Sommerhitze 2022 - Wie leicht darf man sich in Büro und Schule kleiden?

18.07.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Büro,Thermometer,Arbeitnehmer,Arbeitsplatz Sommerhitze 2022 - Kleiderordnung in Büro und Schule? © Bu - Anwalt-Suchservice

Der Sommer 2022 bringt vorübergehend hochsommerliche Temperaturen von weit über 30 Grad. Welche Kleidung ist unter diesen Bedingungen in Büro und Schule erlaubt?

Laut Medienberichten wird das Land in den kommenden Tagen von einer "Hitzewalze" heimgesucht- andere würden schlichter sagen, es ist Hochsommer. Verständlich jedenfalls, dass leichte Kleidung präferiert wird - nur ist nicht jeder Chef und Kollege mit einem solchen Outfit einverstanden. Dürfen etwa Schüler wegen allzu freizügiger Kleidung nach Hause geschickt werden? Sicher gibt es Grenzen, was die Kleidung angeht. Auch Arbeitnehmer sind gut beraten, sich im Büro nicht allzu offenherzig zu kleiden, denn es droht womöglich Schaden für das Arbeitsverhältnis.

Darf der Chef eine Kleiderordnung anordnen?


Arbeitnehmer dürfen grundsätzlich jede Kleidung tragen, die ihre Leistung beim Arbeiten nicht behindert, die auch die Arbeitsleistung ihrer Kollegen nicht beeinträchtigt (auch nicht durch Ablenkung) und die den Vorschriften zum Arbeitsschutz entspricht. Abgeleitet wird dies aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer. Nur: Hat der Chef nachvollziehbare Gründe, seinen Angestellten einen bestimmten Dresscode aufzuerlegen, darf er sein Direktionsrecht ausüben. Dann kann er also Vorgaben auch für die Kleidung im Büro machen. Wenn es einen guten Grund für die Regeln gibt, müssen sich die Mitarbeiter auch daran halten.

In zahlreichen Branchen hat der Arbeitgeber gar keine Wahl: Beim Thema Arbeitssicherheit schreiben Arbeitsschutzgesetze und die Berufsgenossenschaft ihm vor, was Sache ist. Dies kann etwa bestimmte Schutzkleidung sein, damit die Arbeitnehmer sich nicht verletzen.

In manchen Unternehmen gibt es allerdings auch interne Kleidungsregeln, die lediglich dazu dienen, ein einheitliches Aussehen der Mitarbeiter im Büro zu gewährleisten. Ein Beispiel sind die Uniformen von Sicherheitsdiensten oder von Beschäftigten in der Systemgastronomie. Banken und Versicherungen verlangen formelle Kleidung, um für ein zum Image des Unternehmens passendes seriöses Auftreten zu sorgen. Allerdings gilt hier: Wenn der Dresscode nur das allgemeine Erscheinungsbild des Unternehmens fördern soll, hat der Betriebsrat dabei mitzureden.

Sommerhitze: Wie darf man sich im Büro kleiden?


Wenn es Bekleidungsvorschriften gibt, sollten Arbeitnehmer diese auch bei Hitze beachten. Tun sie dies nicht, kann eine Abmahnung die Folge sein – insbesondere, wenn sich beispielsweise ein Kunde beschwert oder ein Foto bei Facebook landet. Für den Sommer haben viele Unternehmen sogar besondere Dresscodes eingeführt, um der Hitze Rechnung zu tragen. Aber auch, wenn es keine besonderen Vorschriften gibt, gilt: Arbeitnehmer sollten sich trotz Sommerhitze nicht zu offenherzig kleiden. Hier gibt es durchaus so etwas wie einen ungeschriebenen „Büro-Knigge“.

Sind Flip-Flops und Minirock im Büro erlaubt?


Gibt der Chef nicht vor, was bei Hitze getragen werden darf, richtet sich dies nach der Branche, dem Arbeitsplatz und der Position des Betreffenden im Unternehmen. So gelten besonders strenge Regeln in Branchen, in denen besondere Seriosität vermittelt werden soll, wie etwa in Banken und Versicherungen. Arbeitnehmer mit Kontakt zu Kunden müssen besonders auf ihr Äußeres achten. Und: Je höher ein Arbeitnehmer in der Betriebs-Hierarchie steht, desto weniger kann er sich unangemessene Kleidung erlauben.

Einige Faustregeln für das Büro: Tragen die Herren in der Firma üblicherweise Krawatte, gehört ein Langarmhemd unbedingt dazu. Immerhin darf man die Ärmel hochkrempeln. Tabu sind Miniröcke bei Damen. Für sie gilt ein Rock mit Saum „eine Handbreit überm Knie“ oder – in besonders seriöser Umgebung – knieumspielend als angemessen. Tabu sind auch Shorts, dies gilt für Damen und Herren.

