Parkkralle gegen Falschparker auf Privatgelände: Strafbar als Erpressung?

03.03.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Anhänger,Parkkralle Parkkrallen: Was dürfen Abschleppunternehmer und Geschäftsinhaber? © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Zweifelhafte Parkkrallen: Das Anbringen von Parkkrallen an unberechtigt geparkten Autos durch private Grundstückseigentümer bewegt sich in einer rechtlichen Grauzone.

2. Parkkralle gegen Geld: Jedenfalls wenn Parkkrallen allein zum Zwecke des Abkassierens angebracht werden, macht sich der Anbringende wegen Erpressung und Nötigung strafbar.

3. Abschleppvorbereitung: Das Anbringen einer Parkkralle wird nicht dadurch zulässig, dass sie zur vorbereitenden Maßnahme des Abschleppvorgangs erklärt wird.
Die Nutzung von Parkkrallen durch Gemeinden ist nicht ungewöhnlich. Diese dienen nicht nur dazu, Parksünder auf öffentlichem Grund abzuschrecken. Sie werden auch gerne als Druckmittel zur Bezahlung von Steuern und Abgaben genutzt. Parkkrallen kommen manchmal auch durch private Grundstückseigentümer zum Einsatz. Immerhin blockieren Falschparker auch auf privaten Parkplätzen vor Wohnanlagen vermietete Stellplätze oder Parkplätze von Geschäften und sorgen so für Ärger und Umsatzeinbußen. Oft beauftragen gerade Geschäftsinhaber daher Abschleppunternehmen, die ihre Parkplätze überwachen, Autos von Falschparkern abschleppen oder ihnen eben eine Parkkralle verpassen, welche dann nur gegen eine deftige Barzahlung wieder abgenommen wird. Meist tritt bei solchen Verträgen der Grundstückseigentümer seine Ansprüche gegen den Falschparker an das Abschleppunternehmen ab.

Welche Rechte hat der Grundstückseigentümer?


Auf einem Privatgrundstück ist die Polizei nicht für Falschparker zuständig. Beim unberechtigten Abstellen von Fahrzeugen handelt es sich rechtlich um eine Besitzstörung, auch "verbotene Eigenmacht" genannt. Mieter und Eigentümer des jeweiligen Parkplatzes können daher gegen den "Störer" einen Anspruch auf Beseitigung dieser Störung geltend machen. Wenn der Autofahrer nicht am Fahrzeug angetroffen wird, kann das Auto abgeschleppt werden. Bei Kundenparkplätzen ist das Abschleppen auch dann erlaubt, wenn der Falschparker keine anderen Fahrzeuge behindert.

Der Bundesgerichtshof hat sich mehrfach mit solchen Fällen beschäftigt und entschieden, dass die Falschparker die Kosten für das Abschleppen bezahlen müssen - jedoch nur in der ortsüblichen Höhe. Der Abschleppunternehmer kann auch die Kosten einer Vorbereitung der Abschlepparbeiten verlangen, aber nicht anteilige Kosten für die Parkraumüberwachung (Urteil vom 4. Juli 2014, Az. V ZR 229/13). Beliebige horrende Beträge oder fantasievolle Inkassogebühren dürfen also nicht gefordert werden.

Dürfen Parkkrallen privat überhaupt eingesetzt werden?


Der private Einsatz von Parkkrallen ist rechtlich zweifelhaft. Gerichtsurteile vermeiden oft eine klare Aussage dazu, ob sie verwendet werden dürfen.

Klar ist: Sobald der falsch parkende Autofahrer neben seinem Auto steht und anbietet, wegzufahren, sind sie nicht mehr erforderlich - immerhin kann die Besitzstörung durch Wegfahren sofort beseitigt werden. Tatsächlich verlängert eine Parkkralle in diesem Fall die Besitzstörung sogar, indem sie den Falschparker am Wegfahren hindert. Ist der Fahrer erkennbar in der Nähe und kann angesprochen werden, ist ebenfalls eine einfachere Beseitigung der Besitzstörung möglich. Dann darf das Fahrzeug nicht ohne Weiteres abgeschleppt oder mit Parkkrallen vor Ort festgehalten werden.

Das Amtsgericht Augsburg verurteilte aus genau diesen Gründen einen "Parkraumüberwacher" gleich in mehreren Verfahren zur Rückzahlung von je 100 Euro, die er für das Entfernen von Parkkrallen von Falschparkern auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums gefordert hatte (Urteile vom 26.1.2010, Az. 17 C 4888/09 und vom 3.3.2010, Az. 17 C 108/10). In einem Fall war dem Fahrer mündlich vorher versichert worden, er dürfe hier kurz halten.

Parkkrallen entfernen gegen Geld: Strafbare Erpressung?


