Welche Regeln gelten für E-Scooter im Straßenverkehr?

13.06.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 6 Min. (810 mal gelesen)
E-Scooter,Roller,E-Kleinstfahrzeuge,Unfall E-Scooter werden viel genutzt - sorgen aber auch für viele Unfälle. © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Straßenzulassung und Mindestalter: E-Scooter müssen eine Straßenzulassung haben und dürfen nur von Personen ab einem Mindestalter von 14 Jahren gefahren werden.

2. Straßen und Radwege: E-Scooter dürfen auf Radwegen, Radfahrstreifen und in Fahrradstraßen fahren. Fehlen diese, dürfen sie auf die Straße ausweichen. Gehwege Fußgängerzonen sind nicht erlaubt.

3. Ausstattung: E-Scooter müssen bestimmte technische Anforderungen erfüllen (z.B. Beleuchtung, Bremsen).

4. Verkehrsregeln: Die allgemeinen Verkehrsregeln wie die Straßenverkehrsordnung gelten auch für E-Scooter-Fahrer (z.B. Vorfahrtsregeln, Alkoholgrenzen). Auf Radwegen müssen sie Radfahrern Vorrang einräumen.

5. Versicherung: Für E-Scooter muss eine Kfz-Haftpflichtversicherung abgeschlossen werden. Mietroller sind durch den Verleiher haftpflichtversichert.
Sogenannte Elektrokleinstfahrzeuge sind handlich und helfen dabei, kurze Distanzen zu überbrücken – wie etwa zwischen S-Bahnhof und Arbeitsstelle. Auch verursachen sie selbst keine Abgase und wenig Geräusche.
E-Scooter werden oft auch Elektroroller genannt. Hier muss man jedoch unterscheiden: Der Begriff Elektroroller bezeichnet an sich elektrisch betriebene Motorroller, also größere und leistungsstärkere Zweiräder mit herkömmlichem Sitz. E-Scooter dagegen sind Tretroller mit Elektromotor.

Was sagt der Gesetzgeber zu Elektro-Kleinstfahrzeugen?


Lange konnten solche Fahrzeuge nicht legal am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen. Das Bundeskabinett machte jedoch im April 2019 den Weg frei für die Elektro-Kleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV). Diese ist seit Anfang Juni 2019 in Kraft und erlaubt elektrisch betriebenen Fahrzeugen ohne Sitz sowie selbstbalancierenden Fahrzeugen die Teilnahme am Straßenverkehr. Sie gibt auch einheitliche Regeln dafür vor.

Wie sind die Erfahrungen mit Unfällen mit E-Scootern?


In Großstädten gibt es eine erhebliche Zahl von Unfällen mit E-Scootern und auch von Verletzten. Die Berliner Polizei meldete für das Jahr 2021 insgesamt 819 Unfälle mit E-Scooter-Beteiligung. Gegenüber 2020 ist dies ein Anstieg um das Zweieinhalbfache. 2020 gab es dabei in Berlin 34 Schwerverletzte, 2021 waren es 96.

Nach dem Statistischen Bundesamt gab es 2020 bundesweit 2.155 E-Scooter-Unfälle mit Personenschaden. 2021 waren es 4.882 Unfälle mit Personenschaden und fünf Tote.

In Hamburg gab es 2021 noch 600 Unfälle mit E-Scootern. Im ersten Drittel des Jahres 2022 registrierte die Polizei nur noch 150, was eine gewisse Verbesserung nahelegt. Die Polizei führt dies auf ihre eigene Strategie zurück, die außer Schwerpunkteinsätzen und Aufklärung auch den Dauereinsatz von drei Fahrradstaffeln umfasst, die auch E-Scooter kontrollieren. 2021 wurden in Hamburg 365 Strafverfahren gegen E-Scooter-Fahrer eingeleitet wegen Fahrens unter Einfluss von Drogen und Alkohol. 2022 waren es in der ersten Hälfte des Jahres schon 242, was eine deutliche Steigerung nahelegt.

Was sind Elektrokleinstfahrzeuge?


Die Verordnung gilt für Elektrofahrzeuge, welche die folgenden Voraussetzungen erfüllen:

- Kein Sitz oder selbstbalancierendes Fahrzeug mit oder ohne Sitz,
- Lenk- oder Haltestange von mindestens 50 cm für Fahrzeuge mit Sitz und mindestens 70 cm für solche ohne Sitz,
- Leistungsbegrenzung auf 500 Watt oder auf 1.400 Watt, wenn davon mindestens 60 Prozent zur Selbstbalancierung verwendet werden.
- Gesamtbreite höchstens 70 cm, Gesamthöhe höchstens 140 cm, Gesamtlänge höchstens 2 m.
- Maximalgewicht ohne Fahrer 55 kg.

Wird eine Betriebserlaubnis benötigt?


