Wann ist eine Krankschreibung für Arbeitnehmer per Video oder Telefon möglich?

15.12.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Arzt,Patient,Bildschirm,Computer,Video Arbeitnehmer profitieren von einfacherer Krankschreibung per Video © Ake1150Sb - freepik
Das Wichtigste in Kürze

1. Möglichkeit vorhanden: Die Krankschreibung per Video gibt es seit Oktober 2020. Der Gemeinsame Bundesausschuss betrachtet sie jedoch als Ausnahme. Standardfall soll der Praxisbesuch bleiben.

2. Voraussetzung: Für eine Krankschreibung per Video muss es sich um eine Krankheit handeln, für die eine Untersuchung in einer Videosprechstunde ausreichend ist. Arbeitnehmer haben keinen Anspruch darauf, dass ihr Arzt sie nach einer Videosprechstunde krankschreibt.

3. Per Telefon: Seit Dezember 2023 ist bei leichten Atemwegserkrankungen auch eine telefonische Krankschreibung durch den Hausarzt möglich.
Der für eine Krankschreibung zwingend notwendige Arztbesuch war lange Zeit eine lästige Pflicht. Ganz nebenbei trägt er auch jedes Jahr wieder zur Verbreitung der allgemeinen Grippewelle bei. Natürlich werden auch die Arztpraxen ganz erheblich durch Patienten belastet, die sich wegen einer Erkältung oder Magenverstimmung krankschreiben lassen wollen - im Grunde also wegen einer Bagatellerkrankung, die ansonsten kein Grund für einen Arzt-Besuch wäre. Immer wieder wurde gefordert, das Verfahren der Krankschreibung zu ändern. Bereits seit 7. Oktober 2020 können sich Arbeitnehmer tatsächlich auch per Video krankschreiben lassen. Und: Wegen Corona wurde zeitlich befristet die telefonische Krankschreibung eingeführt. Diese Regelung gilt nun auf Dauer.

Was unterscheidet Krankmeldung und Krankschreibung?


Egal, ob per Video, oder persönlich: Zunächst sollte man sich den Unterschied zwischen einer Krankmeldung und einer Krankschreibung klarmachen. Die Krankmeldung ist die Mitteilung des Arbeitnehmers an seinen Chef, dass er krank ist und nicht zur Arbeit kommen kann. Dies muss "unverzüglich" passieren. Empfehlenswert ist eine telefonische Krankmeldung beim Chef oder der zuständigen Stelle der Personalabteilung gleich morgens vor Arbeitsbeginn am ersten Fehltag. Dabei müssen Arbeitnehmer auch die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit mitteilen - zumindest, soweit sie diese abschätzen können. Sehr umstritten und nur mit Einschränkungen möglich ist eine Krankmeldung per WhatsApp.

Die Krankschreibung dagegen nimmt der Arzt vor. Der Arzt bestätigt damit, dass der jeweilige Arbeitnehmer für eine bestimmte Zeit arbeitsunfähig ist. Bisher war es üblich, dass erkrankte Arbeitnehmer in jedem Fall den Arzt persönlich aufsuchen und sich untersuchen lassen mussten. Daraufhin bekamen sie gegebenenfalls eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ("AU-Bescheinigung"). Diese wird seit Januar 2023 bei gesetzlich Krankenversicherten vom Arzt auf elektronischem Wege an Arbeitgeber und Krankenkasse weitergeleitet. Den früheren "gelben Schein" gibt es also nicht mehr. Näheres dazu hier:
Arbeitsunfähigkeit: 10 Punkte, die für Arbeitnehmer besonders wichtig sind

Seit 7. Oktober 2020 gibt es zusätzlich die Möglichkeit der Krankschreibung per Video. Aber: Diese gilt nicht für jeden und ist an einige Voraussetzungen gebunden.

Wann brauchen Arbeitnehmer eine Krankschreibung?


Arbeitnehmer müssen sich nach § 5 des Entgeltfortzahlungsgesetzes vom Arzt krankschreiben lassen, wenn ihre Arbeitsunfähigkeit mehr als drei Kalendertage lang dauert. Die Krankschreibung muss spätestens am darauffolgenden Tag beim Arbeitgeber eingehen, also am vierten Tag. Aber: Der Arbeitgeber darf auch eine schnellere Krankschreibung als gesetzlich vorgeschrieben verlangen. Er kann also beispielsweise darauf bestehen, dass schon am ersten Tag der Erkrankung eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eingeholt wird. Von Betrieb zu Betrieb kann es hier unterschiedliche Regeln geben.

