Hohe Gaspreise: Kann ich vom Jobcenter Unterstützung bekommen?

29.09.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Heizkosten,Gaskrise,Jobcenter,Heizkostenzuschuss Welche staatlichen Hilfen gibt es für Menschen, die sich die hohen Energiekosten nicht leisten können? © freepik - freepik

Die Kosten für Heizung und Strom steigen rapide. So mancher Verbraucher wird Schwierigkeiten haben, hohe monatliche Vorauszahlungen und Nachzahlungen zu bewältigen. Hilft das Jobcenter?

Zwar sind die Erhöhungen der Heizkosten und der Stromkosten bei vielen Mietern noch nicht angekommen. Denn: Das wahre Ausmaß zeigt sich erst mit der Jahresabrechnung des Vermieters für 2022, und die ist im Jahr 2023 fällig. Allerdings werden auch schon mit der diesjährigen Heizkostenabrechnung viele Vermieter die monatlichen Vorauszahlungen heraufsetzen, um den gestiegenen Kosten Rechnung zu tragen, die sie selbst bereits zahlen müssen. Kann man im Notfall auf Hilfe vom Jobcenter hoffen?

Welche Hilfen gibt es für arbeitslose ALG II-Empfänger?


Empfänger von Arbeitslosengeld II erhalten zusätzlich zum Regelbedarf auch die Kosten für Unterkunft und Heizung. Diese müssen sich allerdings in angemessenem Rahmen bewegen. Nun haben viele Leistungsempfänger Angst, dass ihr Abschlag für Heizkosten plötzlich von 60 auf 200 Euro steigt, dass das Jobcenter diese Kosten nicht übernimmt und sie damit im Winter im Kalten sitzen.

Diese Befürchtung ist jedoch unbegründet: Auch die gestiegenen Heizkosten werden vom Jobcenter übernommen. Voraussetzung ist, dass sie angemessen sind. Sie sollten also in etwa dem Durchschnitt in der jeweiligen Region Deutschlands laut Heizspiegel und der Jahreszeit entsprechen und nicht im Missverhältnis zur Wohnungsgröße und zur Personenzahl stehen.

Probleme kann es eher geben, wenn mit Strom geheizt wird. Für die Stromkosten zahlt das Jobcenter normalerweise nichts extra. Im Regelsatz enthalten ist ein Betrag von 36 Euro im Monat für Strom. Zum Heizen ist dies viel zu wenig.

Droht einem Leistungsbezieher die Sperrung des Stromanschlusses, kann beim Jobcenter ein Darlehen beantragt werden, um die Stromrechnung zu bezahlen. Allerdings ist dieses vom Regelsatz abzutragen - die Situation für die Leistungsbezieher wird dadurch nicht besser.

Hilft das Jobcenter auch Erwerbstätigen bei den Heizkosten?


Erwerbstätige können Hilfe bei der Heizkosten-Nachzahlung beim Jobcenter beantragen. Sie müssen dafür glaubhaft machen, dass sie die gestiegenen Kosten für Heizung und Warmwasser nicht mehr aus eigener Tasche bezahlen können. Besondere Kriterien sind hier nicht bekannt. Das Einkommen, der Mietvertrag und die Anzahl der Personen im Haushalt werden bei der individuellen Entscheidung berücksichtigt.

Erwerbstätige können also auch Hilfe für eine besonders hohe Nachzahlung der Heizkosten bekommen, ohne ALG II zu beziehen.

Eigenes Vermögen spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Die sonst übliche Vermögensprüfung wurde im im März 2020 wegen der Corona-Pandemie ausgesetzt und findet derzeit nicht statt. Allerdings gibt es gewisse Obergrenzen: Ab einem Vermögen von 60.000 Euro beim Antragsteller spielt das Vermögen dann doch eine Rolle und fließt in die Entscheidung ein. Ein weiteres Mitglied des Haushalts darf bis zu 30.000 Euro auf der hohen Kante haben.

Wie beantrage ich die Hilfe beim Jobcenter?


