Neues BGB-Vertragsrecht bringt neue Regeln für die Gewährleistung

08.07.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 3 Min. (634 mal gelesen)
Sachmängel,Vertragsrecht,Kaufrecht,Gewährleistung Gerade bei Digitalprodukten soll der Verbraucherschutz verbessert werden. © - freepik

Der Bundestag hat Änderungen des Vertragsrechts beschlossen. Auch beim Thema Gewährleistung gibt es Neuerungen - ganz besonders im Bereich digitaler Produkte. Wird der Verbraucherschutz gestärkt?

Bis zum 1. Juli 2021 mussten zwei EU-Richtlinien in deutsches Recht umgesetzt werden: Die europäische Warenkaufrichtlinie und die Richtlinie über digitale Inhalte und Dienstleistungen. Dies ist nun geschehen: Der Bundestag hat Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuches beschlossen, die noch im Juli 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet werden sollen. Für Verträge, die nach dem 1. Januar 2022 abgeschlossen werden, gelten dann einige neue Regeln. So wurde der Begriff des Sachmangels neu definiert - ein zentraler Punkt des Gewährleistungsrechts.

Was war der Anlass für die Änderungen?


Die EU will die Rechte von Verbrauchern stärken - insbesondere beim Warenkauf und beim Erwerb von sogenannten Waren mit digitalen Elementen. Dieser Bereich wird immer wichtiger, der Verbraucherschutz erscheint jedoch oft unzureichend. Ganz neue Regelungen für den Kauf digitaler Inhalte wie Software, Audiodateien oder Videospiele sollen deren Besonderheiten besser berücksichtigen: Hier wurde ein neuer Vertragstyp geschaffen, der Verbrauchervertrag über digitale Inhalte. Auch gibt es besondere Regelungen über digitale Dienstleistungen, etwa Cloud-Dienste oder Streaming-Angebote.

Was ist ein Sachmangel?


Ein Sachmangel bei einem gekauften Gegenstand ist Voraussetzung für verschiedene Rechte des Käufers - umgangssprachlich spricht man hier von Gewährleistung, rechtlich von Sachmängelhaftung. Der Begriff des Sachmangels soll sich nun ändern.

Bisher sagt § 434 BGB: Eine Sache ist mangelfrei, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit keine spezielle Beschaffenheit vereinbart wurde, ist sie mangelfrei, wenn

- sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet oder

- sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.

Künftig muss der Kaufgegenstand den objektiven Anforderungen, den subjektiven Anforderungen und den Montageanforderungen entsprechen.

Subjektive Anforderungen bedeutet: Vereinbarte Beschaffenheit, Eignung für vertraglich vorausgesetzte Verwendung und Übergabe mit vereinbartem Zubehör und vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen.

Objektive Anforderungen bedeutet: Eignung für die gewöhnliche Verwendung, Beschaffenheit wie üblich und vom Käufer zu erwarten, Beschaffenheit entspricht einer vorher übergebenen Warenprobe, zu erwartendes Zubehör (Verpackung, Installationsanleitung etc.) ist dabei.

Die Montageanforderungen sind erfüllt, wenn der Gegenstand sachgemäß montiert wurde oder zwar unsachgemäß montiert ist, dies aber nicht auf Verschulden des Verkäufers oder Mängeln der Anleitung beruht.

Was besagt die neue Update-Pflicht?


Eine Pflicht zu regelmäßigen Updates gilt künftig bei Produkten mit "digitalen Elementen". Dies können etwa Smartphones oder Smartwatches sein, aber auch reine digitale Produkte wie Apps oder E-Books. Generell handelt es sich dabei um Produkte, die ohne digitale Inhalte ihren Zweck nicht erfüllen können.

Allerdings ist kein Zeitraum festgelegt, in dem für Aktualisierungen gesorgt werden muss. Diese müssen nur im "vom Käufer zu erwartenden Zeitraum" erfolgen. Hier haben die Gerichte Arbeit vor sich. Fehlende Updates gelten ebenfalls als Sachmangel.

Ein Kritikpunkt an dieser Regelung ist hier, dass das Gesetz den Verkäufer in die Pflicht nimmt - nicht den Hersteller. Der Verkäufer wird jedoch oft nicht die Möglichkeit haben, für Updates zu sorgen, sodass er diese Pflicht gar nicht erfüllen kann und sich im Ergebnis nichts ändert. Beispiel: Ein deutscher Onlineshop verkauft Smartwatches aus China.

Beweislastumkehr auf ein volles Jahr verlängert


Auch § 477 BGB wird angepasst. Nach dieser Vorschrift trägt bisher in den ersten sechs Monaten nach dem Kauf der Verkäufer die Beweislast dafür, dass die Ware bei Übergabe nicht mangelhaft war. Dieser Zeitraum wird nun auf ein volles Jahr verlängert. Erst nach Ablauf eines vollen Jahres muss der Käufer beweisen, dass die Ware bei Übergabe an ihn fehlerhaft war.

Bei digitalen Elementen gibt es nun eine gesetzliche Vermutung dafür, dass diese, wenn innerhalb von zwei Jahren Mängel auftreten, die gesamte Zeit mangelhaft waren (§ 477 Abs. 2 neu).

Neue Regeln auch für die Garantie


Im Gegensatz zur gesetzlichen Gewährleistung gibt ein Verkäufer eine Garantie freiwillig und zusätzlich. Daher darf er auch die Regeln dafür festlegen. Das Gesetz schreibt nun erstmals vor, wie eine Garantieerklärung auszusehen hat und was darin stehen muss (§ 479 BGB neu).

Praxistipp


Einige der neuen Regelungen werden wenig bringen. Die Update-Pflicht etwa hätte konkreter gefasst werden können. Haben Sie als Verbraucher ein Problem aus dem Bereich der Gewährleistung, insbesondere wegen eines Sachmangels, kann Sie ein Rechtsanwalt für Zivilrecht umfassend beraten.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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