Videoüberwachung von Haus und Grundstück: Was ist erlaubt?

12.03.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 6 Min. (3645 mal gelesen)
Grundstücksüberwachung,Sicherheitskameras,Videoüberwachung Sicherheitskameras überwachen ein Grundstück. © - freepik
Das Wichtigste in Kürze

1. Datenschutz und Information: Die Videoüberwachung muss den Datenschutzrichtlinien entsprechen. Personen, die das überwachte Grundstück betreten, müssen in geeigneter Form auf die Videoüberwachung hingewiesen werden.

2. Verhältnismäßigkeit und Zweck: Die Überwachung muss einem legitimen Zweck dienen, also insbesondere der Sicherheit. Das bedeutet, es darf grundsätzlich nur das eigene Grundstück erfasst werden und nicht etwa angrenzende öffentliche Bereiche oder Nachbargrundstücke.

3. Speicherung und Zugriff: Die gesammelten Videoaufnahmen dürfen nur für einen begrenzten Zeitraum gespeichert werden. Die Aufzeichnungen müssen so gesichert sein, dass sie vor unbefugtem Zugriff geschützt sind.
Viele Grundstückseigentümer statten Haus und Garten zum Zwecke der Videoüberwachung mit Sicherheitskameras aus. Grund sind oft schlechte Erfahrungen mit Einbrechern und Vandalen. Allerdings müssen bei allem Sicherheitsbedürfnis auch die Rechte von Passanten und Nachbarn beachtet werden. Schließlich möchte niemand auf Schritt und Tritt von Sicherheitskameras beobachtet und gefilmt werden. Oft lässt es sich jedoch bei der Installation von Sicherheitskameras kaum vermeiden, dass diese auch Bereiche außerhalb des eigenen Privatgrundstücks aufnehmen.

Was ist bei der Grundstücksüberwachung erlaubt?


Man darf auf seinem eigenen Grundstück grundsätzlich machen, was man will. Dies gilt auch für das Anbringen von Überwachungskameras. Aber: Wie bei allen anderen Dingen gibt es auch hier eine Einschränkung: Die Rechte anderer Leute dürfen nicht verletzt werden. Dabei geht es in erster Linie um das vom Grundgesetz geschützte Persönlichkeitsrecht. Eine Videoüberwachung von Haus und Grundstück verletzt in der Regel dann fremde Rechte, wenn

- sie auch öffentliche Wege erfasst,
- Eingang oder Zuweg zum Nachbarhaus mit überwacht werden,
- die Kamera den Eingangsbereich eines Mehrfamilienhauses abdeckt,
- das Nachbargrundstück im Blickwinkel der Sicherheitskamera liegt.

Wie lange darf man Überwachungsaufnahmen speichern?


Das Verwaltungsgericht Hannover hat entschieden, dass personenbezogene Daten nicht länger gespeichert werden dürfen, als dies für die Zwecke, für die sie verarbeitet wurden, erforderlich ist. Dabei ging es um eine 24 Stunden am Tag geöffnete ländliche Selbstbedienungs-Tankstelle mit Ladengeschäft. Treibstoff konnte dort nur mit Karte an einem Zentralterminal bezahlt werden. Im Geschäft und im Außenbereich waren ohne Hinweisschilder Videokameras montiert. Deren Aufnahmen wurden sechs bis acht Wochen lang gespeichert und dann mit neuen Videos überschrieben.

Nach Beschwerden von Kunden ordnete die Datenschutzbehörde unter anderem an, die Videoaufzeichnungen spätestens nach 72 Stunden zu löschen, mit möglichen Ausnahmen für Feiertage. Der Tankstellenbetreiber befürchtete, dass es dadurch zu mehr Sachbeschädigungen kommen würde. Das Verwaltungsgericht sah jedoch die Anordnung als rechtmäßig an.

Hier kämen nicht die Regeln der DSGVO für öffentliche Stellen zur Anwendung, sondern die für private Videoüberwachung. Allein zulässiger Zweck sei hier die Verhinderung von Vandalismus und Straftaten. Dafür reiche eine Speicherung von 72 Stunden aus. Fänden tatsächlich Straftaten statt, dürften die Videos auch länger aufgehoben werden. Die 72 Stunden wurden den "Guidelines" der Europäischen Datenschutzaufsicht entnommen (Urteil vom 13.3.2023, Az. 10 A 1443/19).

Welche Rechte der Nachbarn können durch Videoüberwachung verletzt sein?


