Verhalten im Stau: Was man als Autofahrer wissen muss

03.04.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Stau,Verhalten,Rettungsgasse,Gaffer Im Stau gelten einige Besonderheiten - für die Sicherheit aller. © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Rettungsgasse freihalten: Gibt es auf einer mehrspurigen Straße einen Stau, müssen die Verkehrsteilnehmer zwischen der äußeren linken Spur und den anderen Fahrspuren eine Rettungsgasse freihalten.

2. Bußgeld: Wer gegen die Pflicht zur Bildung einer Rettungsgasse verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, für die hohe Bußgelder und Punkte im Flensburger Zentralregister drohen.

3. Benutzung des Standstreifens: Es ist verboten den Standstreifen nutzen, um schneller am Stau vorbei die nächste Ausfahrt zu erreichen. Er gehört nicht zur Fahrbahn und ist Pannenfahrzeugen vorbehalten.
Wenn bei einem Stau Feuerwehr, Rettungsfahrzeuge und Polizei nicht schnell genug zum Einsatzort kommen, sind Menschenleben in Gefahr. Grund dafür ist nicht nur die Nachlässigkeit vieler Autofahrer. Hinzu kommt: Über das richtige Verhalten im Stau und überhaupt auf der Autobahn, vom Rechtsüberholen bis hin zu dem, was man auf dem Standstreifen darf oder nicht darf, kursieren viele irrtümliche Ansichten. Hier klären wir einige davon auf.

Was man über die Rettungsgasse wissen muss


Die Rettungsgasse gehört zum wichtigsten Grundwissen jedes Autofahrers. Sobald auf einer mehrspurigen Straße ein Stau entsteht, muss eine Rettungsgasse freigehalten werden – und zwar zwischen der äußeren linken Spur und den anderen Fahrspuren. Vorschrift ist dies bei Stillstand oder Schrittgeschwindigkeit der Fahrzeuge. Wer auf der linken Spur unterwegs ist, muss nach links ausweichen, Fahrer auf den anderen Spuren nach rechts. Der Standstreifen darf grundsätzlich nicht genutzt werden. Ausnahme: Wäre anders nicht genug Platz für die Rettungsgasse, dürfen Autofahrer auch ein Stück auf den Standstreifen ausweichen.
Nur die Rettungsgasse stellt sicher, dass im Ernstfall Rettungsfahrzeuge wie Feuerwehrautos und Rettungswagen rechtzeitig zur Unfallstelle kommen und Leben retten können. Von einem Unfall kann jeder betroffen sein. Gesetzlich geregelt ist die Rettungsgasse in § 11 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung (StVO).

Wie wird das Nicht-Bilden der Rettungsgasse geahndet?


Bei stockendem Verkehr auf einer Autobahn oder mehrspurigen Außerortsstraße keine Rettungsgasse zu bilden, ist eine Ordnungswidrigkeit. Diese wird mit 200 Euro Bußgeld, zwei Punkten in Flensburg und einem Monat Fahrverbot geahndet.
Bei Behinderung von Polizei- oder Rettungsfahrzeugen sind es 240 Euro, zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot. Werden Rettungskräfte gefährdet, sind es 280 Euro. Kommt es zu einem Unfall, werden 320 Euro Bußgeld, zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot fällig. Alle Rettungsgassen-Verstöße sind "A-Verstöße". Übrigens wird die Nutzung der Rettungsgasse durch Unbefugte mit 240 Euro Bußgeld, zwei Punkten und einem Monat Fahrverbot geahndet.

Wann darf man den Standstreifen nutzen?


