Der Bausparvertrag: Wie funktioniert er und lohnt er sich nach der Zinswende wieder?

24.05.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Hausbau,Bausparen,Immobilienkauf,Finanzierung Lohnt sich heutzutage ein Bausparvertrag wieder? © - freepik
Das Wichtigste in Kürze

1. Sparphase: Bei einem Bausparvertrag zahlt der Bausparer regelmäßige Beiträge in einen Vertrag ein, bis eine vereinbarte Bausparsumme erreicht ist. Diese Phase dient dem Ansparen von Eigenkapital und wird als Sparphase bezeichnet.

2. Zuteilung: Nach Erreichen eines bestimmten Sparziels (in der Regel ein bestimmter Prozentsatz der Bausparsumme) und nach Ablauf einer bestimmten Mindestsparzeit wird der Bausparvertrag zugeteilt. Der Bausparer hat dann Anspruch auf ein zinsgünstiges Bauspardarlehen.

3. Auszahlung/Darlehensphase: Nach der Zuteilung kann der Bausparer über das angesparte Guthaben und das Bauspardarlehen verfügen, um damit beispielsweise eine Immobilie zu finanzieren oder zu modernisieren. Das Bauspardarlehen muss in monatlichen Raten zurückgezahlt werden.

4. Geldanlage: Viele Arbeitnehmer nutzen den Bausparvertrag auch lediglich als Geldanlage. Vorteil: Die meisten Arbeitgeber schießen einen gewissen Betrag als vermögenswirksame Leistung (VL) hinzu, den der Arbeitnehmer sonst nicht erhalten würde. Das erhöht den am Ende auszuzahlenden Betrag.

5. Staatlichen Förderungen: Bausparer können bis zu bestimmten Einkommensgrenzen entweder die Wohnungsbauprämie oder die Arbeitnehmer-Sparzulage in Anspruch nehmen.
Im Jahr 2022 liefen bei deutschen Bausparkassen insgesamt 22.586.000 Bausparverträge. Dies ist der niedrigste Stand seit langem. Fünf Jahre zuvor waren es noch 27.772.000 (Quelle: Statista). Bausparverträge können einerseits bei der Finanzierung einer eigenen Immobilie oder beim Hausbau helfen. Andere betrachten sie als reine Investition. Wie funktioniert ein Bausparvertrag und welche Auswirkungen hat die aktuelle Zinsentwicklung?

Wie funktioniert ein Bausparvertrag?


Die Vertragspartner vereinbaren zu Anfang eine feste Bausparsumme, die am Ende erreicht werden soll. Der Bausparvertrag hat zwei Phasen. Zuerst kommt die Ansparphase. Während dieser zahlt der Sparer jeden Monat einen fest vereinbarten Geldbetrag ein. Dieser wird auch als Sparrate bezeichnet. Für das Sparguthaben erhält der Sparer Zinsen.

Je nach Vereinbarung endet diese Phase, wenn 30 bis 50 Prozent der Bausparsumme erreicht sind. Dann beginnt die sogenannte Darlehensphase. Der entsprechende Anbieter - wie eine Bausparkasse - gibt dem Sparer also den noch fehlenden Betrag zur Bausparsumme als Darlehen. Dafür muss dieser Zinsen bezahlen.

Ist in der Ansparphase der vereinbarte Betrag angespart und die Mindestspardauer abgelaufen, ist der Bausparvertrag zuteilungsreif. Dann wird das Bauspardarlehen ausgezahlt und der Bausparer kann seinen Hausbau oder Immobilienkauf in Angriff nehmen. Er muss in der Folgezeit das Bauspardarlehen plus Zinsen abzahlen.

Wofür kann ich einen Bausparvertrag nutzen?


Grundsätzlich ist ein Bausparvertrag zweckgebunden. Das Bausparguthaben und das Bauspardarlehen können zum Hausbau genutzt werden, aber auch zum Kauf einer Immobilie, zur Modernisierung oder zum Einbau einer neuen Heizung. Auch eine Sauna oder eine neue Küche können so finanziert werden.

