Heizperiode: Wann und wie muss der Vermieter heizen?

10.10.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Thermostat,Heizung,Frostschutzeinstellung Kalte Jahreszeit: Wie muss die Mietwohnung beheizt werden? © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Heizperiode: Die Heizperiode ist nicht gesetzlich festgelegt. Gemäß Rechtsprechung erstreckt sie sich vom 1. Oktober bis zum 1. Mai. Während dieser Zeit müssen die Wohnräume ausreichend beheizt werden können.

2. Mindesttemperaturen: Laut der Rechtsprechung muss tagsüber eine Mindesttemperatur von 20 bis 22 Grad Celsius herrschen. Zwischen 23 Uhr und 6 Uhr sind mindestens 18 Grad ausreichend.

3. Mietminderung: Raumtemperaturen, die unterhalb der genannten Mindesttemperaturen liegen, sind ein Sachmangel. Mieter sind dann zur Mietminderung berechtigt.
Die Heizkosten bezahlt in einer Mietwohnung üblicherweise der Mieter. Sie werden jedoch über den Vermieter abgerechnet. Für Mieter ist es vorteilhaft, wenn beim Umgang mit der Heizung wirtschaftlich vernünftig gearbeitet wird. Allerdings passiert es auch, dass das Sparprogramm des Vermieters Mietern zu weit geht. Menschen haben nun einmal ganz unterschiedliche Wohlfühltemperaturen. Daher führen auch eine zu schwache Heizleistung oder eine zu starke Nachtabsenkung immer wieder zum Streit.

Wann muss der Vermieter grundsätzlich heizen?


Vermieter sind nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) dazu verpflichtet, ihren Mietern eine gebrauchsfähige Wohnung zur Verfügung zu stellen. Diese muss natürlich auch beheizbar sein. Die Heizung darf zwar in den Sommermonaten auch mal aus bleiben. Sobald es jedoch im Herbst kalt wird, muss sie laufen.

Nach überwiegender Ansicht der Gerichte dauert die sogenannte Heizperiode etwa vom 1. Oktober bis zum 1. Mai. Nur richtet sich das Wetter nicht nach Terminplänen oder Kalendermonaten. Die Heizperiode ist daher nicht gesetzlich festgelegt. Auch gibt es keine gesetzlich festgelegten Mindesttemperaturen für Mietwohnungen. Oft werden Temperaturangaben aus DIN-Normen als Richtwerte verwendet. Diese beziehen sich jedoch eigentlich auf Arbeitsstellen. Für Mietwohnungen sind daher die Urteile der Gerichte maßgeblich. Diese sind nicht einheitlich. Man kann daraus jedoch einige Faustregeln ableiten:

- Sinkt die Raumtemperatur in einer Wohnung tagsüber für mehr als ein paar Stunden unter 18 Grad und ist absehbar, dass das kalte Wetter anhält, muss der Vermieter die Heizung einschalten.
- Dies gilt unabhängig von Monat und Heizperiode.
- In der Regel geht man bei unter 16 Grad in der Wohnung von einer unverzüglichen Heizpflicht des Vermieters aus.

Wie warm muss eine Wohnung normalerweise mindestens sein?


Viele Gerichte haben entschieden, dass in einer Mietwohnung tagsüber eine Mindesttemperatur von 20 bis 22 Grad Celsius herrschen muss. Bei Nacht, also zwischen 23 Uhr und 6 Uhr, sind mindestens 18 Grad ausreichend. Manche Gerichte lassen hier 17 Grad gelten. Tiefere Temperaturen sind - zu normalen Zeiten - allerdings ein Sachmangel der Mietwohnung und können in der kalten Jahreszeit eine Mietminderung rechtfertigen. Zum Teil staffeln die Gerichte Heiztemperaturen nach unterschiedlichen Räumen.

Einige Vermieter schreiben eine niedrigere Mindesttemperatur gleich in den Mietvertrag hinein. Nur: Solche Vereinbarungen sind regelmäßig unwirksam.

