Krankenhaus: Haben Patienten Anspruch auf ein Einzelzimmer?

12.05.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 4 Min. (14702 mal gelesen)
Betten,Krankenhaus Zweibettzimmer: Weniger erholsam, aber preisgünstiger. © Bu - Anwalt-Suchservice

Hat man wegen Ruhestörungen durch einen Mitpatienten einen Anspruch auf ein Einzelzimmer im Krankenhaus? Und: Wann kann man überhaupt eine Behandlung im Einzelzimmer beanspruchen?

Ein Einzelzimmer im Krankenhaus gilt bei den meisten Patienten als wünschenswert und trägt durchaus zur schnelleren Genesung bei. Immerhin schläft es sich besser ohne einen unruhigen Bettnachbarn. Auch tagsüber hat man mehr Privatsphäre. Häufig sind jedoch Zweibettzimmer Standard. Der Platz im Krankenhaus ist schließlich begrenzt. Unter welchen Umständen kann man als Patient verlangen, in ein Einzelzimmer verlegt zu werden?

Welches Zimmer bekommt man mit einer Standard-Krankenversicherung?


In vielen deutschen Krankenhäusern ist das Zweibettzimmer oder Mehrbettzimmer immer noch Standard. Denn: Gesetzlich Versicherte gehören zu einer Solidargemeinschaft, deren Leistungen sich am Wirtschaftlichkeitsgebot ausrichten. Für sie besteht daher grundsätzlich kein Anspruch auf Unterbringung im teureren Einzelzimmer. Privat Versicherten geht es häufig nicht besser: Bei einem Basistarif ist die Unterbringung im Einzelzimmer nicht mitversichert. Es gibt in der privaten Krankenversicherung jedoch Tarife, in denen diese zusätzlich versichert werden kann.

Was kostet ein Einzelzimmer im Krankenhaus?


In der Regel bieten Krankenhäuser die Unterbringung in einem Einzelzimmer als sogenannte Wahlleistung an. Der Patient muss sie also im Zweifelsfall extra selbst bezahlen. Die Kosten kann das Krankenhaus selbst bestimmen.

Die zuständigen Dachverbände haben dazu eine Empfehlung abgegeben: Der Basispreis für ein Einbettzimmer soll 80 Prozent der Bezugsgröße (also der Kosten bei einem fiktiven Standardbehandlungsfall) des jeweiligen Krankenhauses betragen. Bei einem Zweibettzimmer liegt der Basispreis bei 30 Prozent.

Der Basispreis für ein Einbettzimmer liegt in der Regel bei etwa 150 Euro pro Tag. Dazu kommen jedoch noch Komfortzuschläge für Leistungen wie Balkon oder eigenes Bad.

Wann kann man ein Einzelzimmer beanspruchen?


Es gibt bestimmte Ausnahmefälle, in denen auch ein normal Versicherter im Krankenhaus in ein Einzelzimmer verlegt werden kann. Zum Beispiel kann der behandelnde Arzt eine Unterbringung im Einzelzimmer anordnen, wenn dies medizinisch erforderlich ist. In diesem Fall muss die Kasse auch die Kosten übernehmen. Die Unterbringung im Einbettzimmer wird zum Beispiel dann angeordnet, wenn der betreffende Patient besonders durch Infektionen anderer Patienten gefährdet ist oder von ihm oder ihr selbst ein Infektionsrisiko ausgeht.

Welche Nachteile kann ein Einzelzimmer haben?


Ein Einbettzimmer hat jedoch nicht nur Vorteile. Ein Nachteil ist - besonders bei einem längeren Krankenhausaufenthalt - ein mögliches Gefühl der Isolation durch zu wenig Kontakte zu anderen Menschen. Denkbar ist auch eine stärkere Konzentration auf die eigenen Schmerzen durch mangelnde Ablenkung. Und natürlich spielt auch die finanzielle Mehrbelastung eine gewisse Rolle.

Fall: Einzelzimmer wegen schnarchendem Bettnachbarn?


Auch, wenn sich die Überschrift lustig anhört: Ständige Schlafstörungen sind der Genesung nicht immer zuträglich.

So ging es auch einer 74-jährigen Patientin, die in einem Zweibettzimmer untergebracht war. Ihr Bettnachbar schnarchte nicht nur jede Nacht vernehmlich, sondern beanspruchte auch viel Pflege durch das Personal und bekam viel Besuch von seiner Familie. Durch all dies fühlte sie sich sehr gestört und ließ sich in ein Einzelzimmer verlegen. Ihre gesetzliche Krankenversicherung wollte jedoch die dadurch entstandenen Kosten von rund 1.100 Euro nicht übernehmen. Es kam zum Prozess.

Anspruch auf Einzelzimmer: Wie hat das Sozialgericht entschieden?


Das Gericht hat betont, dass die gesetzliche Krankenkasse nicht verpflichtet ist, die Mehrkosten für ein Einzelzimmer zu übernehmen, wenn es gegen eine Unterbringung im Mehrbettzimmer keine medizinischen Einwände gibt.

Bei den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung müsse das Wirtschaftlichkeitsgebot beachtet werden. Weder der Gesetzgeber noch die Krankenkassen als Körperschaften öffentlichen Rechts hätten eine verfassungsrechtliche Pflicht, für eine stationäre Behandlung im Einzelzimmer zu sorgen.

Im konkreten Fall lägen vorübergehende und eher als geringgradig anzusehende Ruhestörungen vor, die durch die pflegerische Versorgung des Mitpatienten, sein Schnarchen oder durch Angehörigenbesuche auftreten würden. Diese seien für die Bettnachbarin zumutbar. Auch könnten sie in Absprache mit dem Klinikpersonal und dem Mitpatienten auf ein erträgliches Maß begrenzt werden.

Zwar sei es denkbar, dass aufgrund der zunehmenden Individualisierung der Gesellschaft eine stationäre Behandlung in Mehrbettzimmern als Folge eines durch allgemeinen Wohlstand entstandenen Anspruchsdenkens von Patienten zunehmend nicht mehr gewünscht werde. Aber: Es sei nicht die Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung, auf eine solche Entwicklung Rücksicht zu nehmen, indem sie unwirtschaftliche Leistungen anbiete. Dies gelte auch, wenn diese dem Genesungsprozess durch einen ungestörten Klinikaufenthalt in Einzelfällen zuträglich seien.

Daher habe die Patientin keinen Anspruch auf Unterbringung in einem Einzelzimmer - weder nach den Vorschriften des 5. Sozialgesetzbuches (SGB V) noch aus dem Grundgesetz (SG Detmold, 27.5.2014, Az. S 5 KR 138/12).

Was bringt eine private Zusatzversicherung?


Durch eine private Zusatzversicherung sind - je nach Vertrag - Wahlleistungen abgedeckt, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt werden. Dazu gehört auch der Aufpreis für die Unterbringung in einem Einzelzimmer. Zu empfehlen ist eine solche Zusatzversicherung für Patienten, die nicht gerne in einem Zweibettzimmer untergebracht werden möchten oder die zum Beispiel einen besonders leichten Schlaf haben. Auch weitere Wahlleistungen können gegen Aufpreis versichert werden, wie etwa eine Chefarztbehandlung.

Praxistipp


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(Wk)


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 Günter Warkowski
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