Was ist die sog. Differenzbesteuerung bzw. Differenzsteuer bei der Schadensregulierung im Falle eines Totalschadens?

11.03.2024, Autor: Herr Daniel Tabaka / Lesedauer ca. 3 Min. (75 mal gelesen)
Im Falle eines Totalschadens erhält der Unfallgeschädigte den sog. Wiederbeschaffungsaufwand ersetzt, d.h. die Differenz zwischen dem Restwert, der seinem totalbeschädigten Fahrzeug noch zukommt, und dem sog. Wiederbeschaffungswert, d.h. dem Wert für ein vergleichbares Ersatzfahrzeug.

Schließlich kann der Geschädigte sein beschädigtes Fahrzeug noch zum Restwert verkaufen und den erhaltenen Kaufpreis ebenfalls für die Beschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeuges einsetzen.

Den Wiederbeschaffungswert als auch den Restwert ermittelt ein Kfz-Sachverständiger im Rahmen der Schadensfeststellung (Erstellung eines Schadengutachtens; Haftpflichtgutachten), sodass anschließend relativ einfach der Wiederbeschaffungsaufwand berechnet werden kann (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert = Wiederbeschaffungsaufwand).

Oftmals weist der Kfz-Sachverständige den Wiederbeschaffungswert, also den Kaufpreis für ein vergleichbares Ersatzfahrzeug, als „differenzbesteuert“ aus, d.h. in dem angegebenen Wiederbeschaffungswert, den ein Geschädigter als Kaufpreis für ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug zahlen muss, ist eine sog. Differenzsteuer enthalten.

Fahrzeuge, die bereits etwas älter sind, enthalten – wenn sie von einem Gebrauchtwagenhändler verkauft werden – im Kaufpreis meist nur eine sog. Differenzsteuer (differenzbesteuert) oder möglicherweise sogar gar keine Mehrwertsteuer (dann steuerneutraler Kaufpreis/Wiederbeschaffungswert).

Fahrzeuge mit einem Alter von drei und mehr Jahren werden meist aus dem Privatbesitz dem Gebrauchtwagenmarkt zugeführt. Fahrzeughändler kaufen das Fahrzeug also ohne Mehrwertsteuer von einer Privatperson auf. Bei dem Wiederverkauf durch den Fahrzeughändler wird dann nicht die volle Mehrwertsteuer (19%) auf den kompletten Verkaufspreis hinzugesetzt und an das Finanzamt abgeführt, sondern – wenn überhaupt – lediglich eine Mehrwertsteuer aus der erzielten Gewinnspanne zwischen Einkaufspreis und Verkaufspreis (= Differenzsteuer), die in der Regel nur zwischen 2,3% und 2,5% beträgt.

Mit der Differenzbesteuerung wird vermieden, dass ein gebrauchter Gegenstand nochmals komplett und in voller Höhe (19%) versteuert werden muss, was einen Händler gegenüber einem Privatverkäufer auch deutlich schlechter stellen würde (weil eine Privatperson gerade keine Umsatzsteuer dem Verkaufspreis hinzusetzen muss und daher einen attraktiveren Preis ansetzen kann).

Relevanz erhält die Thematik der sog. Differenzbesteuerung im Rahmen der Schadensregulierung durch unser Gesetz. § 249 Abs. 2 BGB legt nämlich fest:

„Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.“

Im Falle eines Totalschadens und einem Wiederbeschaffungswert, der differenzbesteuert ist, bedeutet das also für die Berechnung des sog. Wiederbeschaffungsaufwandes, der von der gegnerischen Versicherung zwecks Schadensausgleich gezahlt werden muss, Folgendes:

1. Konstellation:

Der Geschädigte nimmt keine Ersatzbeschaffung vor, d.h. er kann keinen Kaufvertrag oder keine Rechnung über den Kauf eines Ersatzfahrzeuges vorlegen:

