Motorradsaison beginnt: Was Motorradfahrer jetzt wissen sollten

06.05.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Motorrad,Helm,Schutzkleidung,Motorradunfall Motorrad: Fahrspaß und Sicherheit schließen sich nicht aus. © Rh - Anwalt-Suchservice

Auch Motorradfahrer haben einige verkehrsrechtliche Vorschriften zu beachten. In erster Linie geht es dabei um ihre eigene Sicherheit – dies betrifft etwa Reifen, Helme und die Ausstattung der Maschine.

Endlich wieder Motorradfahren! Schnell ist das Bike wieder fit gemacht - die Saison läuft. Aber: Hat man wirklich an alles gedacht? Sind die Reifen noch gut genug, taugen Schutzkleidung und Helm wirklich als Schutz, falls doch einmal etwas passiert? Wenn nicht, kann dies zu allem Übel auch noch Einfluss auf die Haftungsfrage haben. Und: Was muss man Besonderes wissen, wenn ein Sozius oder eine Sozia mitfährt?

Wie lange halten Motorradreifen?


Die Dekra hat 2010 eine Reihe von Unfallmaschinen untersucht und die Ergebnisse in einem Report zur Verkehrssicherheit von Motorrädern zusammengefasst. Bei knapp der Hälfte der Motorräder wurden abgefahrene Reifen oder ein zu geringer Reifendruck festgestellt. Dies zeigt: Den Reifen wird viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.

Zur Vorbeugung vor Unfällen sollten Motorradfahrer ihre Reifen regelmäßig auf Luftdruck, Profil, unregelmäßige Abnutzung und Beschädigungen prüfen. Die Verschleißgrenze ist bei einer Profiltiefe von 1,6 mm erreicht. Eine feste Altersgrenze, wann Reifen ausgemustert werden müssen, gibt es nicht. Denn: Ihr Zustand hängt von zu vielen Faktoren ab.

Eine Empfehlung lautet, die Motorradreifen nach fünf Jahren in einer Werkstatt prüfen zu lassen. Nach zehn Jahren gelten sie als reif für die Ausmusterung. Das Alter der Reifen ist aus der auf der Seitenwand angebrachten DOT-Nummer abzulesen. Dies ist eine auf die Reifen geprägte vierstellige Zahl, die seit 2001 verwendet wird. Sie zeigt die Produktionswoche und das Produktionsjahr an. 2319 bedeutet beispielsweise die 23. Produktionswoche des Jahres 2019.

Gibt es eine Winterreifenpflicht auch für Motorräder?


Seit 2010 gilt in Deutschland für alle Kraftfahrzeuge eine witterungsabhängige Winterreifenpflicht. Das heißt nichts anderes, als dass bei winterlichem Wetter für den Winter geeignete Reifen aufgezogen sein müssen. Der Bundesrat hat jedoch am 10. März 2017 beschlossen, diese Pflicht für Motorräder wieder abzuschaffen. Denn: Im Winter fährt sowieso kaum jemand Motorrad – und Winterreifen für Zweiräder sind im Handel kaum zu finden. Nach § 2 Abs. 3a Nr. 2 der Straßenverkehrsordnung (StVO), in Kraft seit 1. Juni 2017, sind daher einspurige Fahrzeuge, wie Motorräder, von der Winterreifenpflicht ausgenommen.

Welche Folgen haben unsichere Reifen?


Mal abgesehen mal von der erhöhten Unfallgefahr: Wer mit Motorradreifen unterwegs ist, die kein ausreichendes Profil mehr haben, riskiert auch ein Bußgeld. Grundsätzlich sind es 60 Euro, 75 Euro bei Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, 90 Euro bei einem Unfall. Dazu gibt es jeweils noch einen Punkt in Flensburg. Wer durch unsichere Reifen an seinem Motorrad einen Unfall verursacht, hat außerdem mit Einschränkungen beim Versicherungsschutz zu rechnen. Das Oberlandesgericht Koblenz hat dies bei der Kaskoversicherung davon abhängig gemacht, ob der Unfall wirklich durch ein unzureichendes Reifenprofil verursacht wurde. In diesem Fall ist die Vollkaskoversicherung leistungsfrei (Az. 10 U 253/08).

Was muss man zur Helmpflicht wissen?


Helme sind wichtig, denn ein Motorrad hat keine Knautschzone. Wer auf einem Kraftrad mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 20 km/h unterwegs ist, muss nach § 21a StVO einen „geeigneten“ Helm tragen. Die Helmpflicht gilt für Fahrer und Beifahrer. Aber: Was bedeutet "geeignet"?

Nicht „geeignet“ sind auf jeden Fall Radfahrerhelme, Arbeitshelme etwa für Bauarbeiter, Feuerwehrhelme oder Militärhelme. Alle diese Helme gewährleisten keinen ausreichenden Schutz. Nach Ansicht der Behörden sind auch sogenannte Braincaps, die Gesicht, Ohren und Kinn freilassen, zu unsicher und nicht geeignet.

