Wann ist Werbung unlauter und damit verboten?

21.02.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 4 Min. (774 mal gelesen)
Mann,kreuzt,Finger,hinter,Rücken Darf in der Werbung gelogen werden? © fr - freepik

Für unlautere Werbung um Kunden riskieren Gewerbetreibende eine teure Abmahnung. Eine Vielzahl von Gerichtsurteilen befasst sich mit der Frage, was unlautere Werbung eigentlich ist.

Von unlauterer Werbung hört man immer wieder. Allerdings können Privatpersonen dagegen wenig tun. Konkurrenten können die betreffenden Unternehmen abmahnen oder, wenn dies nichts nützt, eine Unterlassungsklage einreichen. Aber auch Wettbewerbsvereine und Verbraucherverbände mahnen wegen unlauterer Werbung ab - manchmal auch nach Beschwerden von Verbrauchern.

Was ist unlautere Werbung?


Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) regelt, was unlautere Werbung ist und untersagt sie. Nach § 3 Absatz 1 UWG sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig. Nach § 3 Absatz 2 UWG sind geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern nicht erlaubt, wenn sie

- nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen
und
- dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

Maßstab ist bei letzterem ein durchschnittlicher Verbraucher.

Beispiele für unzulässige Werbung


Um zumindest etwas konkreter zu werden, nennt der Gesetzgeber im Anhang des UWG Handlungen, die immer unzulässig sind.

Generell unzulässig in der Werbung ist zum Beispiel die Aussage, man hätte einen Verhaltenskodex unterschrieben, obwohl dies gar nicht stimmt. Dies gilt auch für die Nutzung von Gütesiegeln, Qualitätszeichen etc. ohne Berechtigung.

Auch die unwahre Angabe, dass ein bestimmter Verhaltenskodex behördlich gebilligt sei, ist unzulässig.

Waren oder Dienstleistungen dürfen generell nicht als von Behörden gebilligt dargestellt werden, wenn dem nicht so ist.

Wenn ein Unternehmen eine Ware zu einem besonders günstigen Preis voraussichtlich nicht für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Menge vorrätig hat, muss es seine Kunden darauf hinweisen. Ansonsten darf es nicht mit dem günstigen Preis werben. Reicht der Vorrat für weniger als zwei Tage, muss der Unternehmer die Angemessenheit im Streitfall selbst nachweisen.

Unlauter ist es auch, den Kunden fälschlicherweise weiszumachen, eine bestimmte Ware oder Dienstleistung sei nur für eine begrenzte Zeit verfügbar, damit diese ohne große Überlegung sofort kaufen.

Eine unlautere Irreführung des Verbrauchers kann übrigens auch darin liegen, dass ein Verkäufer auf einer Onlineplattform die Kunden nicht darauf hinweist, dass er gewerbsmäßig handelt und ihnen vorspielt, er sei ein Privatmann und müsse daher kein Widerrufsrecht einräumen.

Wie entscheiden die Gerichte zur unzulässigen Werbung? Eine Beispiele finden Sie hier:
Unzulässige Werbung: Wie urteilen die Gerichte?

Was sagt der EuGH zur Irreführung von Verbrauchern?


Dem Europäischen Gerichtshof zufolge ist jede Werbeaussage, die objektiv gesehen falsch ist und damit den Verbraucher in die Irre führt, unlautere Werbung. Dies gilt selbst dann, wenn der Werbende sich sorgfältig abgesichert hat und der Meinung war, alles richtigzumachen. Hier waren zwei Reisebüros aus Österreich im Streit.