Hauptsächlich kann eine Videoüberwachung das Recht der informationellen Selbstbestimmung der Nachbarn verletzen. Dieses wird aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitet. Es besagt im Klartext: Grundsätzlich muss niemand dulden, dass jemand anderes Videos von ihm anfertigt – ganz unabhängig von deren Veröffentlichung. Dies hat der Bundesgerichtshof schon am 25.4.1994 entschieden (Az. VI ZR 272/94).

Bei Streitigkeiten unter Nachbarn um Aufnahmen einer Überwachungskamera muss jedoch eine Interessenabwägung stattfinden. Es können ja auf beiden Seiten geschützte Rechtsgüter betroffen sein. Dann fragt es sich, wessen Interessen und vom Grundgesetz geschützte Rechte schwerer wiegen: das Persönlichkeitsrecht des Nachbarn oder das des Hauseigentümers auf mehr Sicherheit und Identifizierung möglicher Einbrecher? Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Das Ergebnis hängt immer vom Einzelfall ab. So spielt es eine Rolle, ob es bereits Straftaten gegeben hat und ob weitere zu befürchten sind, die eine Videoüberwachung verhindern oder aufklären könnte.

Videoüberwachung: Was ist das Recht am eigenen Bild?


Videoaufnahmen auf einem Privatgrundstück können auch das Recht am eigenen Bild verletzen. Dieses im Kunsturheberrechtsgesetz geregelte Recht ist jedoch nur dann betroffen, wenn Bilder von einer Person ohne deren Erlaubnis veröffentlicht oder verbreitet werden. Ohne Einwilligung der gefilmten Person ist dies sogar eine Straftat, auf die eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr stehen.

Wann sind Videoaufnahmen im Privatbereich illegal?


Eindeutig um eine Straftat handelt es sich, wenn mittels Videoüberwachung in einen vor Blicken geschützten Privatbereich des Nachbarn hinein gefilmt wird – zum Beispiel in dessen Wohn- oder Schlafzimmer. Dann droht nach § 201a Strafgesetzbuch auch ohne Veröffentlichung oder Verbreitung von Aufnahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe. Das heißt: Eine Sicherheitskamera zum Beispiel oben an einer Hauswand darf keinesfalls über die Hecke in den Garten des Nachbarn hinein filmen - oder dessen Fenster "überwachen".

Welche Grenzen hat die Videoüberwachung von Privatgrundstücken?


Dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 16.3.2010 zufolge ist bei der Installation von Überwachungskameras auf einem Privatgrundstück dafür zu sorgen, dass weder der angrenzende öffentliche Bereich noch benachbarte Privatgrundstücke oder der gemeinsame Zugang zu diesen gefilmt werden (Az. VI ZR 176/09). Ausnahme: Es gibt ein das Persönlichkeitsrecht der Nachbarn überwiegendes Interesse des Betreibers der Videokamera an der Überwachung. Im konkreten Fall waren sieben Sicherheitskameras installiert worden. Diese erfassten zwar nicht das Nachbargrundstück, hätten es aber nach manueller Änderung des Einstellwinkels erfassen können. Die Richter sahen jedoch eine rein hypothetische Möglichkeit, gefilmt zu werden, nicht als Rechtsverletzung an – zumal man auf eine Leiter hätte steigen müssen, um die Einstellwinkel der Überwachungskameras zu ändern.

Update vom 12.3.2024: Überwachung durch Wildkamera?


Das Amtsgericht München hat entschieden, dass auch eine Wildkamera eine unzulässige Videoüberwachung darstellen kann. Eine solche Kamera - die Bewegungen registriert und dann ein Foto auslöst - war auf einem Grundstück mit Blickrichtung zum Nachbargrundstück aufgestellt worden. Die Nachbarin erwirkte dagegen eine einstweilige Verfügung. Die mit ihr zerstrittene Grundstückseigentümerin mit der Kamera brachte dagegen vor, dass diese nur den eigenen Garten überwachen solle, und nicht das Nachbargrundstück. Das Gericht erklärte dazu, dass zwar die rein hypothetische Möglichkeit einer Überwachung nicht das Persönlichkeitsrecht von Nachbarn verletze. Erscheine jedoch die Vermutung, durch vorhandene Überwachungsgeräte beobachtet zu werden, nachvollziehbar, weil es zum Beispiel bereits einen eskalierenden Nachbarschaftsstreit gebe, könne das Persönlichkeitsrecht des Nachbarn schon durch den Verdacht einer Überwachung beeinträchtigt sein. Dies sei nur dann ausgeschlossen, wenn die Kamera nachweislich das Nachbargrundsatück nicht erfassen könne. In diesem Fall war genau das nicht auszuschließen - und das Gericht bestätigte die einstweilige Verfügung, nach der die Kamera zu entfernen und keine neue aufzustellen sei (Beschluss vom 1.2.2023, Az. 171 C 11188/22).

