Was kann der Erblasser mit einem Vermächtnis regeln?

09.10.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Vermächtnis,Erbe,Testament,Nachlass,Erbschaft Ein Vermächtnis ist eine besondere Art der Nachlassregelung. © - freepik
Das Wichtigste in Kürze

1. Begriff: Ein Vermächtnis ist eine Verfügung von Todes wegen, mit der der Erblasser einer bestimmten Person einen einzelnen Vermögensvorteil zuwendet, ohne diese zum Erben zu machen.

2. Inhalt: Gegenstand eines Vermächtnisses kann jeder vermögenswerte Vorteil sein, z.B. Geldbeträge, bestimmte Sachen oder Immobilien.

3. Wirkung: Die von einem Vermächtnis begünstigte Peson kann von den Erben die Erfüllung des Vermächtnisses verlangen, also z.B. die Herausgabe eines Ringes.
Für viele Menschen ist ein "Vermächtnis" gleichbedeutend mit dem Nachlass einer Person oder mit dem, was der oder die Verstorbene zu Lebzeiten in der Welt bewirkt hat. Rechtlich ist ein Vermächtnis allerdings ein fester Begriff. Dieser steht für eine letztwillige Anordnung des Erblassers in einem Testament oder Erbvertrag. Mit einem Vermächtnis kann man festlegen, dass eine bestimmte Person einen bestimmten Gegenstand aus dem Nachlass bekommen soll. Diese Person wird dadurch jedoch nicht zum Erben. Sie hat auch nicht dessen Rechte oder Pflichten. Ein Beispiel: Der Erblasser macht seine Ehefrau per Testament zur Alleinerbin. Daneben legt er fest, dass sein Neffe seinen Sportwagen bekommen soll, weil dieser auch Autofan ist wie der Erblasser.

Wozu dient ein Vermächtnis?


Wenn jemand durch Testament oder nach dem gesetzlichen Erbrecht Erbe geworden ist, erbt dieser immer einen bestimmten Anteil am Nachlass. Er oder sie kann auch als Alleinerbe den gesamten Nachlass erben. Es ist jedoch gesetzlich nicht vorgesehen, Erben bestimmte, einzelne Gegenstände zukommen zu lassen. Gibt es mehrere Erben, müssen diese als Erbengemeinschaft im Grunde also den ganzen Nachlass verkaufen und jeder erhält dann seinen prozentualen Anteil.

Natürlich kommt es trotzdem vor, dass ein Erblasser ein besonderes Erinnerungsstück, einen persönlichen Wertgegenstand oder zum Beispiel den Familienschmuck einer bestimmten Person zukommen lassen will. Für diesen Fall ist das Vermächtnis vorgesehen. Mit ihm kann einer Person etwas Bestimmtes zugedacht werden. Diese Person wird rechtlich kein Erbe. Sie ist also nicht Teil der Erbengemeinschaft und muss sich auch nicht um eventuelle Streitigkeiten innerhalb dieser kümmern. Das Vermächtnis wird oft auch dafür genutzt, einer Person etwas zukommen zu lassen, die normalerweise nichts erben würde. Dies könnte etwa ein guter Freund oder eine verdiente Pflegekraft sein.

Was ist der Unterschied zwischen einem Vermächtnis und einer Erbschaft?


Der Unterschied zwischen Vermächtnis und Erbschaft liegt im Umfang der Rechtsnachfolge und in den Rechten der begünstigten Person.

Der Erbe tritt mit dem Tod des Erblassers in dessen gesamte Rechtsnachfolge ein. Er übernimmt also alle Vermögenswerte, aber auch Schulden (Pflichten) des Verstorbenen. Der Erbe ist Rechtsnachfolger des Erblassers (§ 1922 BGB).

Der Vermächtnisnehmer wird dagegen nicht Erbe, sondern erhält nur den einzelnen Vermögensvorteil, den der Erblasser ihm im Vermächtnis zugewiesen hat. Das kann z.B. ein bestimmtes Schmuckstück, eine Geldsumme oder ein Wohnrecht sein. Er hat gegen den Erben lediglich einen Anspruch auf Herausgabe oder Erfüllung, tritt aber nicht in die gesamte Erbposition ein.

Welche Formalien sind beim Vermächtnis einzuhalten?


Für ein Vermächtnis sind keine besonderen Formvorschriften einzuhalten. Da es jedoch meist Teil des Testaments ist, sind dessen Formalien zu beachten. Das heißt: Ein eigenhändiges Testament muss vom Erblasser komplett selbst handschriftlich niedergeschrieben, unterzeichnet und mit Ort und Datum versehen sein. Es muss eindeutig daraus hervorgehen, wer was erben soll.

Das Wort "Vermächtnis" muss nicht zwingend genannt werden. Meist reicht es aus, wenn jemandem ausdrücklich nur ein einzelner Gegenstand zugewendet wird. Steht im oben genannten Beispiel im Testament, dass der Neffe den Sportwagen und die Ehefrau alles andere erben soll, wird auch ein Nachlassgericht in aller Regel davon ausgehen, dass die Frau Alleinerbin sein soll und der Neffe Vermächtnisnehmer.