Bei den Herren wiederum werden offene Schuhe und Sandalen als unschick (-lich) angesehen. Bei den Damen sieht man dies etwas lockerer. Allerdings sollten bei diesen wiederum die Schultern bedeckt sein – also keine Tops mit Spaghettiträgern. Als nicht angemessen gelte auch allzu tiefe Ausschnitte. Ein No-Go sind in jedem Fall Flip-Flops. Wer sich zu offenherzig kleidet, kann sich damit unter Umständen seine Chancen auf die nächste Beförderung vermasseln – und merkt es nicht einmal.

Droht bei Missachtung der Kleiderordnung die Kündigung?


Grundsätzlich ist dies tatsächlich möglich, wenn es auch selten vorkommt. Zum Beispiel bestätigte das Arbeitsgericht Cottbus einem Möbelhaus die Kündigung einer Arbeitnehmerin, die entgegen den Weisungen des Arbeitgebers ihre eigene Kleidung statt der vorgeschriebenen einheitlichen Bekleidung angezogen hatte. Wichtig: In solchen Fällen muss zuerst eine erfolglose Abmahnung stattgefunden haben, damit eine verhaltensbedingte Kündigung möglich ist (Az. 6 Ca 1554/11).

In der Schule - zu sexy für den Unterricht?


Auch in der Schule ist die Frage nach dem richtigen Sommer-Outfit gar nicht so unwichtig. Es gibt dazu allerdings keine gesetzlichen Regeln oder ministeriellen Erlasse. Für Schüler gilt wie für Arbeitnehmer auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das auch eine freie Kleiderwahl einschließt. Aber: Wenn allzu freizügige Outfits den Schulbetrieb stören, kann die Schule dagegen einschreiten. Schulen können insoweit in ihrer Schulordnung selbst entsprechende Bestimmungen festlegen. In der Regel muss eine Schulordnung von einer Schulkonferenz beschlossen werden. Bei dieser haben auch die Vertreter von Eltern und Schülern mitzureden.

Aus den Bundesländern Baden-Württemberg und Niedersachsen sind einzelne Fälle bekannt, in denen von einer Schulleitung ein Verbot aufreizender Kleidung im Sommer verhängt wurde. Dies bezog sich hauptsächlich auf Hotpants und bauchfreie Tops bei Mädchen, aber auch auf ärmellose Shirts bei Jungen. Dort erhalten die betreffenden Schülerinnen und Schüler bei Nichtbeachtung des Dresscodes ein T-Shirt in Übergröße, das sie über der Kleidung tragen müssen. Auch in NRW wollen Schulen in letzter Zeit gegen allzu leichte Kleidung vorgehen.

Eine katholische Schule in Hamburg hat ebenso Regeln gegen aufreizende Sommerkleidung aufgestellt. Diese lässt jedoch ihre Lehrer bei Zuwiderhandlungen nur höflich auf die Schulordnung hinweisen. Zu Gerichtsverfahren haben solche Fragen in Deutschland soweit bekannt noch nicht geführt.

Schulverweis wegen zu knapper Kleidung?


Wenn sich ein Schüler dauerhaft nicht regelkonform verhält, kann die Schule darauf mit Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen reagieren. Die Schulgesetze der Bundesländer regeln im Einzelnen, was darunter zu verstehen ist. Ein Schulverweis stellt eine Ordnungsmaßnahme dar, die in der Regel nur bei schwerwiegendem Fehlverhalten oder einer nachhaltigen Störung des Unterrichts verhängt werden kann. Dies wird bei unangemessener Kleidung wohl eher nicht der Fall sein. Wie gesagt: Gerichtsverfahren zum Thema „zu knappe Kleidung in der Schule“ sind nicht bekannt.

Können die Eltern belangt werden?


Selbst bei groben Verstößen wie Schlägereien, Erpressungsversuchen oder Waffenbesitz ist in den Schulordnungen außer Ordnungsmaßnahmen gegen den betreffenden Schüler (und im Falle von Straftaten einer Anzeige bei der Polizei) meist nur eine „Mitteilung an die Eltern“ vorgesehen. Eltern sollten trotzdem mit ihren Kindern rechtzeitig über das Thema sommerliche Kleidung in der Schule reden, um die richtige Auswahl zu befördern. Denn die Kleidung ist immer auch eine Botschaft an die Mitmenschen. Und allzu leichte Bekleidung führt zu unbeabsichtigten Reaktionen.

Praxistipp zur Bekleidung in Büro und Schule bei Sommerhitze


Leinen, Baumwolle oder Seide sind als natürliche Materialien besonders atmungsaktiv und kühlen. Kunstfasern wie Nylon oder Polyester fördern eher das Schwitzen. Helle Farben reflektieren das Licht und lassen sich angenehmer tragen als dunkle Töne, die stärker die Wärme speichern. Gerät man als Arbeitnehmer wegen seiner Kleidung mit dem Chef aneinander, ist eine Beratung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu empfehlen. Sind Schüler mit einer von der Schule verhängten Ordnungsmaßnahme wegen zu knapper Bekleidung nicht einverstanden, ist ein Anwalt mit Schwerpunkt Verwaltungsrecht bzw. Schulrecht der geeignete Ansprechpartner.

(Wk)


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 Günter Warkowski
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