Die gesetzliche Vorgabe ist eine sogenannte "wohnwirtschaftliche Verwendung". Der Bausparvertrag muss also einem Zweck dienen, der im Zusammenhang mit der Nutzung von Wohnraum steht. Darunter fällt alles, was in ein Haus fest eingebaut wird. Beispiele: Eine neue Küche oder eine neue Badewanne: Ein neues Sofa oder eine neue Schrankwand fallen nicht darunter.

Wie nutzt man einen Bausparvertrag als Geldanlage?


Allerdings ist es auch möglich, sich das Bausparguthaben bei Zuteilungsreife einfach auszahlen zu lassen, ohne das Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen. Dann kann das Geld beliebig verwendet werden. Es ist auch möglich, nach Zuteilungsreife ohne Inanspruchnahme des Darlehens einfach weiter auf den Vertrag einzuzahlen und Zinsen für das Sparguthaben zu erhalten.

Allerdings haben die Bausparkassen die Möglichkeit, den Bausparvertrag zehn Jahre nach Zuteilungsreife zu kündigen. Denn: Sein grundsätzlicher Sinn besteht ja darin, eine Immobilie zum Wohnen zu finanzieren.

Inwieweit die Nutzung des Bausparvertrages als Geldanlage sich lohnt, hängt von der jeweils aktuellen Verzinsung ab. Vor der Niedrigzinsphase konnte es durchaus rentabel sein, den Bausparvertrag als Geldanlage zu verwenden. Mit dem Absinken der Zinsen Richtung Null war dies dann jedoch nicht mehr der Fall.

Wie nutze ich vermögenswirksame Leistungen beim Bausparvertrag?


Vermögenswirksame Leistungen zahlt - freiwillig - der Arbeitgeber. Diese sollen Arbeitnehmern den Vermögensaufbau erleichtern und fließen daher direkt vom Arbeitgeber in eine Geldanlage. Dies kann auch ein Bausparvertrag sein. Die Höhe der VL ist nicht gesetzlich geregelt, allerdings betragen sie höchstens 40 Euro monatlich. Zahlt der Chef weniger, kann der Arbeitnehmer den Restbetrag bis zum Erreichen der 40 Euro ergänzen.

Welche staatlichen Förderungen gibt es für einen Bausparvertrag?


Bausparer können entweder die Wohnungsbauprämie oder die Arbeitnehmer-Sparzulage in Anspruch nehmen. Bei der Wohnungsbauprämie erhalten sie vom Staat einen Zuschuss von zehn Prozent der selbst getätigten Einlagen, allerdings begrenzt auf 70 Euro im Jahr bei Singles und 140 Euro im Jahr bei Ehepaaren. Bedingung ist eine wohnungswirtschaftliche Verwendung des Ansparbetrages. Das Mindestalter liegt bei 16 Jahren. Das zu versteuernde Einkommen muss unter 35.000 Euro bei Singles und unter 70.000 Euro bei Ehepaaren liegen.

Die Arbeitnehmer-Sparzulage beträgt fürstliche 43 Euro im Jahr. Gezahlt wird sie Arbeitnehmern oder Beamten, die vermögenswirksame Leistungen von ihrem Arbeitgeber bekommen, welche in einen Bausparvertrag fließen. Bedingung ist ein Einkommen von höchstens 17.900 Euro bei Singles und 35.800 Euro bei zusammenveranlagten Ehepaaren. Die Arbeitnehmer-Sparzulage ist ebenfalls zweckgebunden. Sie ist beim Finanzamt zu beantragen.

Außerdem kann ein Bausparvertrag auch mit einer Riester-Förderung kombiniert werden. Dann spricht man von "Wohn-Riester". Auch diese Förderung ist zweckgebunden. Sie ist nur für selbstgenutzte Wohnimmobilien möglich.

Welche Auswirkungen hat die Zinswende auf den Bausparvertrag?


Im Mai 2023 weist eines der gängigen Vergleichsportale als günstigsten Zinssatz für Baudarlehen 3,45 Prozent aus (350.000 Euro Darlehensbetrag, Sollzinsbindung 10 Jahre). Weitere Zinssteigerungen sind wahrscheinlich.

