Wer erbt die Lebensversicherung?

23.06.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 4 Min. (6775 mal gelesen)
Lebensversicherung,erben,Nachlass,Angehörige Wer das Geld aus einer Lebensversicherung bekommt, ist nicht immer eindeutig. © Ma - Anwalt-Suchservice

Nach wie vor sind Lebensversicherungen eine beliebte Form der Vorsorge. Wie ist nun jedoch das Verhältnis zwischen Lebensversicherung und Erbrecht? Und welche sinnvollen Regelungen kann der Versicherungsnehmer treffen?

Lebensversicherungen können der Altersvorsorge dienen. Sie können auch dabei helfen, die Angehörigen des Sparers abzusichern. Zu unterscheiden sind Kapitallebensversicherungen, die als Geldanlage dienen, und Risikolebensversicherungen zur Absicherung von Hinterbliebenen. Die lange Niedrigzinsphase hat in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass Lebensversicherungen keine besonders lohnende Geldanlage mehr waren. Inzwischen sind die Zinsen jedoch gestiegen. Und auch weitere Vorteile sind möglich. Hier erklären wir, was beim Erbfall mit einer Lebensversicherung passiert.

Lebensversicherung: Wer bekommt das Geld?


Eine Lebensversicherung auf den Todesfall oder Risikolebensversicherung dient – im Gegensatz zur Kapitallebensversicherung – nicht der Geldanlage für die eigene Altersvorsorge. Ihr Zweck ist vielmehr die Absicherung der Angehörigen. Beim Vertragsabschluss nennt der Versicherungsnehmer einen Bezugsberechtigten – etwa seinen Ehepartner oder sein Kind. Diese Person bekommt dann bei Eintritt des Versicherungsfalles die Versicherungssumme ausgezahlt. Es können auch mehrere Personen als Bezugsberechtigte benannt werden. Dann kann der Versicherungsnehmer bestimmen, welchen Anteil der Versicherungssumme die einzelnen Personen erhalten sollen. Ohne eine solche Festlegung erfolgt eine Auszahlung zu gleichen Teilen.

Erben und Lebensversicherung


Das Geld aus der Lebensversicherung bekommen völlig unabhängig vom Erbrecht die Bezugsberechtigten. Die Versicherungssumme wird also an den oder die laut Vertrag Bezugsberechtigten ausgezahlt, ob diese nun Erben des Versicherungsnehmers sind oder nicht. Aber: Niemand zwingt den Versicherungsnehmer, überhaupt einen Bezugsberechtigten zu nennen. Wenn er dies nicht tut, gehört die Versicherungssumme zum Nachlass und wird unter den Erben aufgeteilt wie alles andere auch.

Was muss man zu Lebensversicherung und Pflichtteil wissen?


Probleme entstehen oft im Zusammenhang mit dem Pflichtteil. Diesen erhalten nahe Angehörige, wenn sie durch eine letztwillige Verfügung (Testament, Erbvertrag) vom Erbe ausgeschlossen und damit enterbt sind.
Pflichtteilsberechtigt sind die Abkömmlinge (Kinder, Enkel) des Erblassers, außerdem dessen Ehepartner und seine Eltern. Wenn es Kinder gibt, erhalten die Enkel und die Eltern des Erblassers nichts.

Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Eine Lebensversicherung mit namentlich benannten Berechtigten fällt zwar nicht in den Nachlass. Rechtlich wird sie jedoch als eine Art Schenkung zu Lebzeiten angesehen, und so etwas darf den Pflichtteil nicht schmälern. Daher hat der Pflichtteilsberechtigte zum Ausgleich einen sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen die Erben.

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes funktioniert dies so: Man rechnet die Lebensversicherung für die Berechnung des Pflichtteils fiktiv zum Nachlass dazu (Az. IV ZR 230/08). Der Pflichtteil wird dadurch größer. Die Lebensversicherung wird dabei wertmäßig mit ihrem Rückkaufswert zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers angesetzt. Meist ist die Versicherungssumme jedoch höher als der Rückkaufswert.