Häufig sieht man, wie besonders eilige Fahrer den Standstreifen nutzen, um schneller am Stau vorbei die nächste Ausfahrt zu erreichen. Aber: Nach § 2 Abs. 1 StVO ist dies verboten. Schließlich soll der Standstreifen Platz für Pannenfahrzeuge bieten. Er gehört nicht zur Fahrbahn und darf nicht befahren werden. Auch das Halten auf dem Standstreifen ist an Autobahnen und Kraftfahrstraßen nach § 18 Abs. 8 StVO verboten – außer eben bei einer Panne. Keine Pannen sind ein leerer Tank, ein klingelndes Telefon und ein "menschliches Bedürfnis". Wer deswegen auf dem Standstreifen der Autobahn anhält, muss mit einem Bußgeld rechnen.
Fahren auf dem Standstreifen zum schnelleren Vorwärtskommen kostet 75 Euro (90 Euro bei Gefährdung anderer, 110 Euro bei Unfall) und jeweils einen Punkt. Das Bußgeld für das Halten auf dem Standstreifen beträgt 30 Euro, Parken (ab drei Minuten) schlägt mit 70 Euro (85 Euro mit Gefährdung, 105 Euro bei Unfall) und einem Punkt zu Buche.

Wann darf ich im Stau aus dem Auto aussteigen?


Einen Stau auf der Autobahn nutzen viele Autofahrer gerne, um sich außerhalb des Autos die Füße zu vertreten. Dies ist jedoch rechtlich nicht erlaubt. Nach § 18 Abs. 9 StVO haben Fußgänger auf der Autobahn nichts verloren. Ausnahmen: das Absichern einer Unfallstelle, Erste Hilfe oder das Verlassen des Fahrzeugs im Notfall. Bei einer Panne müssen sich Autofahrer die Warnweste anziehen und sich auf die andere Seite der Leitplanke begeben. Wer als Fußgänger eine Autobahn betritt, muss mit zehn Euro Verwarnungsgeld rechnen. Allerdings sieht die Polizei dies bei langen Staus oft nicht ganz so eng.

Wann ist rechts überholen erlaubt?


Auf der Autobahn darf man nicht rechts überholen. Es gibt jedoch Ausnahmen: Hat sich zum Beispiel auf der linken Spur eine Fahrzeugschlange gebildet, darf man auf der Spur rechts daran vorbeifahren. Dabei ist jedoch äußerste Vorsicht und eine nur geringfügig schnellere Geschwindigkeit vorgeschrieben. Vor Gericht gilt die Faustregel: Auf der Autobahn darf man rechts überholen, wenn der Verkehr links unter 60 km/h schnell ist und man beim Überholen maximal 20 km/h schneller ist als der Verkehr auf der linken Spur. Rechts überholen außerhalb geschlossener Ortschaften ist eine Ordnungswidrigkeit und führt zu einem Bußgeld von 100 Euro (120 bei Gefährdung anderer, 145 Euro bei Unfall) plus jeweils einem Punkt in Flensburg.

Rückwärtsfahren oder wenden auf der Autobahn?


Alle Führerscheininhaber sollten wissen, dass dies auf der Autobahn nun wirklich auf gar keinen Fall erlaubt ist (§ 18 Abs. 7 StVO). Die einzige Ausnahme bildet die explizite Anweisung eines Polizeibeamten. Wer also auf der Autobahn ohne eine solche Anweisung rückwärtsfährt oder wendet, hat mit einem Bußgeld von 200 Euro (240 Euro bei Gefährdung anderer, 290 Euro bei Unfall), zwei Punkten in Flensburg und einem Monat Fahrverbot zu rechnen.

Was muss man zum Telefonieren am Lenkrad wissen?


Über Jahre wurden die Gerichte mit einer Vielzahl von Fallkonstellationen über die Handynutzung am Steuer geplagt. Dann wurde die gesetzliche Regelung den Ausreden angepasst und ist nun eindeutig: Am Lenkrad darf ein Mobiltelefon auf keine Weise und für nichts genutzt werden, wenn man es dafür in der Hand halten muss. Dies gilt auch für die Nutzung als Terminkalender, Uhr, Navi, Diktiergerät, Taschenrechner, zum Musikhören oder als Fliegenklatsche.

Hinzu kommt: § 23 Abs. 1a StVO spricht nicht mehr vom Telefon, sondern bezieht sich auf jedes "elektronische Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient".