Bei Bausparverträgen wird der Zinssatz an zwei Punkten wichtig: einmal bei der Verzinsung des Bausparguthabens und dann beim zu zahlenden Zins für das Bauspardarlehen.

Wenn man sich wieder die Vergleichsportale ansieht, liegt der Guthabenzins aktuell bei etwa 0,01 bis 1,1 Prozent, während sich der Darlehenszins je nach Anbieter zwischen 1,41 und 5,92 Prozent bewegt. Hier gibt es also ganz erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Anbietern.

Bei Festgeldzinsen weisen Vergleichsportale bereits Zinssätze von 3,65 Prozent, teils über 4 Prozent aus, jeweils für Neukunden und eine Anlage von 12 Monaten, jedoch meist mit einem Mindestbetrag von einigen tausend Euro. Als reine Geldanlage zum Sparen lohnt sich der Bausparvertrag daher derzeit nicht. Zwar stellen die staatlichen Förderungen einen gewissen Vorteil dar. Diese sind jedoch an eine wohnungswirtschaftliche Verwendung des Geldes gebunden.

Anders sieht es beim Darlehenszins aus. Dieser ist beim Bausparvertrag oft niedriger, als bei einem normalen Baukredit. Die Darlehenszinsen bei Bausparverträgen steigen außerdem langsamer, als die auf dem allgemeinen Kreditmarkt.

Wer sich also mit der Absicht der Baufinanzierung einen Anbieter sucht, der einen niedrigen Darlehenszinssatz hat, kann dadurch günstiger finanzieren, als bei einem herkömmlichen Baudarlehen. Allerdings dient ein Bausparvertrag in der Regel nur zur Finanzierung eines Teilbetrages. Ein Vorteil ist auch, dass beim Bausparen für den Hausbau die staatlichen Förderungen in Anspruch genommen werden können. Letztendlich kommt es hier auf einen gründlichen Vergleich der Anbieter und der Konditionen an.

Welche Kosten entstehen bei einem Bausparvertrag?


In der Regel fällt eine Abschlussgebühr von 1 bis 1,6 Prozent der Bausparsumme (also Sparguthaben + Darlehen) an. Nach mehreren Gerichtsurteilen sind AGB-Klauseln unwirksam, die den Kunden zusätzlich die Zahlung einer Servicepauschale oder eines Jahresentgelts auferlegen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.11.2022, Az. XI ZR 551/21). Solche Jahresentgelte waren zeitweise üblich und lagen zwischen 12 und 20 Euro.

Was passiert, wenn ich zeitweise keine Einzahlungen leisten kann?


Die Einzahlungen in einen Bausparvertrag können in aller Regel auch zeitweise reduziert oder ganz ausgesetzt werden, wenn das Geld auf der Sparerseite knapp wird. Genaueres regeln die jeweiligen Vertragsbedingungen des Anbieters. Hier sollte man jedoch bedenken, dass sich dadurch das Erreichen des Sparzieles zeitlich verzögert. Auch können staatliche Zulagen dann oft nicht voll in Anspruch genommen werden. Daher ist es wichtig, von Anfang an nur einen monatlichen Ansparbetrag festzulegen, den man sich auch in schlechteren Zeiten leisten kann.

Praxistipp zum Bausparvertrag


Zu den Vorteilen des Bausparvertrages gehören fest vereinbarte Zinsen und hohe Planbarkeit sowie die Inanspruchnahme staatlicher Förderungen. Auch können die Zinsen für das Bauspardarlehen je nach Anbieter deutlich unter denen für ein herkömmliches Baudarlehen liegen. Andererseits sind die Abschlusskosten relativ hoch. Meist ist während der Laufzeit keine vorzeitige Kapitalentnahme möglich, ebenso keine Änderung der Ansparbeträge. Das angesparte Geld wird langfristig gebunden. Bei Problemen mit einer Bausparkasse empfiehlt es sich, einen spezialisierten Anwalt aufzusuchen. Dies wäre hier ein Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

(Ma)


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