Auch für Elektrokleinstfahrzeuge wie E-Scooter ist wie für andere Kraftfahrzeuge eine Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) für den jeweiligen Fahrzeugtyp oder eine Einzelbetriebserlaubnis erforderlich.

Welche Versicherung brauche ich?


Auch E-Tretroller bzw. E-Scooter brauchen eine Haftpflichtversicherung. An ihnen muss daher ein Versicherungskennzeichen angebracht sein. Dafür wurde extra ein besonderes Kennzeichen zum Aufkleben eingeführt. Eine Zulassung wird dagegen nicht benötigt.

Was gibt es bei Bremse, Licht und Sicherheit zu beachten?


E-Kleinstfahrzeuge wie E-Scooter müssen laut Verordnung zwei voneinander unabhängige Bremsen haben. Besitzen sie mehr als zwei Räder, muss es eine Feststellbremse geben. Auch eine Beleuchtung muss vorhanden sein – jedenfalls im Dunkeln. Die Lampen dürfen abnehmbar sein. Rote Schlussleuchten dürfen eine Bremslichtfunktion haben. Zulässig sind auch "Blinker" als Fahrtrichtungsanzeiger. An den Seiten müssen die Fahrzeuge gelbe Reflektoren oder retroreflektierende weiße Streifen an Reifen oder Felgen besitzen.

Pflicht ist auch eine "helltönende Glocke" oder eine andere erlaubte Schallquelle.
Die Fahrzeuge müssen natürlich auch ganz allgemein verkehrssicher sein. So müssen zum Beispiel sämtliche spannungsführenden Bauteile vor Berührung geschützt sein. Drehgriffe oder Knöpfe, mit denen man die Motorleistung steuert, müssen sich nach dem Loslassen von selbst innerhalb einer Sekunde auf null stellen. Selbstbalancierende Fahrzeuge müssen von selbst ihren Motor abschalten, wenn niemand mehr darauf steht. Und: Die Standflächen für den Nutzer müssen rutschfest sein.

Da E-Scooter nicht schneller fahren können als 20 km/h, ist ein Helm nicht vorgeschrieben. In Anbetracht der Verletztenzahlen bei Unfällen ist er trotzdem zu empfehlen.

Was gilt für E-Skateboards, Hoverboards, Monowheels?


Die genannten Regelungen, speziell die Vorschrift über eine Lenkstange, machen E-Skateboards, sogenannte Hoverboards oder elektrische Einräder (Monowheels) nach wie vor unzulässig. Es soll jedoch auch für diese Fahrzeuge in Zukunft eine Regelung geben. Bisher gilt jedoch: Diese Fahrzeuge dürfen nur im "abgegrenzten nichtöffentlichen Verkehr" bewegt werden – also etwa auf abgetrennten Innenhöfen oder einer Terrasse.

Wo darf man mit dem E-Scooter fahren?


E-Scooter dürfen auf Radwegen, Radfahrstreifen und in Fahrradstraßen fahren. Fehlen diese, dürfen sie auf die Fahrbahn ausweichen.
Nicht fahren dürfen sie auf Gehwegen, in Fußgängerzonen oder in Einbahnstraßen entgegen der Fahrtrichtung. Auf Radwegen ist Rücksicht auf den Radverkehr zu nehmen.

Wer darf E-Scooter fahren?


Zu den auf Wunsch des Bundesrates vorgenommenen Änderungen gehört auch, dass E-Scooter generell erst von Personen genutzt werden dürfen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben. Die ursprünglich geplante Freigabe ab 12 für langsamere Fahrzeuge ist daher entfallen. Eine Mofa-Prüfbescheinigung ist nicht nötig.

Welche Verhaltensregeln müssen beachtet werden?


Hier wird Rücksichtnahme großgeschrieben: E-Kleinstfahrzeuge inklusive E-Scooter dürfen nicht nebeneinander, sondern nur hintereinanderfahren. Sind sie Radwegen unterwegs, müssen sie auf Radler besondere Rücksicht nehmen, diesen Vorrang einräumen und, wenn nötig, auch langsamer fahren. Die Regeln über das Parken gelten für E-Kleinstfahrzeuge nicht: Sie werden wie Fahrräder abgestellt und nicht geparkt.

Mietroller werden meist einfach auf oder neben Gehwegen abgestellt oder mitten auf den Weg geworfen. Dies ist ein Dauerärgernis für alle anderen Verkehrsteilnehmer und verursacht weitere Unfälle durch stolpernde Fußgänger. Manche Verleihfirmen versuchen dem entgegenzuwirken, indem sie zum Beispiel bei der Rückgabe das Einschicken eines Fotos des ordentlich geparkten Rollers verlangen und sonst eine Gebühr erheben. In der Praxis ändert dies offenbar wenig, und natürlich ist auch Vandalismus immer wieder im Spiel. Für Blinde und Sehbehinderte sind die herumliegenden Roller eine echte Gefahr.
Untersagt ist die Nutzung von Anhängern oder die Beförderung weiterer Personen. Auch letzteres wird oft missachtet. Richtungsänderungen müssen mit den Fahrtrichtungsanzeigern oder – wenn es keine gibt – mit Handzeichen oder ausgestrecktem Arm angezeigt werden.