Eines vermittelte Skireisen für britische Schulklassen und hatte im Prospekt behauptet, dass nur über dieses Reisebüro Zimmer in einem bestimmten Hotel gebucht werden könnten. Diese Exklusivität hatte sich das Reisebüro zuvor vom Hotel ausdrücklich zusichern lassen: Nur: Das Hotel hatte gelogen und auch Buchungen von einem anderen Reisebüro angenommen. Dieses hielt nun die Werbung des ersten für wettbewerbswidrig – und bekam Recht (EuGH, 19.09.2013, Rs. C-435/11). Fazit: Nach dem EuGH ist nur entscheidend, ob eine Aussage falsch ist – nicht, ob der Werbende etwas dafür kann. Ist sie falsch, kann er zum Ziel einer Abmahnung werden und muss ggf. eine Unterlassungserklärung unterschreiben.

Die Folgen: Abmahnung und Unterlassungsklage


Wettbewerber – also im Prinzip Konkurrenten im gleichen Marktsegment in Deutschland – können Verstöße gegen diese Regeln abmahnen. Dies gilt auch für bestimmte dazu berechtigte Verbände und Organisationen (IHK, Verbraucherverbände, Wettbewerbsvereine). Dieses Recht haben Verbraucher nicht.

Eine Abmahnung durch einen Konkurrenten wird in der Regel durch dessen Rechtsanwalt vorgenommen. Sie ist daher mit Gebührenforderungen an den Abgemahnten verbunden. Im Rahmen der Abmahnung wird von ihm verlangt, innerhalb einer kurzen Frist – meist einer Woche – eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Strafbewehrt bedeutet: Bei jedem weiteren Verstoß wird eine erhebliche Vertragsstrafe in Geld fällig.

Unterzeichnet der Adressat der Abmahnung die Unterlassungserklärung nicht, wird oft ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren oder eine Unterlassungsklage gegen ihn eingeleitet. Damit kommen weitere erhebliche Kosten auf den Abgemahnten zu.

Hohe Beträge: Gegenstandswert im Wettbewerbsrecht


Rechtsanwälte nehmen für eine Abmahnung meist eine 1,3-fache Gebühr. Die genaue Höhe der Gebühr richtet sich nach dem Gegenstandswert. Dieser orientiert sich am wirtschaftlichen Interesse des Abmahners und nicht am möglichen Gewinn des Abgemahnten. Auch die wirtschaftliche Situation des Abgemahnten spielt in der Regel keine Rolle.

Bei den zuständigen Fachgerichten haben sich Durchschnittswerte für den Gegenstandswert eingebürgert. Bei Streitigkeiten in Sachen unlauterer Wettbewerb liegt dieser in der Regel zwischen 10.000 und 50.000 Euro. Höhere Streitwerte sind möglich. Bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann der Streitwert mit der Zahl der Gesellschafter steigen.

Beispiele: Das Landgericht Bremen setzte den Streitwert bei zehn wettbewerbsrechtlichen Verstößen eines Ebay-Händlers (Formulierungen in AGB und Widerrufserklärung) auf 30.000 Euro fest (Az. 12 O 52/09). Für das Landgericht Essen waren bereits fünf Verstöße in Widerrufserklärung und AGB eines Ebay-Händlers für den gleichen Streitwert ausreichend (Az. 45 O 81/08).

Bei einem Gegenstandswert von 10.000 Euro würden die Abmahnkosten 887,03 Euro betragen. Bei einem Gegenstandswert von 30.000 Euro wären es 1.358,86 Euro (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz 2021).

Wettbewerbsvereine und IHK erheben für Abmahnungen Pauschalgebühren, die unter den Gebühren von Rechtsanwälten liegen.

Praxistipp zur unlauteren Werbung


Unlautere Werbung ist zwar verboten, kommt aber oft vor - nicht selten aus Unkenntnis. Sind Sie von einer Abmahnung betroffen oder wird von Ihnen eine Unterlassungserklärung verlangt? Dann sollten Sie sich von einem Anwalt mit dem Fachgebiet gewerblicher Rechtsschutz beraten lassen. Oft kann die Unterlassungserklärung modifiziert werden, um allzu große Nachteile oder überhöhte Vertragsstrafen zu vermeiden.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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