Energieausweis: Was nützt er Hauskäufern und Mietern?

14.04.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Energieausweis,Energiepass,Heizung,Verbrauch Der Energieausweis warnt vor dem Vertragsabschluss vor hohen Heizkosten. © Bu - Anwalt-Suchservice

Der Energieausweis für Wohngebäude kann eine wichtige Entscheidungshilfe für Mieter und Immobilienkäufer sein. Wie kann man ihn nutzen und welche Informationen gehen aus ihm hervor?

Von vielen Immobilienkäufern und Mietern wird der Energieausweis für Wohngebäude nicht ernst genommen. Allerdings ist er ein wichtiges Informationsmittel, das eine grobe Einschätzung der künftig zu erwartenden Kosten der Immobilie erlaubt. Gerade im Energiebereich können auf neue Eigentümer wie auf Mieter große Dauerbelastungen zukommen.

Der Energieausweis – Hilfsmittel mit Schattendasein


Eingeführt wurde der Energieausweis für Wohngebäude mit der Energieeinsparverordnung 2007. Diese Verordnung wurde alle paar Jahr angepasst, um eine immer bessere Wärmedämmung und effizientere Energieausnutzung bei Wohnhäusern zu erreichen. Zum 1. November 2020 wurde sie abgeschafft und stattdessen das Gebäudeenergiegesetz (GEG) eingeführt. Heute finden sich in §§ 79 ff. GEG die Regelungen zum Energieausweis.

Der Sinn des Energieausweises besteht darin, die für den Energieverbrauch wichtigen Kerndaten eines Hauses kurz aufzulisten. So sollen sich Käufer und Mieter daran orientieren können und sich für eine möglichst energiesparende Immobilie entscheiden. Energieeffizienz wird immer wichtiger - nicht nur für das Klima, sondern auch für den Geldbeutel. So soll indirekt auch ein Anreiz geschaffen werden, um Hauseigentümer dazu zu bewegen, ihre Gebäude mit einer modernen Wärmedämmung und Heizung zu versehen.

Viele Immobilieninteressenten nutzen den Energieausweis trotzdem nicht als Informationsquelle. Die Gründe sind vielfältig. Mieter in Großstädten freuen sich heute meist, wenn sie nach langer Suche überhaupt eine bezahlbare Wohnung finden. Auf dem Land sind zwar die Mieten niedriger und die Konkurrenz geringer, das Angebot aber auch. Bei Käufern spielen noch viele andere Kriterien mit - etwa persönliche Vorlieben, Ausstattung, Lage oder Vermietbarkeit. Bisher spielte der Energieverbrauch oft eine untergeordnete Rolle. Dies könnte sich allerdings mit massiv steigenden Preisen für Energie und höheren CO2-Abgaben bald ändern.

Wer muss den Energieausweis haben?


Seit 2014 ist jeder, der eine Wohnung oder ein Haus zum Kauf oder zur Miete anbietet, gesetzlich verpflichtet, für diese Immobilie einen Energieausweis zu besitzen und diesen Kauf- und Mietinteressenten spätestens bei der Besichtigung ungefragt vorzulegen. Diese Pflicht gilt auch für Immobilienmakler bei der Besichtigung. Sie wird auch durch einen deutlich sichtbaren Aushang oder ein
deutlich sichtbares Auslegen während der Besichtigung erfüllt. Wenn keine Besichtigung stattfindet, haben der Verkäufer oder der Immobilienmakler den Energieausweis oder eine Kopie dem Interessenten unverzüglich
zur Verfügung zu stellen - spätestens dann, wenn dieser sie dazu auffordert.

Sobald ein Kauf- oder Mietvertrag abgeschlossen wird, ist dem Vertragspartner eine Kopie zu übergeben. Die Energieausweis-Pflicht gilt auch für Nichtwohngebäude (gewerblich genutzte Gebäude) und Behördengebäude, hier gibt es jedoch besondere Regeln. Ausnahmen gibt es unter anderem für Häuser, die unter Denkmalschutz stehen.

Wie lange gilt ein Energieausweis?


Der Ausweis bleibt zehn Jahre lang gültig. Dies gilt jedoch nicht, wenn am Gebäude maßgebliche Umbauten stattfinden, die Einfluss auf die Energieeffizienz haben. In diesem Fall muss er neu erstellt werden.

Welche Varianten des Ausweises gibt es?


Für Miet- und Kaufinteressenten ist es wichtig, zu wissen, dass es zwei Varianten des Ausweises gibt: Den Energieausweis auf Verbrauchsbasis und den auf Bedarfsbasis.

