Darf man Parklücken freihalten?

14.12.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Parklücke,freihalten,Nötigung,Wegdrängen Parkplätze sind knapp. Aber: Rücksichtnahme geht vor. © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Wer zuerst kommt...: § 12 Abs. 5 der Straßenverkehrsordnung (StVO) regelt: "An einer Parklücke hat Vorrang, wer sie zuerst unmittelbar erreicht." Mit "wer" ist der Fahrer eines Kfz gemeint und kein Fußgänger, der eine Parklücke freihalten will.

2. Ordnungswidrigkeit: Das Freihalten einer Parklücke ist eine Ordnungswidrigkeit. Laut Bußgeldkatalog (15. Auflage, Stand: 1.9.2023) stehen darauf 20 Euro ("Sie behinderten durch das Parken andere", § 1 Abs. 2 StVO) bzw. 10 Euro (Vorrang eines anderen Fahrzeugs nicht beachtet, das zuerst an der Parklücke war, § 12 Abs. 5 StVO).

3. Wegdrängen des Blockierers Das langsame Zufahren und ggf. Wegdrängen einer Person, die eine Parklücke blockiert / freihält, kann eine strafbare Nötigung sein.
Parkplatzsuche in der Großstadt ist nicht einfach. So mancher wohnt in einer Gegend, in der es zu bestimmten Tageszeiten kaum Chancen auf einen freien Parkplatz gibt. Was tun, wenn man Besuch erwartet und kurz vorher ein Parkplatz frei wird? Da könnte man doch einfach einen Stuhl oder sich selbst auf den freien Parkplatz stellen und diesen so blockieren, bis der Besuch eintrifft. Oder man kurvt im Kreis herum und bittet Beifahrer oder Beifahrerin an einem Parkstreifen, einen frei werdenden Platz zu blockieren, bis man wieder vor Ort ist. Ein einfaches Verfahren, an einen Parkplatz zu kommen. Aber auch legal? Vielleicht besteht ein anderer Autofahrer darauf, die freie Parklücke zu nutzen, bevor man darauf einparken kann. Wer ist dann im Recht? Eine solche Situation kann schnell eskalieren.

Ist das Freihalten einer Parklücke rechtens?


Dies ist ganz eindeutig gesetzlich geregelt in § 12 Abs. 5 der Straßenverkehrsordnung (StVO): "An einer Parklücke hat Vorrang, wer sie zuerst unmittelbar erreicht." Wer zuerst kommt, parkt also auch zuerst. Und damit ist schon das Auto gemeint und nicht Partner oder Partnerin zu Fuß oder ein Gartenstuhl oder Einkaufswagen.

Außerdem stellt die Vorschrift auch noch klar, dass der Vorrang des betreffenden Fahrzeugs erhalten bleibt, "wenn der Berechtigte an der Parklücke vorbeifährt, um rückwärts einzuparken oder wenn sonst zusätzliche Fahrbewegungen ausgeführt werden, um in die Parklücke einzufahren." In diesem Fall darf sich also nicht jemand anderes, der die Parklücke später erreicht hat, einfach dazwischen drängeln, nur weil sein Fahrzeug zum Einparken gerade günstiger steht.

Zuletzt bestimmt die Regelung, dass all dies auch gilt, wenn man vor einer frei werdenden Parklücke wartet.

Und dann gibt es auch noch § 1 Abs. 2 StVO, der das allgemeine Rücksichtnahmegebot im Straßenverkehr präzisiert:

"Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird."

Genau diese Vorgabe wird jedoch missachtet, wenn man freie Parklücken blockiert. Dies haben mehrere Gerichte entschieden (OLG Naumburg, Beschluss vom 26.5.1997, Az. 2 Ss 54/97; Bayerisches Oberstes Landesgericht, Urteil vom 7.2.1995, Az. 2 St RR 239/94).

Damit lässt sich klar festhalten: Das Freihalten einer Parklücke ist nicht rechtens.

Ist das Freihalten einer Parklücke eine Ordnungswidrigkeit?


Das Freihalten einer Parklücke stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Verstoßen wird dabei gegen die §§ 1 Abs. 2 StVO und 12 Abs. 5 StVO. Dies wird nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 12 als Ordnungswidrigkeit geahndet. Laut Bußgeldkatalog (15. Auflage, Stand: 1.9.2023) stehen darauf 20 Euro ("Sie behinderten durch das Parken andere", § 1 Abs. 2 StVO) bzw. 10 Euro (Vorrang eines anderen Fahrzeugs nicht beachtet, das zuerst an der Parklücke war, § 12 Abs. 5 StVO).

Ist das Freihalten einer Parklücke eine strafbare Nötigung?