Grenzfall: Mieter ohne Zutritt zum überwachten Garten


Das Landgericht Saarbrücken entschied im Oktober 2023, dass eine Überwachung des Nachbargartens im Ausnahmefall zulässig sein kann. Hier hatte ein Hauseigentümer mehrere Kameras aufgehängt. Diese erfassten auch den Garten des Nachbarhauses. Der Grund: Der Erdgeschossmieter des Nachbarhauses hatte ihn angeblich wiederholt belästigt. Genau dieser Mieter zog nun vor Gericht, um die Überwachung zu unterbinden.

Das Gericht entschied, dass die Kameras nicht entfernt werden müssten. Zunächst einmal stünde hier das mildere Mittel zur Verfügung, nur deren Einstellwinkel zu verändern. Zweitens sei das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers gar nicht betroffen: Dieser hatte den Garten nämlich nicht mitgemietet und hatte gar kein Recht, sich darin aufzuhalten. Anders, als der Mieter selbst, hatte seine Vermieterin nichts gegen die vom Nachbarhaus ausgehende Überwachung. Daher konnte der klagende Mieter hier die Videoüberwachung nicht unterbinden (Urteil vom 13.10.2023, Az. 13 S 32/23).

Sicherheitskameras: Was gilt in der Wohnungseigentümergemeinschaft?


Wohnungseigentümer dürfen ihr Sondereigentum durchaus per Videokamera überwachen – aber nur, wenn sich die Videoüberwachung auf ihr jeweiliges Sondereigentum beschränkt. Ihre Sicherheitskameras dürfen also weder das Sondereigentum anderer Eigentümer noch Gemeinschaftsflächen mit erfassen. Auch dazu hat der Bundesgerichtshof schon entschieden (Urteil vom 21.10.2011, Az. V ZR 265/10).

Stellt der Einbau einer Überwachungskamera in einem gemeinschaftlich genutzten Bereich (z. B. Klingelschilder) eine bauliche Veränderung im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) dar, muss dies grundsätzlich per Mehrheitsbeschluss der Eigentümerversammlung genehmigt werden. Immerhin haben Eigentümer inzwischen nach § 20 Abs. 2 WEG das Recht, bauliche Veränderungen zu verlangen, die dem Einbruchsschutz dienen. Dies betrifft auch die Videoüberwachung. Dann kann die Eigentümerversammlung nur noch über die Ausgestaltung entscheiden.

Darf man einen kleinen Gehwegbereich per Video überwachen?


Das Amtsgericht München hat sich mit einem Fall beschäftigt, in dem ein Hauseigentümer eine Sicherheitskamera am Dachfenster seines Hauses installiert hatte. Vorher hatten ihm Unbekannte eine Fensterscheibe eingeworfen, auch hatte er Angst um seine Garten-Modelleisenbahn im Wert von 8.000 Euro. Die Überwachungskamera erfasste jedoch außer dem Eingangsbereich seines Grundstücks auch einen schmalen Streifen des Gehwegs davor.

Eingerichtet hatte der Mann die Videoüberwachung erst nach Rücksprache mit dem Bayerischen Landesamt für Datenschutzaufsicht und der örtlichen Polizei, welche auch persönlich das Aufzeichnungsfeld der Kamera geprüft hatte. Es gab nämlich bereits Streit mit dem Nachbarn wegen anderer Punkte, und man wollte sich absichern.

Das Gericht sah das Erfassen eines kleinen Gehwegbereichs vor dem Grundstückseingang des Nachbarn in diesem Fall als legal an. Dessen Rechte würden nur sehr geringfügig beeinträchtigt. Aufseiten des Kameraeigentümers habe es dagegen schon Sachbeschädigungen gegeben. Dass beide Nachbarn sich aus diversen Gründen vor Gericht stritten, reichte für das Gericht nicht aus, um eine gezielte Videoüberwachung des Nachbarn zu vermuten (Urteil vom 20.3.2015, Az. 191 C 23903/14).

Praxistipp zur Videoüberwachung auf dem Privatgrundstück


Immer mehr Haus- und Wohnungseigentümer bringen Sicherheitskameras an ihren Häusern an. Wenn es um die Videoüberwachung zum Streit mit Nachbarn oder Passanten kommt, muss genau geprüft werden, ob deren Rechte durch die Videoüberwachung verletzt sind und wessen Rechte im Einzelfall schwerer wiegen. Ein Rechtsanwalt für Zivilrecht kann Sie hier kompetent beraten.

(Bu)


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 Stephan Buch
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