Im Stau gilt: Wenn das Fahrzeug steht und der Motor vollständig ausgeschaltet ist, darf man auch ohne Freisprecheinrichtung telefonieren. In allen anderen Fällen droht bei Nutzung eines Mobiltelefons durch In-der-Hand-Halten ein Bußgeld von 100 Euro plus ein Punkt in Flensburg. Bei Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer sind es 150 Euro, bei Unfall 200 Euro. Zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot kommen jeweils hinzu.

Was gilt für das Verlassen der Autobahn?


Das Abfahren von der Autobahn ist nur an den entsprechend gekennzeichneten Ausfahrten erlaubt (§ 18 Abs. 10 StVO). Wer einfach auf einen Feldweg abbiegt, kann mit einem Bußgeld von 25 Euro rechnen.

Dürfen sich Motorradfahrer durch die Autos schlängeln?


Oft sieht man im Stau, wie sich Motorradfahrer zwischen den Autos hindurchschlängeln. Dies ist jedoch nicht erlaubt. Für das Rechtsüberholen gelten die oben genannten Regeln. Es ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn der Verkehr auf dem linken Fahrstreifen stockt, auf dem rechten Fahrstreifen aber noch rollt (siehe oben). Verboten ist es zwischen zwei Fahrstreifen, auf denen der Verkehr steht.

Übrigens müssen sich auch Motorradfahrer beim Vorbeifahren an einem stehenden Fahrzeug an einen ausreichenden Sicherheitsabstand halten. Die Gerichte setzen diesen meist mit einem Meter an. Im Stau ist dies meist nicht durchführbar. Auch auf der linken Spur ist es schwierig, sich links vorbeizuquetschen, ohne die durchgezogene Linie zu überfahren. Motorradfahrer dürfen die Rettungsgasse in keinem Fall nutzen. Sie dürfen auch den Standstreifen nicht befahren. Je nach Verstoß kommen unterschiedliche Bußgelder und Folgen in Frage.

Gaffen und Im-Weg-Stehen bei Unfällen


Immer wieder werden Rettungskräfte massiv durch Gaffer und Handy-Filmer behindert. Zwar ist Gaffen an sich nicht strafbar. Aber: Andere typische Verhaltensweisen von Gaffern sind es schon. Das Filmen von Unfallopfern fällt unter § 201a Abs. 1 Nr. 2 Strafgesetzbuch (Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs einer hilflosen Person durch Bildaufnahmen). Folge kann eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe sein.
Wer Retter bei der Arbeit behindert, kann nach § 323c Abs. 2 StGB entsprechend einer unterlassenen Hilfeleistung bestraft werden, nämlich mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe. Übrigens gilt dies für die Behinderung jeglicher Personen, die Hilfe leisten wollen, also auch von Laien. Die Polizei kann Handys einziehen. Da Polizei und Rettungskräfte inzwischen auf Behinderungen durch Gaffer recht empfindlich reagieren, ist die Ahndung dieses Verhaltens nicht unwahrscheinlich.

Sitzblockaden


Schon lange gelten Sitzblockaden als strafbare Nötigung (§ 240 StGB, Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe). Hinzukommen kann unter Umständen ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b StGB, Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre oder Geldstrafe) oder bei Behinderung von Rettungskräften der oben beschriebene § 323c Abs. 2 StGB. Im Stau stehende Autofahrer sollten die Ruhe bewahren und auf das Eingreifen der Polizei warten. Wer selbst eingreift, macht sich in der Regel ebenfalls strafbar.

Praxistipp zum Verhalten im Stau


Die Verkehrsregeln auf der Autobahn sind keine Schikane. Vielmehr dienen sie der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer. Ihre Einhaltung kann Leben retten und Unfälle verhindern. Natürlich ist es am besten, wenn Sie gar nicht erst in einen Stau geraten. Über die aktuelle Staulage auf den Autobahnen informieren Sie viele Homepages und Stau-Apps. Bei Rechtsfragen zu diesem Thema ist ein Fachanwalt für Verkehrsrecht der kompetenteste Ansprechpartner.

(Bu)


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 Stephan Buch
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