Ungekündigtes Arbeitsverhältnis als Voraussetzung für Urlaubsgeld

Autor: RAin FAinArbR Annegret Müller-Mundt, Norton Rose Fulbright LLP, München
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 12/2014
Es kann eine unangemessene Benachteiligung darstellen, wenn die Leistung einer Sonderzahlung voraussetzt, dass der Arbeitnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt noch in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht. Das ist insbesondere der Fall, wenn die Sonderzahlung Gegenleistung für erbrachte Arbeitsleistung ist. Wird ein Urlaubsgeld pro genommenen Urlaubstag vereinbart, handelt es sich aber nicht um eine Leistung, die vom Arbeitnehmer durch Arbeitsleistung verdient werden muss.

BAG, Urt. v. 22.7.2014 - 9 AZR 981/12

Vorinstanz: LAG Düsseldorf - 17 Sa 542/12

BGB §§ 307 Abs. 1 u. 2 Nr. 1, 611

Das Problem

Die Parteien streiten über Urlaubsgeld für 2011. Die Klägerin nahm Urlaub, nachdem die Beklagte im März 2011 die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen hatte. Zum Urlaubsgeld regelte der Arbeitsvertrag der Parteien, dass die Klägerin pro genommenen Urlaubstag ein Urlaubsgeld von 2,4 % des monatlichen Bruttogeldes erhält, das am Monatsende ausgezahlt wird. Voraussetzung für den Anspruch war, dass bei Auszahlung ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis besteht.

Die Entscheidung des Gerichts

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung des arbeitsvertraglichen Urlaubsgelds, da das Arbeitsverhältnis zum Auszahlungstermin am jeweiligen Monatsende bereits gekündigt war.

Dient eine Sonderzuwendung nicht der Vergütung erbrachter Arbeitsleistungen, sondern verfolgt der Arbeitgeber damit sonstige Zwecke, kann eine Klausel, wonach der Anspruch den ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungstag voraussetzt, einer AGB-Kontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB standhalten. Die Sonderzuwendung weicht dann nicht von der gesetzlichen Grundkonzeption des § 611 BGB ab, da sie nicht im Synallagma zur erbrachten Arbeitsleistung steht. Ihre Zahlung kann deshalb grds. an den Eintritt weiterer Bedingungen geknüpft werden (BAG, Urt. v. 18.1.2012 – 10 AZR 667/10, MDR 2012, 781 = ArbRB 2012, 136 [Marquardt/Goletz], ArbRB online).

Vorliegend ergibt die Auslegung, dass das Urlaubsgeld nicht (auch) der Vergütung erbrachter Arbeitsleistungen dient. Ist die Honorierung erwiesener Betriebstreue bezweckt, wird dies regelmäßig – wie hier – dadurch deutlich, dass die Zahlung der Sonderzuwendung vom (ungekündigten) Bestand des Arbeitsverhältnisses am Auszahlungstag abhängig gemacht wird. Die Zahlung solcher Sonderzuwendungen hängt dann nicht von einer bestimmten Arbeitsleistung, sondern regelmäßig nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses ab (BAG, Urt. v. 18.1.2012 – 10 AZR 667/10, MDR 2012, 781 = ArbRB 2012, 136 [Marquardt/Goletz], ArbRB online).

Zudem unterliegt das Entstehen des Anspruchs auf Urlaubsgeld nach dem Arbeitsvertrag denselben Voraussetzungen wie das Entstehen des Anspruchs auf bezahlten Erholungsurlaub und verfolgt damit denselben arbeitsleistungsunabhängigen Zweck.


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