Wenn der Arbeitnehmer nach Ablauf des in der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung genannten Zeitraums immer noch krank ist, muss er sich auch eine neue AU-Bescheinigung vom Arzt besorgen.

Arbeitnehmer können nur mit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Krankengeld oder Verletztengeld erhalten.

Welchen Inhalt hat eine Krankschreibung?


Aus der AU-Bescheinigung gehen zum Beispiel Name und Geburtsdatum des Arbeitnehmers hervor, dessen Krankenversicherung, die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit, ob die Erkrankung durch die Arbeit oder durch einen Unfall ausgelöst wurde und ob es sich um eine Erst- oder Folgebescheinigung handelt. Auch die Diagnose wird aufgeführt - allerdings wird im Exemplar für den Arbeitgeber nicht erwähnt, um welche Krankheit es sich genau handelt. Diese Information fällt unter den Datenschutz und die ärztliche Schweigepflicht. Arbeitgeber sind nicht berechtigt, die genaue Krankheit des Arbeitnehmers und die Diagnose zu erfahren.

Was muss man zur Krankschreibung per Video wissen?


Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), das höchste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen, hat am 16.7.2020 beschlossen, eine Krankschreibung per Videosprechstunde möglich zu machen. Zum G-BA gehören die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV), die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband).

Wichtig zu wissen: Die Krankschreibung per Video ist keine zeitlich begrenzte Sonderregelung und hat nichts mit Corona zu tun.

Seit 19.1.2022 muss der Patient für eine Krankschreibung per Video nicht mehr in der Praxis bekannt sein. Voraussetzung ist jedoch, dass es sich um eine Krankheit handelt, für die eine "Untersuchung" in einer Videosprechstunde ausreicht. Patienten haben keinen Rechtsanspruch darauf, dass ihr Arzt sie nach einer Videosprechstunde krankschreibt. Hier darf der Arzt also entscheiden, ob eine persönliche Untersuchung erforderlich ist.

Eine AU-Erstbescheinigung wird für höchstens sieben Tage ausgestellt. Für eine Folgebescheinigung ist ein persönlicher Besuch in der Praxis erforderlich.

Der G-BA sieht die Krankschreibung per Video allerdings eher als Ausnahme an. Der persönliche Arztbesuch soll Standard bleiben. Anlass der Einführung war, dass sich das berufsrechtliche Verbot der Fernbehandlung für Ärzte gelockert hat.

Kann nach einer Videosprechstunde auch ein Attest zur Erkrankung eines Kindes ausgestellt werden?


Dies entscheidet der Arzt, abhängig von der Art der Erkrankung. Es ist jedoch grundsätzlich möglich.

Krankschreibung per Telefon: Jetzt auf Dauer möglich


Seit 7.12.2023 ist die während der Corona-Zeit ausprobierte Krankschreibung per Telefon auf Dauer möglich. Dies hat der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken (G-BA) beschlossen. Die Corona-Sonderregelung war zum 31.3.2023 ausgelaufen. Arbeitnehmer ohne schwere Symptome, die wegen einer leichten Atemwegserkrankung wie Schupfen, Husten oder Heiserkeit krankgeschrieben werden wollen, können sich nun von ihrem Arzt telefonisch für bis zu fünf Tage krankschreiben lassen. Auch hier kann der Arzt im konkreten Fall entscheiden, dass er den Patienten lieber persönlich untersuchen will.

Weitere Voraussetzungen sind, dass der betreffende Patient in der Praxis bekannt ist und dass keine Videosprechstunde möglich ist. Die Krankschreibung per Video hat also grundsätzlich Vorrang.

Eine Verlängerung der telefonischen Krankschreibung ist nicht möglich. Für eine Folgebescheinigung müssen Arbeitnehmer also persönlich ihren Arzt aufsuchen.

Aber: Wurde die erste AU-Bescheinigung nach einem persönlichen Besuch beim Arzt ausgestellt, kann eine telefonische Verlängerung stattfinden, falls man dann doch länger krank ist.

Praxistipp zur Krankschreibung per Video und Telefon


Es gibt Online-Portale, die eine Videosprechstunde mit Ärzten ermöglichen und damit auch eine Krankschreibung per Video. In vielen normalen Arztpraxen wird dies nicht angeboten. Die telefonische Krankschreibung kann bisher nur beim Hausarzt in der Stamm-Praxis erfolgen. Kommt es zum Streit mit dem Arbeitgeber über die Krankschreibung oder das Thema "Krankfeiern", ist schnell der Arbeitsplatz in Gefahr. Dann empfiehlt es sich, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht hinzuzuziehen. Denn: "Arbeitsverweigerung" ist ein Kündigungsgrund.

(Bu)


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 Stephan Buch
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