Reisepreisminderung auch bei nach Buchung angekündigter Baustelle?

17.11.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Urlaub,Meer,Hotel,Baustelle Urlaub gebucht, dann Ankündigung einer Baustelle - Reisepreisminderung zulässig? © - freepik
Das Wichtigste in Kürze

1. Keine vorvertragliche Informationspflicht: Reiseveranstalter sind nach dem Gesetz nicht dazu verpflichtet, vor Vertragsschluss auf mögliche Probleme wie etwa Baulärm hinzuweisen.

2. Kein Reisemangel: Baulärm oder Einschränkungen gelten nicht als Reisemangel, wenn sie vom Reiseveranstalter so rechtzeitig angekündigt werden, dass der Buchende die Reise noch umbuchen kann.

3. Rechtzeitige Ankünigung: Der Hinweis des Reiseveranstalters auf einen Reisemangel ist jedenfalls dann rechtzeizig, wenn er mit der Buchungsbestätigung verbunden ist und für den Buchenden noch die Möglichkeit zur Umbuchung besteht.
Baustellen am Urlaubsort sind für Urlauber immer ein Ärgernis. Schließlich können einem Baulärm, Staub, Abgase und der Anblick einer Baugrube statt des versprochenen Meerblicks nachhaltig den Urlaub verderben. In vielen Fällen ist es tatsächlich möglich, wegen solcher Probleme eine Minderung des Reisepreises vorzunehmen – allerdings nicht immer.

Wie sind Pauschalurlauber gesetzlich geschützt?


Das Reisevertragsrecht regeln die §§ 651a ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dort ist zum Beispiel vorgesehen, dass der Reiseveranstalter eine Pauschalreise so durchführen muss, dass sie die vereinbarte Beschaffenheit hat.

Eine Reise gilt als Pauschalreise, wenn sie mindestens zwei Reiseleistungen zusammenfasst – zum Beispiel Flug und Hotel.

Zur vereinbarten Beschaffenheit gehören zum Beispiel in der Buchung oder im Prospekt enthaltene Aussagen wie „Halbpension“, „Zimmer mit Balkon“, „Zimmer mit Meerblick“ oder „Hotel mit Swimming-Pool.“ Natürlich muss sich die Reise auch für den vertraglich festgelegten Nutzen eignen (zum Beispiel: Tauchreise, Bildungsurlaub). In jedem Fall muss sie sich für den gewöhnlichen Nutzen einer Urlaubsreise eignen und eine Beschaffenheit haben, die bei Pauschalreisen der gleichen Art üblich ist und die Reisende erwarten können.

Wie müssen sich Reisende bei Mängeln vor Ort verhalten?


Ein Reisemangel muss zunächst vor Ort beim Reiseleiter oder Reiseveranstalter gemeldet werden. Dabei sollten Reisende gleichzeitig auch Abhilfe verlangen, etwa bei Baulärm vor dem Hotel ein ruhigeres Zimmer. Es ist wichtig, dem Reiseveranstalter eine angemessene Frist zur Abhilfe zu setzen, damit dieser Gelegenheit hat, den Mangel zu beheben. Wenn die Abhilfe nicht gelingt, können Reisende mehrere Ansprüche geltend machen. Dazu gehört die Minderung des Reisepreises (§ 651m BGB). Unter Umständen ist auch ein Anspruch auf Schadensersatz möglich.

Wann müssen Reisende ihre Ansprüche geltend machen?


Früher mussten Pauschalurlauber Ansprüche wegen Reisemängeln innerhalb einer einmonatigen Frist ab Reiseende geltend machen. Diese Frist wurde mit der Reform des Reiserechts von 2018 abgeschafft. Nun bleibt nur die zweijährige Verjährungsfrist zu beachten.

Der Fall: Baustelle mit Vorankündigung


Ein Mann aus Peine klagte vor dem Amtsgericht München gegen seinen Reiseveranstalter. Er hatte mit seiner Familie eine Pauschalreise nach Abu Dhabi für einige tausend Euro gebucht. Als er die Buchungsbestätigung bekam, war darauf der Hinweis vermerkt, dass während seiner Urlaubszeit ein Teil des Strandes saniert werden würde. Dies könne zu Baulärm- und Sichtbelästigungen führen. Die Familie stellte vor Ort fest, dass etwa die Hälfte des Hotelstrandes gesperrt war. Die Sanierungsarbeiten dauerten täglich von 9 bis 22 Uhr. Auch im Hotelzimmer war der Baulärm zu hören und die Aussicht auf die Großbaustelle war nicht gerade idyllisch. Daher verlangte der Familienvater nach seiner Rückkehr eine 40-prozentige Minderung des Reisepreises und einen Schadensersatz von 300 Euro für entgangene Urlaubsfreude.

