Führerschein: Sonderregeln für Fahranfänger

20.04.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 4 Min. (717 mal gelesen)
junge Frau,Führerschein In der Probezeit gelten schärfere Regeln. © - freepik

Der Führerschein und das erste Auto sind wichtige Schritte in ein selbstbestimmtes Leben. Allerdings gibt es im Straßenverkehr besondere Regeln für Fahranfänger. Welche dies sind, erläutern wir hier.

Fahranfänger erhalten zuerst einen Führerschein auf Probe. Dieser ist ein vollwertiger Führerschein. Sobald die Probezeit ohne Probleme verstrichen ist, gilt er als endgültig erteilter Führerschein. Die Probezeit dauert zwei Jahre und gilt für die Führerscheinklassen A, B, C und D. Sie gilt nicht für die Führerscheinklassen L und T (z. B. für forst- und landwirtschaftliche Maschinen wie Traktoren) und AM (zweirädrige Kleinkrafträder mit einem Hubraum von bis zu 50 Kubikzentimetern). Wenn jedoch eine Fahrerlaubnis dieser Klassen zum ersten Mal auf eine andere Fahrerlaubnisklasse erweitert wird, erhält man ebenfalls zuerst einen Führerschein auf Probe.

Probezeit: Was passiert bei Verkehrssünden?


Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung haben während der Probezeit andere Folgen als danach. Bei kleineren Verstößen, wie zum Beispiel Falschparken innerorts, drohen meist noch keine Folgen für den Führerschein. Bei schwereren Verstößen sieht es dann schon ernster aus. Denn: Fahranfänger müssen einerseits die üblichen Folgen tragen – wie etwa ein Bußgeld oder einen Punkt in Flensburg. Hinzu kommen aber noch die besonderen Folgen eines Verstoßes während der Probezeit.

Welche Arten von Verstößen gibt es?


Bei den schwereren Verstößen muss man zwei Schweregrade unterscheiden. Zu den schwerwiegenden Verstößen der Gruppe A zählen etwa Unfallflucht, Nötigung, unterlassene Hilfeleistung, Rotlichtverstöße, Fahren unter Alkoholeinfluss, die Benutzung des Handys beim Fahren, Verstöße gegen das Rechtsfahrgebot und erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen (ab 21 km/h zu viel) sowie Abstandsvergehen mit weniger als einem Viertel des Tachowertes. Bei einem Auto mit Anhänger gilt schon eine Tempoüberschreitung um mehr als 16 km/h als A-Verstoß.

Zur Gruppe B gehören die etwas weniger schwerwiegenden Verstöße. Dazu zählen etwa das Überziehen der Hauptuntersuchung um mehr als acht Monate, die Mitnahme von Kindern im Auto ohne ausreichende Sicherung, nicht vorschriftsmäßige Ladungssicherung, abgefahrene Reifen (unter 1,6 mm), Parken in Feuerwehrzufahrten, Parken auf der Autobahn, mangelhafte Absicherung eines liegengebliebenen Fahrzeugs.

Welche Folgen haben A-Verstöße?


Wenn ein Fahranfänger ein schweres Verkehrsvergehen der Gruppe A begeht, verlängert sich seine Probezeit auf vier Jahre. Auch wird die Teilnahme an einem kostenpflichtigen Aufbauseminar angeordnet.
Eine schriftliche Verwarnung ist beim zweiten A-Verstoß in der Probezeit fällig. Dazu gibt es die Empfehlung, eine verkehrspsychologische Beratung wahrzunehmen.
Beim dritten A-Verstoß (oder beim zweiten während der verlängerten Probezeit) kommt es zum dauerhaften Entzug der Fahrerlaubnis. Für die Neuerteilung eines Führerscheins wird dann eine Sperrzeit von mindestens sechs Monaten verhängt.

Welche Folgen haben B-Verstöße?


Ein einmaliger B-Verstoß bedeutet noch nicht gleich eine Verlängerung der Probezeit oder die Anordnung eines Aufbauseminars. Trotzdem fällt das übliche Bußgeld für den jeweiligen Verstoß an.

