Ehegattensplitting: Wie funktioniert das steuerrechtlich?

02.03.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 5 Min. (756 mal gelesen)
Älteres,Ehepaar,Laptop,Steuerklärung Ehegattensplitting: Wann lohnt sich die Zusammenveranlagung? © - freepik

Vor einiger Zeit hat ein Finanzgericht entschieden, dass das Ehegattensplitting nur für verheiratete Paare und eingetragene Lebenspartner gilt. Aber: Was ist das Ehegattensplitting genau und wie funktioniert es?

Das Ehegattensplitting bildet die Grundlage dafür, dass Ehepaare durch das Steuerrecht besser gestellt sind als Unverheiratete. Ehepartner werden nämlich – wie auch eingetragene Lebenspartner – ohne besonderen Antrag steuerlich zusammen veranlagt und damit wie eine Person behandelt. Das Ehegattensplitting ist das dafür verwendete Berechnungsverfahren. Früher wurden einfach beide Einkommen der Ehepartner addiert. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch dieses Verfahren für unzulässig erklärt. Denn: So stieg der Steuersatz insgesamt an und Ehepaare wurden gegenüber unverheirateten Paaren mit jeweils niedrigerem Steuersatz benachteiligt. Daher wurde 1958 das Ehegattensplitting eingeführt.

Was ist der Vorteil des Ehegattensplittings?


Verdienen beide Ehepartner unterschiedlich, ergibt sich durch die Kombination der Steuerklassen III und V ein Steuervorteil. Das höhere Einkommen, für dass Steuerklasse III gewählt wird, unterliegt dadurch einer geringeren Besteuerung, das niedrige, für das Steuerklasse V gewählt wird, wird dagegen höher besteuert. Je höher der Gehaltsunterschied, desto besser stellt sich das gemeinsame Nettoeinkommen des Ehepaares bzw. der Familie zunächst einmal dar. Allerdings gilt dieser Steuervorteil nur für die Steuervorauszahlung auf das monatlich ausgezahlte Gehalt. Im Zuge der jährlichen Steuerabrechnung folgt dann nämlich die Versteuerung nach der Einkommenssteuertabelle, die - und das ist der Nachteil des Ehegattensplittings - eine Steuerrückzahlung an das Finanzamt zur Folge haben kann.

Im Übrigen gilt, dass die Ehepartner die Steuerklasse frei wählen können. Bei unterschiedlichem Einkommen empfiehlt sich die Kombination aus den Steuerklassen III und V, wenn beide in etwa gleich verdienen, die Steuerklasse IV.

Was ist die rechtliche Grundlage und wie wird gerechnet?


Das Ehegattensplitting ist in § 32a Abs. 5 des Einkommenssteuergesetzes geregelt. Nach dieser Vorschrift wird in einem ersten Schritt das zu versteuernde gesamte Einkommen der Ehegatten ermittelt und halbiert (Splitting). Dann berechnet man für die verbleibende Hälfte die Einkommenssteuer. Im letzten Schritt wird diese wieder verdoppelt. Ein deutlicher Steuerspareffekt gegenüber Unverheirateten entsteht, wenn es zwischen den beiden Ehepartnern einen größeren Einkommensunterschied gibt.

Wie funktioniert das Ehegattensplitting - Beispielrechnung?


Bei einem unverheirateten Paar verdient ein Partner 50.000 Euro, der andere 15.000 Euro im Jahr. Nach der Grundtabelle 2023 fallen beim ersten 11.343 Euro Steuern an, beim zweiten 736 Euro (ohne Kirchensteuer und Soli). Insgesamt beträgt die Steuerlast damit 12.079 Euro. Wären beide verheiratet, müssten sie nach der Splittingtabelle 2023 bei Zusammenveranlagung insgesamt 10.892 Euro Einkommenssteuer bezahlen – das sind 1.187 Euro Unterschied.

Was sind die Voraussetzungen für das Ehegattensplitting?


Ehegatten können gemäß § 26 Einkommenssteuergesetz von der gemeinsamen Veranlagung und damit vom Splittingtarif profitieren, wenn beide unbeschränkt steuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben. Diese Voraussetzungen müssen zu Beginn des Veranlagungszeitraums vorgelegen haben oder im Laufe des Veranlagungszeitraums eingetreten sein.

Dann haben die Ehepartner ein Wahlrecht zwischen Einzel- und Zusammenveranlagung. Diese Regelung gilt ebenso für eingetragene Lebenspartner. Der Ausdruck "nicht dauernd getrennt leben" bezieht sich dabei auf den Beziehungsstatus: Ein aus rein beruflichen Gründen getrennter Wohnsitz schadet nicht. Wenn sich das Ehepaar trennt, kann im Jahr der Trennung noch der Splittingtarif angewendet werden. Verwitwete Ehepartner oder Lebenspartner können den Splittingtarif noch bis zu dem Jahr anwenden, das auf das Todesjahr des Partners folgt.

Ehegattensplitting auch für unverheiratete Paare?