Wenn die Bezeichnungen "Erbe" und "Vermächtnis" nicht benutzt werden, kommt die Auslegungsregel des § 2087 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zur Anwendung. Danach ist entscheidend, ob jemand einen einzelnen Gegenstand oder das ganze Vermögen bzw. einen Bruchteil davon erhalten soll. Nur im letzteren Fall handelt es sich um eine Erbschaft. Was der Betreffende gewollt hat, ist also im Zweifel Auslegungssache. Das bedeutet für den Testamentsverfasser: Will man nicht, dass die Angehörigen später vor Gericht um eine Auslegung seines letzten Willens streiten, sollte man sich möglichst klar äußern.

Kann ein Vermächtnis an Auflagen und Bedingungen gebunden werden?


Ja, ein Vermächtnis kann sowohl Bedingungen als auch Auflagen enthalten – das erlaubt das Bürgerliche Gesetzbuch ausdrücklich (§§ 1940, 2074 ff. BGB).

Der Erblasser kann bestimmen, dass das Vermächtnis erst wirksam wird, wenn ein bestimmtes Ereignis eintritt (aufschiebende Bedingung) oder endet, sobald ein Ereignis eintritt (auflösende Bedingung).
Beispiel: „Mein Neffe erhält 10.000 €, wenn er sein Studium erfolgreich abschließt.“

Bei einer Auflage bleibt das Vermächtnis wirksam, aber der Vermächtnisnehmer muss etwas tun, dulden oder unterlassen, wie es der Erblasser bestimmt hat (§ 1940 BGB).
Beispiel: „Meine Nichte erhält mein Haus, unter der Auflage, dass sie es nicht verkauft, solange ihre Mutter darin lebt.“

Gegen wen macht der Vermächtnisnehmer das Vermächtnis geltend?


Ein Vermächtnisnehmer bekommt den zugewendeten Gegenstand nicht automatisch, sondern muss sich an die Erben wenden. Gegen diese hat er einen einklagbaren Anspruch auf Herausgabe des betreffenden Gegenstandes. Dies regelt § 2174 BGB. Ein Vermächtnisnehmer kann sogar selbst mit einem Untervermächtnis belastet werden. In diesem Fall muss er selbst jemandem etwas herausgeben. Beispiel: Die Nichte erhält als Vermächtnis den Schmuck ihrer Tante. Sie muss jedoch eine besondere Brosche an die Nachbarin herausgeben, die immer für die Tante eingekauft hat.

Welche unterschiedlichen Arten von Vermächtnissen gibt es?


Das Vermächtnis hat mehrere Unterarten. Dazu gehört zum Beispiel das Ersatzvermächtnis. Mit ihm kann man eine Ersatzperson benennen, die den zugewendeten Gegenstand bekommen soll, wenn der eigentliche Vermächtnisnehmer beim Tod des Erblassers schon selbst verstorben ist.

Mit dem Nachvermächtnis wird jemandem etwas als Vermächtnis zugewendet, was dieser bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses an einen weiteren Vermächtnisnehmer abgeben muss. Zum Beispiel: Der Neffe des Erblassers ist noch minderjährig. Daher bekommt zunächst sein Vater den Sportwagen als Vermächtnis. Sobald der Neffe 18 wird, ist er Nachvermächtnisnehmer und darf sich die Autoschlüssel holen.

Was ist ein Vorausvermächtnis?


Das Vorausvermächtnis ist eine weitere Variante. Bei ihm wird ein Gegenstand durch ein Vermächtnis jemandem zugedacht, der gleichzeitig Erbe ist. Beispiel: Die Ehefrau und zwei Kinder des Erblassers sind testamentarische Erben. Zusätzlich zu ihrem Erbteil soll jedoch die Ehefrau als besonderes Erinnerungsstück den Sportwagen des Erblassers bekommen. Wenn dies im Testament festgelegt wird, ist das Auto nicht mehr Teil des Nachlasses. Es wird nicht auf den Erbteil der Witwe angerechnet und diese muss keinen Ausgleich an die anderen Erben zahlen. Solche Regelungen im Testament sorgen in der Praxis jedoch häufig für Probleme und Streit. Hier ist die Gefahr der Verwechslung mit einer sogenannten Teilungsanordnung groß. Bei dieser muss durchaus ein Ausgleich gezahlt werden. Wieder ist klare Ausdrucksweise im Testament gefragt.

Praxistipp zum Vermächtnis


Es ist wichtig, sich schon bei der Erstellung des Testaments und der Formulierung eines Vermächtnisses von einem Anwalt beraten zu lassen. Eine ungenaue oder falsche Formulierung kann erhebliche Folgen haben. Ein Fachanwalt für Erbrecht verfügt über besonderes Fachwissen in diesem Bereich.

(Ma)


 Ulf Matzen
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