2010 befasste sich auch das Landgericht Augsburg mit wohl dem gleichen Unternehmen, das mit der "Parkraumüberwachung" an einem Ärztehaus beauftragt worden war. Hier wurden sogenannte "Rangierroller" an geparkten Autos befestigt und diese nur gegen Barzahlung von 100 Euro vor Ort wieder entfernt. Dem Unternehmen war es bei dieser Tätigkeit offenbar ziemlich gleich, ob es sich um echte Falschparker handelte. Manchmal schlichen sich die Mitarbeiter sogar an Autos mit darin sitzenden Insassen oder laufendem Motor an, um unbemerkt die Kralle zu befestigen. Manchmal wurden wegfahrende Autos durch einen Abschlepp-LKW blockiert. Ein Fall betraf sogar ein Feuerwehrauto, das sich in einem Tierrettungseinsatz befand.

Das Gericht verurteilte den Unternehmer und seine Mitarbeiter wegen Erpressung, Nötigung und Beleidigung in diversen Fällen zu Freiheitsstrafen. Der Unternehmer bekam viereinhalb Jahre Freiheitsstrafe ohne Bewährung (LG Augsburg, Urteil vom 10. Mai 2010, Az. 1 KLs 601).

Parkkrallen als Teil der Abschleppvorbereitung?


Das Landgericht Hanau entschied ebenfalls über einen solchen Vorgang. Ein Hotelier hatte selbst Parkkrallen an falsch geparkten Autos vor seinem Hotel befestigt. Damit wollte er diese bis zum Eintreffen des Abschleppdienstes festhalten, damit sie zumindest die Anfahrt des Abschleppers zahlen mussten. Betroffen war auch ein Altenpflegedienst. Das Gericht betrachtete dieses Vorgehen als unzulässig. Das Befestigen einer Parkkralle werde nicht dadurch zulässig, dass man sie zum Bestandteil des Abschleppvorgangs erkläre. Hier wurde das Verfahren gegen Zahlung von 2.500 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung eingestellt.

Keine Erpressung, wenn die Strafbarkeit nicht erkannt wurde?


Mit der "Parkraumüberwachung" befasste sich Ende 2016 auch der Bundesgerichtshof. Es ging dabei um einen Unternehmer, der zwischen 2008 und 2012 Supermarktbetreibern seine Dienste angeboten hatte. Von ihm aufgestellte Schilder auf den Parkplätzen drohten mit dem Abschleppen von Falschparkern. Der Unternehmer nahm die Parkkrallen von falsch geparkten Autos erst gegen Zahlung wieder ab. Andere Falschparker bekamen ihre abgeschleppten oder umgesetzten Autos erst nach Bezahlung der Kosten zurück. Allerdings waren in diesen Fällen überwiegend echte Falschparker betroffen, die sich zum Teil ausdrücklich geweigert hatten, ihre Autos wegzufahren.

Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung des Landgerichts München als Vorinstanz. Er entschied, dass sich der Unternehmer nicht wegen Erpressung strafbar gemacht hatte. Dieser habe sich in einem sogenannten Verbotsirrtum befunden. Das bedeutet: Er war davon überzeugt, dass sein Handeln rechtlich in Ordnung war. Der Mann habe außerdem keine überhöhten Beträge gefordert.

Den angeklagten Unternehmer sprach der Bundesgerichtshof also nicht deshalb frei, weil das Anbringen von Parkkrallen an falsch geparkten Autos generell zulässig wäre – dazu gab es auch hier keine klare Aussage. Der Freispruch beruhte darauf, dass es an einem Tatvorsatz für eine strafbare Handlung fehlte (Urteil vom 21. Dezember 2016, Az. 1 StR 253/15). Das Landgericht München hatte betont, dass es das Anbringen von Parkkrallen nicht für zulässig halte. Es sah hier jedoch auch keine vorsätzliche Erpressung.

Allerdings hob der Bundesgerichtshof den Freispruch des Unternehmers in einem Fall auf, in dem er einen überhöhten Betrag verlangt hatte, welcher nicht den ortsüblichen Abschleppkosten entsprach.

Praxistipp zum Anbringen von Parkkrallen


Das Geschäftsmodell der Vergabe einer Parkplatzüberwachung an einen Abschleppunternehmer, der abgetretene Ansprüche des Eigentümers wahrnimmt, ist grundsätzlich zulässig. Es kommt jedoch rechtlich sehr darauf an, wie es im Einzelfall umgesetzt wird. Nicht selten gehen entsprechende Unternehmer zu weit und riskieren zumindest eine Strafbarkeit wegen Nötigung, ggf. auch wegen Erpressung. Dies gilt in besonderem Maße beim Anbringen von Parkkrallen. Betroffene Autofahrer sollten sich für eine einzelfallbezogene Beratung an einen Fachanwalt für Verkehrsrecht wenden.

(Bu)


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 Stephan Buch
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