Nach einem Urteil des Amtsgerichts Köln von 2016 muss in einer Mietwohnung auch nachts eine Mindesttemperatur von 18 Grad herrschen. Hier war aufgrund einer Nachtabsenkung die Temperatur in der Mietwohnung morgens zwischen 8 und 9 Uhr auf 16 bis 17 Grad abgesunken. Aus Sicht des Gerichts lag hier ein Mangel der Mietwohnung vor, der durch den Vermieter abzustellen sei. Der Mieter sei zur Mietminderung berechtigt (Urteil vom 5.7.2016, Az. 205 C 36/16).

Richtet sich die Temperatur nach der Mehrheit der Mieter?


Nein: Die Mindesttemperatur ist keine Mehrheitsentscheidung. Zwar ist es schon denkbar, dass die Mehrheit der Mieter in einem Haus aus Gründen der Kostenersparnis 15 Grad Celsius in Kauf nehmen möchte. Nur steht ihnen diese Entscheidung nicht zu. Das einzelne Seniorenpaar muss sich deswegen keine Lungenentzündung holen.

Welche Spielregeln gibt es für die Nachtabsenkung?


Der Vermieter darf eine Nachtabsenkung vornehmen. Er muss nicht 24 Stunden am Tag eine Temperatur von mindestens 20 bis 22 Grad garantieren. Gerichtsurteilen zufolge reicht es aus, wenn diese Temperatur am Tag zwischen 6 Uhr und 23 Uhr erreicht wird. Bei Nacht darf der Vermieter die Heizung so weit herunterregeln, dass die Wohnungen mit 18° C beheizt werden können.
Der Vermieter muss wirtschaftlich handeln - auch beim Heizen. Allerdings ist er nicht zu einer Nachtabsenkung verpflichtet. Es ist ausreichend, wenn die Mieter selbst in ihren jeweiligen Wohnungen die Temperatur individuell einstellen können.

Welche Nachteile hat eine zu starke Nachtabsenkung?


Die Nachtabsenkung muss genau auf das Gebäude abgestimmt sein, etwa auf dessen Wärmedämmung. Denn: Je besser eine Wohnung an Fenster und Dach abgedichtet ist, desto weniger Feuchtigkeit entweicht nach draußen. In einer Wohnung entsteht Luftfeuchtigkeit über unseren Atem, über das Kochen, Duschen, Wäschewaschen und Zimmerpflanzen.

Warme Luft nimmt Feuchtigkeit auf. Kühlt sie ab, gibt sie die Feuchtigkeit wieder an die Umgebung ab. Diese kondensiert und schlägt sich auf Fenstern, Wänden, Böden und Möbeln nieder. Wird die sogenannte Taupunkttemperatur unterschritten, kann die Raumluft keine Feuchtigkeit mehr aufnehmen.

Das heißt: Wird es nachts zu kalt, entsteht in der Wohnung zu viel Feuchtigkeit. Die Folge ist Schimmelbildung. Schimmelpilz kann nicht nur zu gesundheitlichen Problemen bei den Bewohnern führen, sondern auch die Bausubstanz erheblich schädigen. Seine fachmännische Beseitigung ist teuer.

Die entsprechenden Temperaturgrenzen unterscheiden sich von Wohnung zu Wohnung. Bei unter 17 Grad nachts ist allerdings das Risiko deutlich erhöht, dass sich zu viel Feuchtigkeit niederschlägt und hinter Wandverkleidungen, Tapeten oder Schränken unbemerkt Schimmel entsteht.

Einige Heizungsfachleute bezweifeln grundsätzlich den Sinn einer radikalen Nachtabsenkung. Häufig verbraucht die Heizung nämlich beim Wiederanfahren mehr Energie, um die ausgekühlte Wohnung wieder aufzuheizen, als die Nachtabsenkung eingespart hat.

Gasmangel: Droht 2022 eine Absenkung der Mindesttemperaturen?


