Branchenbuchabzocke: Vorsicht vor unseriösen Firmenregistern!

17.07.2015, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Frau,Vertrag,Schreiben,lesen,Lupe Frau liest Rechnung eines Firmenregisters kritisch mit Lupe © Bu - freepik

Unternehmen erhalten oft Rechnungen von privaten Firmenregistern, die mit ihren Schreiben einen amtlichen Eindruck erwecken. Und sie zahlen oftmals ohne zu prüfen. Das ist ein Fehler!

Viele Unternehmen bezahlen Einträge in Branchenverzeichnissen oder Firmenregistern, ohne zu prüfen, was sie dafür als Gegenleistung erhalten. In diesem Bereich tummeln sich viele schwarze Schafe.

Branchenverzeichnis als Werbeplattform


Branchenverzeichnisse sind nach wie vor eine beliebte Art, ein Unternehmen nach außen zu präsentieren. Es gibt sie in gedruckter Form. Immer mehr Verzeichnisse sind jedoch auch oder nur online verfügbar. Wer einen Eintrag wünscht oder einen entsprechenden Auftrag erteilt, sollte jedoch genau hinsehen – denn viele Verzeichnisse sind völlig unbekannt, haben kaum Nutzer und ihr Werbeeffekt ist zweifelhaft.

Unseriöse Vorgehensweise


In den letzten Jahren haben immer mehr unseriöse Anbieter von sich reden gemacht – bei den Industrie- und Handelskammern häufen sich die Beschwerden. Es gibt verschiedene Vorgehensweisen: Oft wird ein Betrieb angeschrieben mit der Bitte, einen angeblich bestehenden Eintrag in einem Verzeichnis zu überprüfen oder zu aktualisieren und dazu ein unterschriebenes Formular zurückzusenden. Damit wird dann in Wahrheit ein neuer Eintrag bestellt. In anderen Fällen erhält der „Kunde“ einfach eine Rechnung für das nächste Jahr – obwohl er gar kein Kunde ist. Dieses Vorgehen ist besonders in der Urlaubszeit beliebt, weil dann in den Unternehmen Personalknappheit herrscht und womöglich jemand routinemäßig für die Bezahlung der Rechnung sorgt. Auch Verlängerungen (angeblich) bestehender Verträge kommen vor. Manchmal geht es um kleine Beträge, es können aber auch schon mal 1.500 Euro für zwei Jahre zusammenkommen.

Hat der Eintrag einen Nutzen?


Zwar erhält der Kunde für sein gutes Geld als Gegenleistung einen Eintrag in einem Branchenverzeichnis. Dieser Eintrag nützt ihm nur in vielen Fällen nichts, weil das entsprechende Verzeichnis niemand kennt und die jeweilige Internetseite kaum aufgerufen wird. Auf deren Vermarktung muss sich der Betreiber auch nicht konzentrieren – denn er verdient sein Geld mit den Eintragungsgebühren.

Ähnlichkeiten sind erwünscht


Oft versuchen unseriöse Anbieter, den guten Namen etablierter Verzeichnisse auszunutzen. So kommen sie mit gelber Optik daher und geben sich Bezeichnungen, die die Gefahr einer Verwechslung mit den bekannten „Gelben Seiten“ erhöht. Andere treten wie eine Behörde auf, verenden auch eine entsprechende Sprache und sorgen dafür, dass der ahnungslose Unternehmer einen „Antrag“ auf Vervollständigung seiner Daten stellt.

Branchenbuchabzocke: Was tun?


Generell sollten Aufforderungen zur Überprüfung und Aktualisierung von Daten in einem Verzeichnis immer genau und kritisch geprüft werden. Stellt sich heraus, dass man beim entsprechenden Anbieter gar nicht Kunde ist, sollte man die Finger davon lassen. Auch derartige Zusendungen per Email ohne Angabe einer postalischen Absenderanschrift sollten mit erhöhter Vorsicht behandelt werden. Den Firmennamen des Absenders kann man googeln. Oft kommt dann eine Reihe von ineinander verschachtelten Unternehmen in unterschiedlichen Ländern zum Vorschein.

Welche Gegenmaßnahmen sind möglich?


Ist der Betreiber des unseriösen Branchenverzeichnisses eine Holding in einem Briefkasten in Argentinien, können Sie wenig tun – außer nicht zu zahlen. In vielen Fällen besteht auf die Zahlungen auch kein Anspruch, da kein wirksamer Vertrag zustande gekommen ist. Wurde der Betrag schon überwiesen und befindet sich der Empfänger in Deutschland oder zumindest in der EU, kann versucht werden, das Geld als sogenannte ungerechtfertigte Bereicherung zurückzufordern. Anspruchsgrundlage wäre nach dem Zivilrecht § 812 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches. In manchen Fällen kann der Vertrag auch wegen einer arglistigen Täuschung angefochten werden. Welche Vorgehensweise konkret die Beste ist, hängt vom Einzelfall ab – genauer von der Formulierung des unterschriebenen Auftrags oder des zurückgeschickten Formulars. Hier ist eine anwaltliche Prüfung zu empfehlen.

Kein Anspruch bei Irreführung


Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat 2012 entschieden, dass kein Zahlungsanspruch besteht, wenn ein Unternehmen durch ein irreführendes Formular dazu gebracht wird, dieses unterschrieben zurückzuschicken und sich im Kleingedruckten sich dann der Auftrag für einen Verzeichniseintrag verbirgt. Hier sollte der Betrieb zwei Jahre lang 650 Euro pro Jahr zahlen. Das Formular war mit „Eintragungsantrag Gewerbedatenbank“ überschrieben, durch die drucktechnische Darstellung wurde jedoch der Schwerpunkt auf „sofort zurücksenden“ gelegt, während die Zahlungsmodalitäten an einem Ort versteckt waren, an dem man sie nicht vermutete. Der BGH ging hier von einer überraschenden AGB – Klausel aus. Diese sei unwirksam (Urteil vom 26. Juli 2012, Az. VII ZR 262/11). Zuvor hatten viele Amtsgerichte die Verträge für wirksam gehalten, etwa in den Urteilen des Amtsgerichts Bergisch Gladbach (Az. 60 C 182/11), des Amtsgerichts Köln (Az. 114 C 128/11 und des Amtsgerichts Düsseldorf (Az. 40 C 8543/11). Diese Rechtsprechung war anschließend nicht mehr zu halten.

Irreführung im Sinne von unlauterem Wettbewerbs?


Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat 2012 in einem Verfahren aus dem Wettbewerbsrecht ebenfalls entschieden, dass die Formulare einer „Gewerbeauskunft-Zentrale“ eine Irreführung des Empfängers und damit unlauter seien. Diese erweckten zu Unrecht den Eindruck eines amtlichen Schreibens (Az. I-20 U 100/11).

(Bu)


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 Stephan Buch
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