Vor dem Finanzgericht Münster klagte ein Paar, das unverheiratet war, aber drei gemeinsame Kinder hatte. Mit diesen lebte es in einem gemeinsamen Haushalt zusammen. Beide wollten zusammen veranlagt werden, weil die für Eheleute geltenden Vorschriften laut Gesetz auch auf "Lebenspartnerschaften" anwendbar seien. Ihrer Meinung nach waren damit alle nicht verheiratet zusammen lebenden Paare gemeint. Das Finanzamt hatte abgelehnt: Damit seien nur eingetragene Lebensgemeinschaften gleichgeschlechtlicher Art gemeint und gerade nicht alle unverheiratet zusammen lebenden Paare.

Unverheiratetes Paar: Wie entschied das Finanzgericht?


Das Finanzgericht bestätigte die Ansicht des Finanzamtes. Die Anwendung des Ehegattensplittings auf eingetragene Lebenspartnerschaften beruhe auf einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Dieses habe die Diskriminierung der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften im Vergleich zur Ehe beenden wollen. 2013 habe das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Ehe und die eingetragene Lebenspartnerschaft bezüglich des Ehegattensplittings gleichzubehandeln seien – und zwar rückwirkend ab 2001 (Beschluss vom 7. Mai 2013, Az. 2 BvR 1981/06).

Beide seien rechtlich institutionalisierte Formen der Partnerschaft und brächten rechtliche Folgen und Bindungen für die Partner mit sich. Dies sei bei einer einfachen nicht ehelichen Lebensgemeinschaft ohne rechtliche Bindung gerade nicht der Fall. Diese Art der Partnerschaft habe der Gesetzgeber nicht gleichstellen wollen. Daher gelte der Splittingtarif nur für Ehepaare und eingetragene Lebenspartnerschaften (Urteil vom 18.5.2016, Az. 10 K 2790/14 E).

Gleichgeschlechtliche Ehe: Rückwirkende Anwendung des Splittingtarifs?


Ein Paar war 2001 eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen. Deren steuerliche Gleichstellung mit Ehepaaren fand jedoch erst 2013 statt. 2017 wandelte das Paar die Lebenspartnerschaft im Rahmen der "Ehe für alle" in eine normale Ehe um und wollte nun auch rückwirkend vom Ehegattensplitting profitieren. Vor dem Finanzgericht wurde infolge darum gestritten, ab welchem Zeitpunkt der Splittingtarif zur Anwendung kommen durfte.

Das Finanzgericht Hamburg entschied: Der Splittingtarif sei rückwirkend ab 2001 anzuwenden. Damit wäre das Ehepaar so zu behandeln, als sei es schon seit 2001 verheiratet. Das Finanzamt müsste die Steuerbescheide für den gesamten Zeitraum ändern und erhebliche Summen zurückzahlen (FG Hamburg, Urteil vom 31.7.2018, Az. 1 K 92/18).

Allerdings hat das Finanzamt gegen das Urteil Revision eingelegt. Das Verfahren ist derzeit (2023) beim Bundesfinanzhof anhängig. Für gleichgeschlechtliche Paare kann eine Entscheidung zugunsten der rückwirkenden Anwendung des Splittingtarifs ganz erhebliche Steuerrückzahlungen bedeuten (BFH, Az. III R 57/18).

Politische Bestrebungen zur Abschaffung des Ehegattensplittings


Aus Sicht der roten und grünen Politik muss das Ehegattensplitting abgeschafft werden. Begründet wird diese Forderung damit, dass die Teilzeit arbeitenden Ehefrauen wegen der hohen Steuerzahlung in der Steuerklasse V daran gehindert würden, Vollzeit zu arbeiten und damit mehr eigenes Einkommen zu erzielen, was letztlich wiederum zur Altersarmut beitrage. Das Ehegattensplitting soll demnach abgeschafft und durch das sogenannte Realsplitting ersetzt werden. Folge wäre, dass der geringer verdienende Ehepartner, also regelmäßig die Frau, auch bei Teilzeitarbeit etwas mehr Nettogehalt hätte, der höher verdienende Ehepartner dagegen wesentlich mehr Steuern zahlen müsste. Denn ab einem Jahreseinkommen von 62.810 Euro gilt der Spitzensteuersatz, bei dem von jedem zusätzlichen Euro 42 Cent ans Finanzamt abgeliefert werden müssen. (Stand 2023).

Praxistipp zum Ehegattensplitting


Zwar werden beim Ehegattensplitting Ehegatten und eingetragene Lebenspartner gleich behandelt. Dies gilt jedoch nicht für unverheiratete Paare. Begründet wird dies – wie sinngemäß auch im Urteil des Finanzgerichts Münster – oft mit den gegenseitigen Verpflichtungen, die Eheleute eingehen. BAföG, Bausparprämien, Wohngeld – wenn der Ehe- oder eingetragene Lebenspartner genug verdient, kann der andere derartige staatliche Leistungen nicht in Anspruch nehmen. Hinzu kommen die finanziellen Folgen einer Scheidung – vom Versorgungs- bis zum Zugewinnausgleich. Solche Verpflichtungen bestehen bei unverheirateten Paaren nach einer Trennung nicht. Ein Fachanwalt für Steuerrecht kann Sie zum Thema Ehegattensplitting kompetent beraten.

(Wk)


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 Günter Warkowski
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