Rücktritt vom Immobilienkauf: Wo geht es zum Ausgang?

07.04.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Mehrfamilienhaus,Wohnungen Manchmal gibt es einen Weg, sich vom Kaufvertrag zu lösen. © - freepik

Der Kauf einer Immobilie ist ein wichtiger Schritt im Leben. Allerdings verläuft dieser nicht immer zur Zufriedenheit des Käufers. So mancher enttäuschte Käufer versucht nachträglich, sich vom Vertrag zu lösen.

Manches Traumhaus wird nach dem Kauf für seine neuen Eigentümer zur bitteren Enttäuschung. Oft lässt die Begeisterung über das gefundene Wunschobjekt die Käufer die notwendige Vorsicht vergessen. Schnell werden die Verträge unterschrieben. Oft zeigen sich erst nach dem Einzug ernsthafte Mängel. Speziell beim Kauf eines gebrauchten Hauses spielen oft emotionelle Gründe eine wichtige Rolle. Wenn sich dann nach Vertragsabschluss herausstellt, dass durch notwendige Arbeiten hohe Folgekosten anstehen, stellt sich schnell die Frage, ob man den Kaufvertrag vielleicht wieder rückgängig machen kann.

Was versteht man unter einem Rücktritt?


Der sogenannte Rücktritt vom Vertrag ist ein Weg, um sich nachträglich von einem Kaufvertrag zu lösen. Rechtlich geregelt ist dieser für alle Verträge in den §§ 346 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Er bietet sich an, wenn einer der Vertragspartner entweder ein gesetzliches Rücktrittsrecht hat oder sich den Rücktritt durch eine entsprechende Vertragsklausel vorbehalten hat. Der Rücktritt muss vom Käufer ausdrücklich gegenüber der anderen Seite erklärt werden. Die Folge ist, dass beide Seiten die erhaltenen Leistungen zurückgeben müssen. Dies akzeptiert natürlich mancher Vertragspartner nicht. Dann bleibt nur der Weg zum Gericht.

Welche Gründe veranlassen Immobilienkäufer zum Rücktritt?


Immobilienkäufer entscheiden sich aus sehr unterschiedlichen Gründen für einen Rücktritt vom Kaufvertrag. Dabei geht es nicht immer um Baumängel. Oft zeigt sich nach dem Kauf eine sogenannte “Kaufreue”. Denn: Häufig werden Kaufentscheidungen gerade bei Immobilien eher aus emotionalen Gründen getroffen. Nach Ablauf einer gewissen Zeit bereuen dann die Käufer ihre Entscheidung. Womöglich stellen sie auch nur fest, dass es noch bessere, schönere oder preisgünstigere Immobilien zu kaufen gibt. Aber: Ein Rücktritt vom Vertrag ist nicht nach Belieben möglich - es gibt Voraussetzungen dafür.

Wann kann der Rücktritt problematisch sein?


Praktisch gesehen ist ein Rücktritt vom Immobilienkauf oft gar nicht so einfach. Ein notarieller Kaufvertrag ist nämlich bindend. Darin wird kaum jemals ein Rücktrittsrecht für den Käufer vereinbart. Nur weil der Käufer seinen Kauf bereut, nicht zufrieden mit seiner Entscheidung ist oder ein besseres Angebot bekommen hat, hat er noch keinen gesetzlichen Rücktrittsgrund. Ebenso gilt es nicht als ausreichender Rücktrittsgrund, wenn die Bank bei der Finanzierung einen Rückzieher macht. Deswegen der Rat: Den Kaufvertrag sollte man erst unterschreiben, wenn die Finanzierung wirklich steht.

Welche praktischen Probleme können beim Rücktritt auftauchen?


Meist ist der Erwerb einer Immobilie mit einem Umzug und mit großen organisatorischen Änderungen verbunden. Wenn der Käufer zuvor Mieter war, muss er seinen Mietvertrag kündigen. Allerdings sollte die Beendigung des Mietverhältnisses auch zeitlich gut geplant werden. Eine finanzielle Doppelbelastung durch Miete und Darlehen plus Betriebskosten von zwei Immobilien ist möglichst zu vermeiden. Wichtig wäre, dass die eigene Immobilie bei Ende des Mietvertrages auch einzugsfertig ist. Wenn der Käufer jedoch aus seinem Immobilienkaufvertrag aussteigt, heißt das, dass die Mietwohnung länger bewohnt werden oder eine Ersatzbleibe beschafft werden muss. Dafür fallen zusätzliche Kosten an.

Wann kommen Mängel als Rücktrittsgrund in Frage?


Der Rücktritt gehört zu den Rechten aus dem Bereich der Sachmängelhaftung, die der Käufer bei Mängeln des Kaufgegenstandes geltend machen kann. Umgangssprachlich spricht man dabei von Gewährleistung. Die gesetzliche Regelung findet man in § 437 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die Sache hat jedoch einen Haken: Ein privater Verkäufer eines gebrauchten Hauses bzw. einer Bestandsimmobilie darf die Ansprüche aus der Sachmängelhaftung im Kaufvertrag wirksam ausschließen. Ein solcher Ausschluss findet sich in jedem normalen Kaufvertrag. Dadurch wird ein Rücktritt wegen Mängeln am Gebäude oft unmöglich. Es gibt jedoch Fälle, in denen ein Ausschluss der Mängelhaftung nicht funktioniert.

Wann kann man trotz Gewährleistungsausschluss zurücktreten?


