Versorgungsausgleich: Tod eines Ehegatten

Autor: RiOLG Frank Götsche, Brandenburg/Havel
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 11/2015
1. Stirbt ein Ehegatte nach Rechtskraft der Scheidung, aber vor Rechtskraft der Entscheidung über den Wertausgleich bei der Scheidung, hat eine Gesamtsaldierung der beiderseitigen Ausgleichswerte zu erfolgen.2. Ergibt diese Bilanz, dass die an sich auszugleichenden Anrechte des überlebenden Ehegatten geringer sind als die des verstorbenen Ehegatten, so besteht ein Anspruch auf Wertausgleich in Höhe der Differenz zwischen den Summen der Ausgleichswerte beider Ehegatten.3. Im Rahmen der Ermessensausübung gem. § 31 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG ist bei jedem zum Ausgleich herangezogenen Anrecht der Halbteilungsgrundsatz (§ 1 Abs. 1 VersAusglG) zu berücksichtigen. (amtliche Leitsätze)

OLG Bremen, Beschl. v. 21.5.2015 - 4 UF 159/14

Vorinstanz: AG Bremen, Beschl. v. 10.10.2014 - 70 F 1455/14 VA

VersAusglG § 31 Abs. 1, Abs. 2

Das Problem

Verstirbt ein Ehegatte vor Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich, richten sich die weiteren Rechtsfolgen nach § 31 Abs. 1 bzw. Abs. 2 VersAusglG. Der überlebende Ex-Ehegatte kann den Wertausgleich bei Scheidung gegen die Erben des verstorbenen Ehegatten nach § 31 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG geltend machen, wenn er wirtschaftlich betrachtet der insgesamt Ausgleichsberechtigte aus dem Versorgungsausgleich ist. Wie aber wird diese Ausgleichsrichtung bestimmt und wie wird der Ausgleich durchgeführt, wenn – wie im Regelfall – mehrere Anrechte vorhanden sind?

Im vorliegenden Fall war die Ehe durch Urteil des AG in 18.3.2009 geschieden und dabei das Verfahren zum Versorgungsausgleich, dessen Ehezeitende in 2008 lag, abgetrennt und ausgesetzt worden. Die Antragstellerin ist nachfolgend verstorben und von dem gemeinsamen Sohn beerbt worden. Nach Wiederaufnahme des Verfahrens über den Versorgungsausgleich hat das AG die von den Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte sowie ein von der Ehefrau bei der VBL erworbenes Anrecht jeweils im Wege der internen Teilung ausgeglichen. Dagegen hat die VBL Beschwerde eingelegt.

Die Entscheidung des Gerichts

Der vom Familiengericht vorgenommene Hin- und Her-Ausgleich widerspricht nach Ansicht des OLG dem § 31 VersAusglG, wonach eine Gesamtsaldierung der beiderseitigen Ausgleichswerte zu erfolgen habe. Die Vergleichbarkeit von Anrechten mit verschiedenen Bezugsgrößen werde durch den Einsatz des korrespondierenden Kapitalwerts (§ 47 VersAusglG) ermöglicht.

Im vorliegenden Fall errechne sich der Ausgleich des Überschusses zugunsten des Antragsgegners unter Zugrundelegung der korrespondierenden Kapitalwerte der beiderseitigen Ausgleichswerte wie folgt:

Für die Ermessensentscheidung gem. § 31 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG sei bei jedem einzelnen Anrecht der Halbteilungsgrundsatz zu berücksichtigen. Vorliegend könne das von der Ehefrau bei der weiteren Beteiligten zu 2 in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbene Anrecht zum Ausgleich des Überschusses herangezogen werden. Dies habe den Vorteil, dass nur ein Anrecht ausgeglichen werden muss, der Halbteilungsgrundsatz sei gewahrt.

Das OLG hat deshalb den Versorgungsausgleich dahin gehend geregelt, dass im Weg der internen Teilung zu Lasten des Anrechts der verstorbenen vormaligen Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung (= DRV) Bund zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht i.H.v. 9,1289 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto bei der DRV Bund übertragen wird.


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