Für Erwerbstätige gibt es keinen besonderen Antrag. Es muss der normale ALG II-Antrag verwendet werden, den man sich bei der Behörde downloaden kann.

Wichtig: Sie müssen den Antrag in dem Monat stellen, in dem die jeweiligen Heizkosten fällig sind. Geht es also um eine Heizkostenabrechnung vom 1. November 2022 mit Nachzahlung fällig am 15. November 2022, muss die Hilfe unbedingt bis 30. November beantragt werden. Danach ist es zu spät.

Wird der erste Antrag abgelehnt, ist es denkbar, es in den Folgemonaten erneut zu versuchen. Derzeit ist es nicht unwahrscheinlich, dass sich die Voraussetzungen für derartige Hilfen immer wieder ändern.

Wo bekommen Rentner Hilfe bei den Heizkosten?


Rentner bekommen Hilfe nicht vom Jobcenter, sondern vom Sozialamt. Dieses zahlt die Grundsicherung im Alter. Zusätzlich zum Regelsatz werden hier die tatsächlich entstandenen, angemessenen Kosten für Unterkunft berücksichtigt, nämlich Miete,
Nebenkosten und Heizkosten.

Außerdem gibt es noch die Hilfe zum Lebensunterhalt als Auffangsystem für solche Personen, die kein Arbeitslosengeld II und keine Grundsicherung im Alter bekommen oder die vollständig erwerbsgemindert sind. Zum Beispiel sind dies Menschen, deren Erwerbsminderung nicht als dauerhaft eingestuft wurde oder die in einer stationären Einrichtung leben.

Welche Zuschüsse sieht das zweite Entlastungspaket vor?


Das Ende Februar 2022 beschlossene Zweite Entlastungspaket sah zum Thema Energiekosten vor:

- Einmalige Energiepreispauschale von 300 Euro für Erwerbstätige, Selbstständige und Gewerbetreibende. Auszahlung über Lohnabrechnung des Arbeitgebers. Selbstständige bekommen Vorschuss über eine einmalige Senkung der Einkommensteuer-Vorauszahlung.

- Kinderbonus von 100 Euro pro Kind, einmalig, Auszahlung ab Juli 2022, Anrechnung auf steuerlichen Kinderfreibetrag,

- Einmalzahlung für Empfänger von Sozialleistungen: Bereits beschlossene Einmalzahlung wird auf 200 Euro verdoppelt.

Welche Leistungen sieht das dritte Entlastungspaket vor?


Das dritte Entlastungspaket wurde im September 2022 beschlossen. Zu seinen Hilfen gehören unter anderem:

- Energiepauschale für Rentner und Rentnerinnen in Höhe von 300 Euro, Auszahlung zum 1.12.2022 über Deutsche Rentenversicherung,

- Einmalzahlung für Studierende und Fachschüler in Höhe von 200 Euro.

- Erhöhung des Kindergelds um 18 Euro pro Monat

- Reform des Wohngeldes mit Ausweitung der Berechtigten (voraussichtlich ab 1. Januar 2023)

- Heizkostenzuschuss für Wohngeldberechtigte

- Strompreisbremse.

Welchen Heizkostenzuschuss bekommen Wohngeldberechtigte?


Für die Heizperiode von September bis Dezember 2022 gibt es für Wohngeldempfänger einmalig einen zweiten Heizkostenzuschuss: Geplant sind für eine Einzelperson 415 Euro, für zwei Personen 540 Euro und für jede weitere Person weitere 100 Euro.

Ab 1. Januar 2023 sollen dann die Änderungen der Wohngeldreform greifen, die auch einen eigenen Heizkostenzuschuss beinhaltet.

Praxistipp zum Heizkostenzuschuss vom Jobcenter


Der Umgang mit Sozialbehörden wie dem Jobcenter kann bisweilen schwierig sein. Im Konfliktfall kann ein Anwalt für Sozialrecht Sie beraten und Ihnen helfen. Auch bei schmaler Brieftasche gibt es anwaltliche Unterstützung im Rahmen von Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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