Was muss man zur Haftung bei E-Scootern wissen?


E-Scooter benötigen eine eigene Haftpflichtversicherung. Die Privathaftpflichtversicherung reicht nicht aus. Mietroller sind durch den Verleiher haftpflichtversichert. Die Haftpflichtversicherung zahlt für Schäden, die beim Betrieb des Rollers Dritten zugefügt werden. Sie zahlt nicht für Verletzungen des Rollerfahrers selbst.

Steht der E-Scooterfahrer beim Unfall unter Alkohol oder Drogen, wird die Haftpflichtversicherung den Fremdschaden zahlen und dann den Scooterfahrer in Regress nehmen, um ihr Geld zurückzubekommen.

Für Geschädigte gibt es hier einen Haken: Die Haftpflichtversicherungen zahlen nur für Unfälle, die von in Betrieb befindlichen Rollern verursacht worden sind. Wer über einen herumliegenden E-Scooter stolpert - womöglich als Sehbehinderter - hat also schlechte Karten.

Es ist möglich, bei Vermietfirmen eine zusätzliche Versicherung für eigene Verletzungen des Fahrers abzuschließen. Für private E-Scooter gibt es besondere Kaskoversicherungen.

Bei Kraftfahrzeugen gibt es normalerweise eine sogenannte verschuldensunabhängige Haftung des Halters. Diese Gefährdungshaftung gilt bei Unfällen mit Personen- oder Sachschäden. Hat der Fahrer den Unfall verschuldet, haftet natürlich dieser. Daneben haftet aber auch der Halter des Fahrzeugs für Schäden Dritter, selbst, wenn ihn kein Verschulden trifft. Dies ist zum Beispiel wichtig, wenn sich nicht mehr feststellen lässt, wer gefahren ist.

Bei E-Scootern gibt es dies nicht. Dies beruht auf § 8 Nr. 1 Straßenverkehrsgesetz (STVG): Die verschuldensunabhängige Halterhaftung gilt nicht für Fahrzeuge bis 20 km/h. Der Unfallgegner muss also beweisen, dass der Fahrer des E-Scooters den Unfall verschuldet hat. Kann er dies nicht, haftet niemand. So hat es auch das Landgericht Münster gesehen (Urteil vom 9.3.2020, Az. 08 O 272/19).

Bei Stolperunfällen bleibt abzuwarten, ob die Rechtsprechung sich dazu durchringt, eine Verkehrssicherungspflicht der Vermietunternehmen anzunehmen - weil diese eine Gefahrenquelle schaffen. Dies würde die Situation für Geschädigte verbessern. Derzeit ist dies unwahrscheinlich.

Update vom 13.6.2023: Was gilt für E-Scooter und Alkohol?


Für Fahrer von E-Scootern gelten die gleichen Alkohol-Grenzwerte wie für Autofahrer. Fahren unter Einfluss von Alkohol oder Drogen kann also ernste Konsequenzen haben.
Das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. hat entschieden, dass eine Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter regelmäßig die Vermutung erlaubt, dass der oder die Betreffende nicht zum Führen eines Kraftfahrzeuges geeignet ist. Nur im Ausnahmefall findet dann kein Führerscheinentzug mit Erteilung einer Sperrfrist statt. Im Fall ging es um einen Mann, der mit 1,64 Promille Blutalkohol E-Scooter gefahren war. Das Gericht sah hier beim Thema Führerscheinentzug keinen Spielraum für ein Ermessen oder eine Verhältnismäßigkeitsprüfung. Es betonte auch: Es spiele keinerlei Rolle, dass der Angeklagte in betrunkenem Zustand nicht mit dem Auto, sondern "nur" mit dem ungefährlicheren E-Scooter gefahren sei. Immerhin könnten Elektroroller bei der Kollision mit Fußgängern oder Radfahrern erhebliche und möglicherweise tödliche Verletzungen verursachen (Urteil vom 8.5.2023, Az. 1 Ss 276/22).

Praxistipp zum E-Scooter


Unter anderem wird kritisiert, dass man mit Kraftfahrzeugen, die versicherungspflichtig sind, normalerweise nicht in öffentlichen Verkehrsmitteln fahren darf. Das würde einen Hauptvorteil ("das Verkehrsmittel für den letzten Kilometer zur Arbeit") zunichtemachen. Dies können die örtlichen Verkehrsbetriebe unterschiedlich handhaben. Es ist jedoch möglich, dass Änderungen in den Geschäftsbedingungen der Verkehrsbetriebe sich nur auf kleine und zusammenklappbare Roller beziehen werden. Bei Problemen im Zusammenhang mit der Nutzung von E-Scootern kann ein Fachanwalt für Verkehrsrecht wertvolle Unterstützung leisten.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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