, dass die Einkaufspreise gestiegen seien. Das Landgericht Düsseldorf hat eine solche Preiserhöhung per einstweiliger Verfügung untersagt (Beschluss vom 26.8.2022, Az. 12 O 247/22). Die Hauptverhandlung in diesem Fall steht noch aus.

Praxistipp zur Grundversorgung mit Gas und Strom


Die explodierenden Strom- und Gaspreise sorgen für veränderte Marktbedingungen. Ein Anbieterwechsel wird schwieriger, die Preise auch in der Grundversorgung steigen, und manche Unternehmen versuchen, unzulässige Preiserhöhungen durchzusetzen. Liegen Sie im Streit mit Ihrem Strom- oder Gasanbieter, kann Ihnen ein Rechtsanwalt für Zivilrecht beratend zur Seite stehen und Ihren Fall prüfen.

(Ma)


Sie benötigen Hilfe bei Ihrer Suche nach dem richtigen Anwalt? Dann schreiben Sie uns über unser Kontaktformular. Wir helfen Ihnen kostenlos und unverbindlich.


 Ulf Matzen
Anwalt-Suchservice
Juristische Redaktion
E-Mail schreiben Juristische Redaktion
 Ulf Matzen
Anwalt-Suchservice
Juristische Redaktion
E-Mail schreiben Juristische Redaktion