Als geeignet gelten jedoch Helme mit ECE-Einnäher (Economic Commission of Europe). Maßgeblich ist dafür die Norm ECE-R 22.05. Wenn ein Helm so gekennzeichnet ist, entspricht er bestimmten Mindestanforderungen – und hält auch bestimmte Belastungen aus. Helme können jedoch auch ohne ECE-Prüfung zulässig sein. Voraussetzung ist, dass sie aufgrund ihrer Bauart als Motorrad-Helme geeignet sind. Dies wird dann jeweils im Einzelfall beurteilt.

Welche Strafen drohen bei Helm-Verstößen?


Wird man mit einem ungeeigneten Helm von der Polizei angehalten, ist die Folge oft nur ein Verwarnungsgeld von 15 Euro. Allerdings kann auch die Weiterfahrt ohne geeigneten Helm untersagt werden. Wer jedoch ein Kind ohne geeigneten Helm mitnimmt, zahlt bereits 60 Euro Bußgeld und bekommt einen Punkt in Flensburg. Auch in solchen Fällen kann die Versicherung nach einem Unfall ihre Leistungen kürzen – sogar, wenn man diesen nicht verschuldet hat (z. B. Landgericht Köln, Az. 18 O 148/08).

Welche gesetzlichen Vorgaben gibt es für Schutzkleidung?


Asphalt und Haut sind keine gute Kombination. Vor schweren Verletzungen schützen Lederjacke, Motorradhose und Handschuhe mit Protektoren sowie gute Motorradstiefel. Allerdings gibt es keine gesetzliche Pflicht, besondere Schutzkleidung zu tragen.

Man sollte jedoch wissen: Nach einem Verkehrsunfall spricht ein Gericht oft nicht einer Partei die Alleinschuld zu. Meist kommt es zu einer Aufteilung der Schuld und auch des Schadens. Motorradfahrer, die ohne geeignete Schutzkleidung verunglückt sind, müssen damit rechnen, dass man ihnen ein erhebliches Mitverschulden an ihren Verletzungen zuschreibt. Dies gilt zumindest, wenn die Verletzungen mit geeigneter Schutzkleidung weniger schwer gewesen wären (Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 20.02.2006, Az. I-1 U 137/05). Auch bei einem unverschuldeten Unfall kann unzureichende Schutzkleidung also zu einem weit geringeren Schmerzensgeld führen.

Auspuff und Sound: Wie laut darf ein Motorrad sein?


Nach der am 1.1.2016 in Kraft getretenen EU-Verordnung UNECE-R 41.04 hängt dies vom Leistung-Masse-Verhältnis der Maschine ab. Die Grenzwerte für neu zugelassene Maschinen liegen zwischen 73 und 77 dB(A). Allerdings gibt es für ältere Fahrzeuge einen Bestandsschutz, hier gelten die früheren Regelungen weiter.

Was ist beim Tuning erlaubt?


Man unterscheidet beim Tuning zwischen Soundtuning, optischem Tuning und Leistungstuning. Sämtliche Änderungen müssen regelkonform sein. Ansonsten droht ein Erlöschen der Betriebserlaubnis der Maschine. Hier geht es also nicht nur um ein Bußgeld, sondern man darf nach einer Kontrolle auch nicht mehr weiterfahren.

Erlaubt sind nur Zubehörteile mit einer ABE bzw. einer EU-Typengenehmigung. Diese erkennt man an der E-Nummer auf dem jeweiligen Teil. Ansonsten ist es auch möglich, bei der Prüfstelle eine Einzelbetriebserlaubnis zu beantragen. Unzulässig sind generell Umbauten, mit deren Hilfe Schadstoff- oder Lärmgrenzwerte umgangen werden sollen, etwa Änderungen am Auspuff. Wenn die Zulässigkeit von Zubehörteilen mit einem Teilegutachten nachgewiesen wird, kann die Zulassungsbehörde diese in der Zulassungsbescheinigung Teil I nachträglich eintragen.

Was muss man beachten, wenn ein Sozius mitfährt?


Wenn auf einem Motorrad ein Beifahrer oder eine Beifahrerin mitfahren soll, muss nach § 35a Abs. 9 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) für diese ein Sitz vorhanden sein. Wer ein Kind unter sieben Jahren mitnimmt, muss für das Kind einen besonderen Sitz haben. Durch Radverkleidungen muss dafür gesorgt sein, dass die Füße des Kindes nicht in die Speichen bzw. Räder geraten. Außerdem sind nach § 61 StVZO generell für Beifahrer Fußstützen und eine Festhaltemöglichkeit vorgeschrieben.

Praxistipp für Motorradfahrer


Es lohnt sich, vor dem Start in die Saison den einen oder anderen Gedanken auf Sicherheit und Ausstattung von Maschine und Fahrer zu verwenden. So kann man das Risiko schwerer Verletzungen bei einem Motorradunfall deutlich verringern. Haben Sie ein Rechtsproblem im Zusammenhang mit dem Motorrad, ist ein Fachanwalt für Verkehrsrecht der beste Ansprechpartner.

(Bu)


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 Stephan Buch
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