Was unterscheidet widerrufliches und unwiderrufliches Bezugsrecht?


Bei einer Lebensversicherung unterscheidet man auch zwischen dem widerruflichen und dem unwiderruflichen Bezugsrecht.
Widerrufliches Bezugsrecht heißt: Der Versicherungsnehmer kann den Bezugsberechtigten bis zu seinem Tod ändern. Dies kommt häufig vor.
Unwiderrufliches Bezugsrecht bedeutet: Eine Änderung der bezugsberechtigten Person erfordert die Zustimmung des bisherigen Bezugsberechtigten.

Die Unwiderruflichkeit hat die Folge, dass der Bezugsberechtigte bereits zu Lebzeiten des Versicherungsnehmers Inhaber des Anspruchs auf die Versicherungssumme ist. Dies hat zum Beispiel dann Vorteile, wenn dem Versicherungsnehmer bereits ein Schwarm Gläubiger hinterherläuft und seine Insolvenz abzusehen ist.

Welche Folgen hat der Tod des Bezugsberechtigten?


Natürlich kann es vorkommen, dass der Bezugsberechtigte vor dem Versicherungsnehmer stirbt. In diesem Fall hängt alles von der obigen Unterscheidung ab: Wenn die Bezugsberechtigung widerruflich war, kann der Versicherungsnehmer einfach einen neuen Bezugsberechtigten benennen. War die Bezugsberechtigung unwiderruflich, geht der Anspruch auf die Versicherungssumme vom Bezugsberechtigten auf dessen Erben über.

Wie kann ein Widerruf Klarheit schaffen?


Ein Widerruf der Bezugsberechtigung kann dazu beitragen, späterem Streit unter den Angehörigen vorzubeugen. Wenn der Versicherungsnehmer die Bezugsberechtigung widerruft, ohne einen neuen Bezugsberechtigten zu nennen, wird die Versicherungssumme Teil des Nachlasses. Sie wird nach seinem Tod unter den Erben aufgeteilt. Der Widerruf muss durch eine schriftliche Erklärung gegenüber dem Versicherer erfolgen.

Erbausschlagung und trotzdem Geld - wie geht das?


Der Versicherungsnehmer kann auch anstelle einer Einzelperson einfach "die Erben" als Bezugsberechtigte für die Lebensversicherung eintragen. Dann sind laut § 160 Absatz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) seine Erben im Verhältnis ihrer Erbanteile bezugsberechtigt.
Die Versicherungssumme fällt dann jedoch nicht in den Nachlass. Schlagen also die Erben jetzt das Erbe aus (weil es zum Beispiel überwiegend aus Schulden besteht), erhalten sie immer noch das Geld aus der Lebensversicherung.

Was muss man zur Erbschaftsteuer wissen?


Auch, wenn die Versicherungssumme der Lebensversicherung nicht in den Nachlass fällt, kann dafür Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer zu zahlen sein. Der Betrag aus der Lebensversicherung wird nämlich als eine sogenannte "freigebige Zuwendung" angesehen, also als Zuwendung ohne Gegenleistung und damit als Geschenk. Ob Steuern anfallen, hängt dann vom Freibetrag der begünstigten Person ab.
Ein Beispiel: Der Freibetrag für Ehe- und Lebenspartner liegt gemäß § 16 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes bei 500.000 Euro, der für Kinder beträgt 400.000 Euro.

Praxistipp zum Erben der Lebensversicherung


Wer das Geld aus einer Lebensversicherung schließlich erhält, steht nicht so eindeutig fest, wie man meist denkt. Will man selbst ganz sichergehen, dass bestimmte Personen mit bestimmten Geldbeträgen bedacht werden, empfiehlt sich eine Beratung bei einem Fachanwalt für Erbrecht.

(Bu)


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 Stephan Buch
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