Zwei B-Verstöße werden wie ein A-Verstoß behandelt. Hier verlängert sich also ebenfalls die Probezeit auf vier Jahre und es wird ein Aufbauseminar angeordnet. Zwei weitere B-Verstöße haben eine schriftliche Verwarnung zur Folge und führen zu der Empfehlung, freiwillig zu einer verkehrspsychologischen Beratung zu gehen. Wer dann während der (auch verlängerten Probezeit) zwei weitere B-Verstöße begeht, muss mit dem Entzug seiner Fahrerlaubnis rechnen.

Was muss man zum Aufbauseminar wissen?


Ordnet die Fahrerlaubnisbehörde ein Aufbauseminar an, muss dieses in einer speziell zugelassenen Fahrschule absolviert werden. Bei den Preisen gibt es regionale Unterschiede, diese schwanken etwa zwischen 250 und 500 Euro.

Wurde ein Verkehrsverstoß im Zusammenhang mit Alkohol oder Drogen begangen, ordnet die Behörde ein besonderes Aufbauseminar an. Dieses wird von Diplom-Psychologen mit amtlicher Anerkennung als Seminarleiter durchgeführt.

Eine Nachschulung dauert meist neun Stunden. Diese werden in vier Blöcke aufgeteilt. Zwischen der ersten und der zweiten Schulung wird eine Fahrprobe mit einem Fahrlehrer vorgenommen. Diese wird dann bei der nächsten Schulung durchgesprochen.

Was genau ist eine Entziehung der Fahrerlaubnis?


Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist zu unterscheiden vom befristeten Fahrverbot. Beim Fahrverbot bekommt man den Führerschein nach einer bestimmten Frist zurück. Wenn die Fahrerlaubnis entzogen wurde, ist der Führerschein weg. Dann muss man einen neuen beantragen. In der Regel ist dies frühestens nach drei Monaten möglich. Allerdings wird diese Zeitspanne oftmals durch eine Sperrfrist verlängert.

Was passiert bei einer Alkoholfahrt in der Probezeit?


Seit 2007 müssen sich Autofahrer in der Probezeit und Autofahrer unter 21 Jahren an die strikte 0-Promille-Grenze halten. Während der Probezeit darf also überhaupt kein Alkohol konsumiert werden, wenn man hinterher noch fahren möchte. Wer sich nicht daran hält, begeht einen A-Verstoß und muss mit einer Verlängerung seiner Probezeit auf vier Jahre und einem verpflichtenden Aufbauseminar durch Diplom-Psychologen rechnen. Dazu kommen ein Bußgeld von 250 Euro und ein Punkt in Flensburg.

Urteil: Verstoß mit Fahrrad


Fahranfänger in der Probezeit sollten sich auch beim Fahrradfahren vorsehen. Für einen Rotlichtverstoß zum Beispiel riskieren sie die gleichen Folgen wie beim Autofahren. Das Verwaltungsgericht Aachen bestätigte 2013 eine Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde. Eine Radfahrerin, die sich noch in der Probezeit befand, war bei rot über eine Ampel gefahren. Ihre Probezeit für den Führerschein wurde auf vier Jahre verlängert und sie musste zum Aufbauseminar. Zusätzlich musste sie ein Bußgeld zahlen (Beschluss vom 28.11.2013, Az. 3 L 571/13).

Vorzeitiges Ende der Probezeit


Eine vorzeitige Beendigung der Probezeit ist möglich, wenn die Fahrerlaubnis entzogen wird oder der Inhaber der Fahrerlaubnis auf sie verzichtet. In diesen Fällen beginnt mit der Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis eine neue Probezeit zu laufen. Diese umfasst dann jedoch nur die Restdauer der vorherigen Probezeit.

Praxistipp für Fahranfänger


In der Probezeit sollten Fahranfänger besonders vorsichtig fahren. Verstöße gegen Verkehrsregeln führen in dieser Zeit zu härteren Konsequenzen. Hinzu kommen die herkömmlichen Bußgelder und Punkte. Beim gerichtlichen Vorgehen gegen Bußgeldbescheide und behördliche Anordnungen ist ein Fachanwalt für Verkehrsrecht der beste Ansprechpartner.

(Bu)


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 Stephan Buch
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