In seinem Urteil vom 24. März 2006 hat der Bundesgerichtshof den Rücktritt vom Kaufvertrag trotz Haftungsausschluss für zulässig erklärt, wenn der Verkäufer dem Käufer einen Mangel der Immobilie arglistig verschwiegen hat.
Es ging hier um eine Eigentumswohnung für rund 84.000 Euro. Nach dem Kauf hatten die Käufer einen Feuchtigkeitsschaden festgestellt, dessen Beseitigung 2.500 Euro kosten sollte. Die Verkäuferin lehnte eine Nachbesserung ab. Die Käufer traten daraufhin vom Kaufvertrag zurück und klagten auf Rückabwicklung des Kaufvertrages.
Vor Gericht wurde der Mangel zunächst als unerheblich angesehen. Der Bundesgerichtshof war jedoch anderer Meinung. In diesem Fall zähle nicht das Verhältnis zwischen Kaufpreis und Schaden, sondern das arglistige Verschweigen des Mangels durch den Verkäufer. Dieses Verhalten berechtige den Käufer zum Rücktritt (Az. V ZR 173/05).

Was heißt "arglistig verschweigen"?


Damit meint man das absichtliche und bewusste Verschweigen eines Mangels, von dem der Verkäufer weiß. Dieser will mit seinem Schweigen die Kaufentscheidung seines Vertragspartners beeinflussen. Von Arglist spricht man, wenn sich der Verkäufer darüber im Klaren ist, dass der Käufer den Mangel nicht erkannt hat und dass er den Kaufvertrag nicht unterschreiben würde, wenn er von dem Problem wüsste. Ebenso werden als Arglist auch absichtliche falsche Angaben angesehen. Insbesondere beim Verschweigen sogenannter aufklärungs- oder offenbarungspflichtiger Mängel gehen die Gerichte von Arglist aus.

Was versteht man unter offenbarungspflichtigen Sachmängeln?


Der Verkäufer hat die Pflicht, den Käufer auf bestimmte Mängel einer Immobilie von sich aus hinzuweisen. Welche dies sind, ergibt sich aus unterschiedlichen Gerichtsurteilen. Hier einige Beispiele für aufklärungspflichtige Mängel:

- Feuchtigkeitsschäden (OLG Koblenz, 13.11.2009, Az. 2 U 443/09),
- mangelhafte Kellerabdichtung (OLG Brandenburg, 9.6.2011, Az. 5 U 78/06),
- Hausschwamm (KG Berlin, 23.2.1989, Az. 12 U 2500/88),
- Fehlen der Baugenehmigung (BGH, 30.4.2003, Az. V ZR 100/02),
- asbesthaltige Fassadenverkleidung (BGH, 12.11.2010, Az. V ZR 181/09),
- massiver Holzwurmbefall (OLG Braunschweig, 13.9.2018, Az. 9 U 51/17).

Wer trägt die Beweislast?


Um vom Kaufvertrag zurücktreten zu können, muss der Käufer beweisen:

- das Vorliegen des Mangels,
- dessen Bekanntheit beim Verkäufer und
- das arglistige Verschweigen.

Der Käufer trägt hier die Beweislast, weil er es ist, der vor Gericht den Rücktritt einklagen will. Allerdings hat der Bundesgerichtshof am 12.11.2010 (Az. V ZR 181/09) entschieden, dass an den Beweis, dass der Verkäufer nichts vom Mangel gesagt hat, keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen. Der Käufer müsse nur eine vom Verkäufer in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht zu konkretisierende Aufklärung ausräumen. Wenn der Verkäufer aber überhaupt nichts Konkretes zu einer Aufklärung des Käufers über den jeweiligen Mangel sagen könne, müsse der Käufer jedenfalls zu diesem Punkt keine weiteren Beweise vorlegen.

Wann scheidet ein Rücktritt ganz aus?


War einem Immobilienkäufer der Mangel des Hauses oder der Wohnung beim Kauf schon bekannt, ist ein Rücktritt nicht möglich. Dies gilt auch, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass er ihn eigentlich ohne Weiteres hätte erkennen müssen. Beispiel: Wer bei der Besichtigung metergroße dunkle Flecken an der Wand übersieht, kann sich nicht später darauf berufen, dass der Verkäufer voller Arglist einen Feuchtigkeitsschaden verschwiegen hat.
Anders ist es jedoch bei gesundheitsgefährlichen Materialien wie Asbest. Diese kann nicht jeder Laie so einfach identifizieren. Solche Stoffe fallen in jedem Fall unter die Aufklärungspflicht des Verkäufers. Auch ein erkennbarer Holzwurmbefall befreit den Verkäufer nicht von der Pflicht, den Käufer auf dessen lange Dauer hinzuweisen (OLG Braunschweig, Az. 9 U 51/17).

Praxistipp


Für Käufer ist es empfehlenswert, ihr Wunschobjekt vor dem Vertragsabschluss von einem Immobilien-Sachverständigen untersuchen zu lassen. Dieser kann die Immobilie auf Mängel aller Art, gesundheitsschädliche Baustoffe oder Befall mit Pilzen und Hausschwamm checken. So können Sie vom Kauf rechtzeitig vorher Abstand nehmen. Kommt es dennoch zum Rechtsstreit mit dem Verkäufer, kann Ihnen ein auf das Immobilienrecht spezialisierter Anwalt zu Ihrem Recht verhelfen.

(Wk)


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 Günter Warkowski
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