Autofahrer und Fußgänger können sich grundsätzlich auch durch das Freihalten einer Parklücke wegen einer Nötigung strafbar machen. Manche Gerichte haben zumindest in der Vergangenheit das Blockieren einer Parklücke als Anwendung von Gewalt im Sinne von § 240 Strafgesetzbuch (StGB) angesehen. Denn: Jemanden körperlich daran zu hindern, etwas zu tun, kann schon unter "Gewalt" fallen - auch, wenn dabei keine Fäuste zum Einsatz kommen (OLG Hamm, Beschluss vom 28.2.1980, Az. 4 Ss 445/80).

Allerdings muss für eine strafbare Nötigung noch eine weitere Voraussetzung erfüllt sein: Die Anwendung von Gewalt zu dem angestrebten Zweck muss in dem konkreten Fall als verwerflich anzusehen sein. Und hier wird es schwierig. Das sieht man gut an den Urteilen der Amtsgerichte zu den sogenannten Klimaklebern: Ein Gericht mag es nicht als verwerflich ansehen, den Straßenverkehr durch das Festkleben der eigenen Person auf der Straße zu blockieren, während ein anderes Gericht dies ohne weiteres bejaht und die Betreffenden wegen Nötigung verurteilt. Das Berliner Kammergericht hat dazu zuletzt viele Grundsätze aufgestellt, die die Verwerflichkeit an einer Reihe von Tatumständen festhalten, etwa dem Aufwand bei der Kleberentfernung.

Das OLG Hamm kam im oben zitierten alten Fall zu der Ansicht, dass das rein passive Blockieren einer Parklücke durch eine Person nicht verwerflich und nicht strafbar war.

Es gibt jedoch keine Garantie dafür, dass jedes Gericht so entscheidet. Unter Umständen können auch die Gründe einbezogen werden, warum man denn so dringend einen Parkplatz brauchte (Arztbesuch oder Shopping?).

Ist es strafbar, den Blockierer mit dem Auto zur Seite zu drängen?


Auch der blockierte Autofahrer kann sich unter Umständen strafbar machen - nämlich dann, wenn er sich durch die in der Parklücke stehende Person nicht beeindrucken lässt und einfach langsam auf diese zufährt, bis sie gezwungen ist, zur Seite zu treten. Auch dabei kann es sich um eine strafbare Nötigung handeln. Schließlich lässt man dem anderen keine Wahl, als zur Seite zu gehen, wenn er oder sie nicht überfahren werden will. Das Risiko einzugehen, andere zu verletzen, weil man selbst nicht länger auf Parkplatzsuche gehen will, wird von den Gerichten gerne als verwerflich angesehen. Ob der andere den Parkplatz blockieren durfte, spielt dabei weniger eine Rolle.

Das Amtsgericht Villingen-Schwenningen verurteilte 2018 einen Autofahrer wegen Nötigung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen und zu zwei Monaten Fahrverbot (als LKW-Fahrer). Dieser hatte eine Frau, die eine Parklücke für ihren Sohn blockierte, mit seinem PKW beiseite gedrängt (Urteil vom 29.8.2018, Az. 6 Cs 56 Js 1599/18).

Andere Gerichte haben das langsame Zufahren auf die blockierende Person nicht als Nötigung angesehen.

Das OLG Naumburg sah das Hineinfahren in die Parklücke und das Herausdrängen des Fußgängers als erlaubt an, solange es langsam und mit regelmäßigen Stopps erfolge. Wenn nur eine geringe Gefährdung des Fußgängers stattfinde, sei dies nicht verwerflich und damit keine Nötigung. Eine erhebliche Gefährdung der anderen Person müsse jedoch unterbleiben (Urteil vom 26.5.1997, Az. 2 Ss 54/97). Es kommt also unter anderem auf das Tempo des Einfahrens in die Parklücke an.

Wird dem Blockierer ausdrücklich Gewalt angedroht, wenn er den Parkplatz nicht freimacht, liegt laut BayObLG eine Nötigung vor (Az. 2St RR 239/94).

Wird der Fußgänger durch das ihn weg drängende Auto verletzt, kann es sich jedoch um eine strafbare Körperverletzung handeln. Dafür reicht ggf. ein blauer Fleck.

Praxistipp zum Freihalten von Parklücken


Man sollte sich hier klarmachen, dass eine solche Situation schnell eskalieren kann. Eine Zeitersparnis bei der Parkplatzsuche ist jedoch weder einen Rechtsstreit noch mögliche Verletzungen wert - und eine Vorstrafe sollte man deswegen auch nicht riskieren. Dies gilt für beide Seiten. Kommt es dann doch zu rechtlichem Ärger, kann Ihnen ein Fachanwalt für Verkehrsrecht am besten weiterhelfen.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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