Der Verbrauchsausweis wird erstellt mit Hilfe der tatsächlichen Heizkostenabrechnung, also der Verbrauchswerte. Genauere Regeln dafür gibt § 82 GEG vor. Die Werte sind von Wettereffekten zu bereinigen. Dieses Verfahren klingt zwar realistisch, hat aber den Nachteil, dass die Werte sehr vom Heizverhalten des vorherigen Bewohners abhängig sind. Wenn also zum Beispiel der Vormieter ständig bei eingeschalteter Heizung bei offenem Fenster geschlafen hat, werden die Verbrauchswerte sehr hoch sein – unabhängig davon, wie gut die Wärmedämmung ist.

Der Energieausweis auf Basis des Energiebedarfs wird rechnerisch ermittelt, anhand der Gebäudedaten und der Wärmedurchgangswerte der einzelnen Bauteile. Dabei muss zwangsläufig viel mit Durchschnittswerten gerechnet werden. Trotzdem wird der Bedarfsausweis meist als realistischer angesehen.

Welcher Ausweis Pflicht ist, richtet sich nach dem Alter des Hauses und der Anzahl der Wohnungen. Der Energieausweis auf Bedarfsbasis ist teurer in der Erstellung. Er ist Pflicht bei:

- Neubauten,
- Mehrfamilienhäusern mit weniger als fünf Wohneinheiten, die noch nicht dem Standard der Wärmeschutzverordnung von 1977 entsprechen,
- nach einer nachträglichen Dämmung der Fassade oder wenn mehr als zehn Prozent der Fläche eines Außenbauteils erneuert worden sind.

Ansonsten ist auch ein Verbrauchsausweis möglich.

Wo finde ich die Energieeffizienzklasse des Hauses?


Die Energieeffizienzklasse des Gebäudes ergibt sich im Energieausweis aus dem farbigen sogenannten Bandtacho. Dieser ist auf Seite 2 des Energieausweises zu finden. Es gibt Energieeffizienzklassen von A+ bis H, die grün bis rot markiert sind. H ist die schlechteste Klasse.

Was sagen mir Primär- und Endenergiebedarf?


An den zwei Pfeilen am Bandtacho erkennt man, wo das Gebäude einzuordnen ist. Sie geben die Werte für den Primärenergiebedarf und den Endenergiebedarf (bzw. – verbrauch) der Immobilie an. Beim Primärenergiebedarf bezieht man auch den Aufwand für die Bereitstellung der nötigen Heizenergie ein. Dieser Wert fällt niedriger aus, sofern erneuerbare Energieträger eingesetzt werden. Allerdings ist für die künftigen Bewohner der Endenergiebedarf interessanter – er zeigt die berechnete Energiemenge für Heizung, Lüftung und Warmwassererzeugung an, die übers Jahr benötigt wird. Diesen Wert kann man zum Vergleichen mit den Energieausweisen anderer Häuser nutzen, um die künftigen Heizkosten abzuschätzen.

Was sagen mir die Angaben über Baujahr und Energieträger?


Kennt man den in einem Haus genutzten Energieträger, kann man sich an anderer Stelle – ohne Weiteres auch online – über die Preisentwicklung der letzten Jahre informieren. Auch das Baujahr ist eine wichtige Information. Es erlaubt Rückschlüsse auf den technischen Standard des Gebäudes. Auch lässt sich so prüfen, ob bisher gesetzliche Nachrüstpflichten eingehalten worden sind. Zum Beispiel dürfen über dreißig Jahre alte Heizkessel nach § 72 GEG meist nicht mehr betrieben werden. Ausnahmen gibt es für Niedertemperatur-Heizkessel und Brennwertkessel sowie für heizungstechnische Anlagen mit einer Nennleistung von weniger als 4 Kilowatt oder mehr als 400 Kilowatt.

Praxistipp


Der Energieausweis liefert viele wichtige Informationen, die man als Miet- oder Kaufinteressent nicht vernachlässigen sollte. Sie können einen Vergleich verschiedener in Frage kommender Objekte ermöglichen. Natürlich haben gerade Interessenten in Ballungsgebieten kaum die Wahl – oft muss man höhere Energiekosten in Kauf nehmen, um eine erschwingliche Wohnung zu bekommen. Übrigens: Jeder, der eine Immobilie inseriert, muss die Kerndaten aus dem Energieausweis bereits in der Anzeige nennen – so können Interessenten vergleichen. Bei einem Rechtsstreit im Zusammenhang mit Kauf oder Miete einer Immobilie ist ein auf das Immobilienrecht spezialisierter Rechtsanwalt der richtige Ansprechpartner.

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