Der Wiederbeschaffungsaufwand wird berechnet anhand des Netto-Wiederbeschaffungswertes (also ohne die 2,3 – 2,5% Differenzsteuer) und des Restwertes. Beispiel:

Der Kfz-Sachverständige weist in seinem Schadengutachten einen Brutto-Wiederbeschaffungswert für ein vergleichbares Fahrzeug (differenzbeteuert mit 2,5%) in Höhe von 5.000,- € und einen Restwert für das totalbeschädigte Fahrzeug in Höhe von 1.000,- € aus. Der Unfallgeschädigte nimmt keine Ersatzbeschaffung vor. Der Wiederbeschaffungsaufwand, der von der gegnerischen Versicherung gezahlt werden muss, wird wie folgt berechnet:

Netto-Wiederbeschaffungswert: 4.878,05 € (also bereinigt um 2,5% Differenzsteuer)

Restwert: 1.000,- €

Zu erstattender Wiederbeschaffungsaufwand: 3.878,05 € (Netto-Wiederbeschaffungswert abzgl. Restwert)

Denn: Nach § 249 Abs. 2 BGB wird Umsatzsteuer (wozu auch die Differenzsteuer gehört) eben nur erstattet, wenn und soweit sie auch tatsächlich angefallen ist.

2. Konstellation:

Der Geschädigte nimmt eine nachweisliche Ersatzbeschaffung vor, d.h. er kann einen Kaufvertrag oder eine Rechnung über den Kauf eines Ersatzfahrzeuges (zum Kaufpreis mindestens in Höhe des ermittelten Wiederbeschaffungsaufwandes) vorlegen:

Der Wiederbeschaffungsaufwand wird berechnet anhand des Brutto-Wiederbeschaffungswertes (also mit der 2,3 – 2,5% Differenzsteuer, wie es der Kfz-Sachverständige ermittelt hat) und des Restwertes. Beispiel:

Der Kfz-Sachverständige weist in seinem Schadengutachten einen Brutto-Wiederbeschaffungswert für ein vergleichbares Fahrzeug (d.h. differenzbeteuert mit 2,5%) in Höhe von 5.000,- € und einen Restwert für das totalbeschädigte Fahrzeug in Höhe von 1.000,- € aus. Der Unfallgeschädigte nimmt eine Ersatzbeschaffung zu einem Kaufpreis mindestens in Höhe des ermittelten Wiederbeschaffungswertes vor, wobei völlig gleichgültig ist, ob in dem für das Ersatzfahrzeug gezahlten Kaufpreis von mindestens 5.000,- € nun eine Differenzsteuer, die volle Umsatzsteuer (19%) oder gar keine Steuer enthalten ist. Der Wiederbeschaffungsaufwand, der von der gegnerischen Versicherung gezahlt werden muss, wird wie folgt berechnet:

Brutto-Wiederbeschaffungswert: 5.000,- € (also inkl. der vom Sachverständigen ermittelten 2,5% Differenzsteuer)

Restwert: 1.000,- €

Zu erstattender Wiederbeschaffungsaufwand: 4.000,- € (Brutto-Wiederbeschaffungswert abzgl. Restwert)

Es ist also wichtig, in Folge einer tatsächlich vorgenommenen Ersatzbeschaffung bei der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung auch darauf zu bestehen, dass der sog. Wiederbeschaffungsaufwand anhand des Brutto-Wiederbeschaffungswertes berechnet wird (d.h. inkl. Differenzsteuer), damit nicht unnötig Geld verschenkt wird. In den obigen Beispielen liegt der Unterschied bei der Berechnung des erstattungsfähigen Wiederbeschaffungsaufwandes immerhin bereits bei 121,95 €. Je höher der ermittelte Wiederbeschaffungswert, desto höher ist selbstverständlich auch eine etwaige, darin enthaltene Differenzsteuer von 2,3 bis 2,5%.

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Autor dieses Rechtstipps

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Daniel Tabaka

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