Was war im Reisevertrag vereinbart worden?


Dem Münchner Gericht zufolge besagte der Reisevertrag nur, dass in einer Entfernung von 350 Metern zum Hotel ein Sandstrand sein müsse. Die Länge des Strandes sei nicht vereinbart worden. Tatsächlich sei ein Teil des Strandes nutzbar gewesen. Hier habe der Reiseveranstalter also seine Leistung erbracht.

Der Urlauber hatte argumentiert, dass der Hinweis auf die Bauarbeiten in der Buchungsbestätigung die tatsächlichen Zustände vor Ort eher verharmlost habe. Man habe daraus nicht auf derart umfangreiche Bauarbeiten schließen können. Das Gericht war jedoch anderer Ansicht. Der Reiseveranstalter habe ausdrücklich auf die Strandsanierung in diesem Zeitraum hingewiesen. Er habe die Reisenden nicht nur über die bloße Möglichkeit von Bauarbeiten informiert, sondern über deren konkrete Ausführung. Auch habe er sie darauf hingewiesen, dass dadurch Lärm- und Sichtbehinderungen möglich seien.

Dem Gericht zufolge muss jeder verständige Urlauber aus einer solchen Information schließen, dass Bauarbeiten unter Einsatz von schwerem Gerät stattfinden werden. Der Reiseveranstalter habe hier das Ausmaß der Beeinträchtigungen korrekt dargestellt. Wenn der Reisende dies anders verstanden habe, sei es nicht dem Veranstalter vorzuwerfen.

Wann muss die Info zu den Bauarbeiten erfolgen?


Der Kläger war der Meinung, dass die Mitteilung des Reiseveranstalters über Bauarbeiten am Urlaubsort zu spät kam. Schließlich hatte er sie erst mit der Buchungsbestätigung – also nach erfolgter Buchung – erhalten. Das Gericht sah dies nicht als Problem an. Der Reiseveranstalter müsse nur irgendwann vor Beginn der Reise auf mögliche Beeinträchtigungen hinweisen. Wenn der Urlauber davon noch so rechtzeitig erfahre, dass er umbuchen könne, liege kein Reisemangel vor. Hier habe der Reisende diese Möglichkeit gehabt und davon keinen Gebrauch gemacht.

Der Reiseveranstalter sei nach dem Gesetz nicht dazu verpflichtet, vor Vertragsschluss auf mögliche Probleme wie etwa Baulärm hinzuweisen. Hier habe der Kläger den Hinweis auf die Bauarbeiten am Tag der Buchung mit der Buchungsbestätigung bekommen. Dies sei rechtzeitig genug gewesen. Das Gericht räumte dem Urlauber daher keinen Anspruch auf eine Minderung des Reisepreises gegen den Reiseveranstalter ein (Amtsgericht München, Urteil vom 10.11.2015, Az. 159 C 9571/15).

Was hat sich durch die Reform des Reiserechts von 2018 noch geändert?


Seit der Reform gilt bei Hotelbuchungen: Wenn ein Hotel (oder eine Ferienwohnung) als Einzelleistung über einen Reiseveranstalter gebucht wird, ist das Pauschalreiserecht nicht anwendbar. Dann liegt ein Beherbergungsvertrag vor, dem das Recht des Reiselandes zugrunde gelegt werden kann. In einem solchen Fall ist es für Reisende deutlich schwieriger, Ansprüche geltend zu machen.

Praxistipp zu Reisemängeln


Urlauber haben bei Bauarbeiten in Hotelnähe häufig einen Anspruch auf Minderung des Reisepreises gegen den Reiseveranstalter. Allerdings gilt dies nicht immer. Eine rechtzeitige Info über solche Beeinträchtigungen in Verbindung mit einer Umbuchungsmöglichkeit befreit den Reiseveranstalter von seiner Haftung für den jeweiligen Mangel. Ein Anwalt mit Schwerpunkt Reiserecht kann Ihnen helfen, auch bei Baulärm am Urlaubsort Ihre Rechte als gestresster Urlauber durchzusetzen.

(Ma)


 Ulf Matzen
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