Zugewinnausgleich: Leistungsverweigerung wegen grober Unbilligkeit

Autor: RA Dr. Walter Kogel, FAFamR, Aachen
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 12/2013
Allein eine ungewöhnlich lange Trennungszeit von Ehegatten rechtfertigt nicht die Annahme einer unbilligen Härte der Ausgleichspflicht im Rahmen des Zugewinnausgleichs. Vielmehr müssen weitere Gründe hinzutreten, aus denen sich ein Leistungsverweigerungsrecht ergibt (im Anschluss an Senatsurt. v. 6.2.2002 – XII ZR 213/00, FamRZ 2002, 606 = FamRB 2002, 290). (amtlicher Leitsatz)

BGH, Urt. v. 9.10.2013 - XII ZR 125/12

Vorinstanz: OLG München, Urt. v. 17.10.2012 - 12 UF 777/12

BGB § 1381

Das Problem:

Während des 18-jährigen Zusammenlebens wurden dem Zugewinnausgleichspflichtigen von seiner Mutter schenkweise mehrere Grundstücke übertragen. Diese waren allerdings mit einem Nießbrauchsrecht der Mutter belastet. Die Immobilien wurden umgebaut. Sodann lebten die Beteiligten 17 Jahre getrennt. Der Nießbrauch erlosch. Die Grundstücke erfuhren in dieser Zeit eine erhebliche Wertsteigerung. Ist diese im Zugewinnausgleich ausgleichspflichtig?

Die Entscheidung des Gerichts:

Der Senat hebt zwar die Vorinstanz (OLG München v. 17.10.2012 – 12 UF 777/12, FamRZ 2013, 879 = FamRB 2013, 1) auf. Dies geschieht aber nur deswegen, weil die Beweiswürdigung im Rahmen des Sachverständigengutachtens fehlerhaft erfolgt war. Im Kern bestätigt der Senat die bisherige Rechtsprechung zur groben Unbilligkeit i.S.d. § 1381 BGB. Folgendes ist danach festzuhalten:
  • Auch nach der Güterrechtsnovelle hält der BGH an seiner seit langem vertretenen Rechtsprechung fest: § 1381 BGB ermöglicht eine Billigkeitskorrektur nur in absoluten Ausnahmefällen. Das Ergebnis muss „in unerträglicher Weise dem Gerechtigkeitsempfinden widersprechen, sofern schematisch die Vorschriften zur Berechnung des Ausgleichsanspruches angewendet werden” (so schon BGH v. 26.3.1980 – IV ZR 193/78, FamRZ 1980, 769). Diese Rechtsprechung ist in der Literatur bis zuletzt entschieden in Frage gestellt worden (vgl. z.B. Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, 7. Aufl., Rz. 237 ff.) Der BGH geht auf diese Kritik aber gar nicht mehr ein.
  • Die lange Trennungszeit als solche kann für sich allein keinesfalls eine grobe Unbilligkeit begründen (so bereits BGH v. 9.7.1980 – IVb ZR 531/80, FamRZ 1980, 877). Dies gilt insbesondere bei einer langen Ehedauer und sofern die Vermögenswerte schon während des Zusammenlebens angeschafft wurden. Vor allem gilt dies, wenn der Pflichtige selbst nach der Trennung Vorteile aus der Ehe gezogen hat (z.B. Durchführung der gemeinsamen Veranlagung in steuerlich unzulässiger Weise).
  • Anders kann die Situation aber sein, falls eine Erwerbstätigkeit mit einem Vermögenszuwachs erst nach der Trennung aufgenommen wurde. In diesem Fall kann der Bezug zu den ehelichen Lebensverhältnissen fehlen. Es müssen dann die für und gegen einen Zugewinnausgleich sprechenden Faktoren (z.B. Ehedauer, Anzahl der Kinder, wirtschaftliche Verflechtung der Beteiligten etc.) abgewogen werden.


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