Der russische Gaskonzern Gazprom hat seine Liefermengen an Deutschland durch die Pipeline Nord Stream 1 seit Mitte Juni deutlich heruntergefahren. Derzeit - Anfang August 2022 - sind die Gasspeicher zu knapp 70 Prozent gefüllt. Im November sollen es 95 Prozent sein - auch durch hohe LNG-Importe und unter der Voraussetzung, dass die russischen Lieferungen weiterlaufen und auch sonst nichts Unvorhergesehenes passiert.

Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) hat im Juni 2022 gefordert, bei einem Gasmangel die Mindesttemperaturen für Mietwohnungen per Gesetz herunterzusetzen. 18 Grad tagsüber und 16 Grad bei Nacht sollen nach Meinung des GdW die Untergrenze bilden. Ebenso hat sich der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, für eine Absenkung der Mindesttemperaturen ausgesprochen.

Ob es wirklich dazu kommt, ist noch unklar. Bundesbauministerin Klara Geywitz hat sich bereits gegen das "gesetzlich verordnete Frieren" ausgesprochen. Geywitz wies darauf hin, dass alles unter 20 Grad gesundheitsschädlich sein könne. Auch Nachteile für die Bausubstanz seien zu befürchten. Kritik kam auch von der bundeseigenen Energieagentur dena: Der Vorschlag sei verbraucherfeindlich und schade der Akzeptanz der Energiewende.

Einige große Wohnungsunternehmen - etwa Vonovia - haben bereits angekündigt, die Heiztemperaturen im Winter zu senken. Nachts soll die Temperatur in gasgeheizten Wohnungen auf 17 Grad gesenkt werden, tagsüber gibt es keine Veränderung. Damit bewegt sich Vonovia noch im Rahmen dessen, was zumindest einige Gerichte bisher für legal hielten. Mehr ist jedoch ohne weiteres nicht möglich - zumindest nicht ohne gesetzliche Absicherung.

Wann darf der Mieter die Miete mindern?


Wenn die Raumtemperaturen unter die genannten Werte sinken, liegt ein Sachmangel der Mietwohnung vor. Dann dürfen Mieter die Miete mindern. Allerdings sollten sie zunächst dem Vermieter den Missstand melden, damit dieser die Möglichkeit zur Abhilfe hat. Ohne eine solche Mängelmeldung erlischt das Recht auf Mietminderung. Auch kann der Mieter sich schadensersatzpflichtig machen, wenn es zu Folgeschäden kommt - zum Beispiel einem Frostschaden an Rohren nach einem Heizungsausfall. Mieter können nur bei erheblichen Mängeln die Miete mindern. Die niedrigen Temperaturen müssen daher von einer gewissen Dauer sein.

Das Amtsgericht Potsdam gestand einer Mieterin, deren Wohnung tagsüber mehrere Tage lang jeweils über mehrere Stunden nur unter 20 Grad warm geworden war, eine Mietminderung von zehn Prozent zu (Urteil vom 30.4.2012, Az. 23 C 236/10). Das Landgericht Frankfurt a. M. hielt bei einer Wohnung, die sich trotz vertraglich vereinbarter 21 Grad nur bis 19 Grad aufheizen ließ, eine Mietminderung von 15 Prozent für gerechtfertigt (Urteil vom 24.3.2000, Az. 2/17 S 315/99). Wenn die Heizung bei kalten Temperaturen im Winter komplett ausfällt, ist eine Mietminderung um 100 Prozent im Bereich des Möglichen.

Aber: Vor einer Mietminderung sollten sich Mieter gründlich darüber informieren, ob deren Höhe wirklich gerechtfertigt ist. Dazu gibt es sehr unterschiedliche Gerichtsentscheidungen. Eine zu hohe oder unbegründete Mietminderung führt dazu, dass sich ein Mietrückstand aufbaut. Erreicht dieser eine gewisse Höhe, darf der Vermieter fristlos kündigen.

Haben Mieter eine gesetzliche Heizpflicht?


Nein, eine gesetzliche Heizpflicht gibt es nicht. Allerdings sind Mieter aus dem Mietvertrag auch ohne ausdrückliche Erwähnung dazu verpflichtet, sorgsam mit ihrer Wohnung umzugehen und Schäden möglichst zu vermeiden.
Deswegen müssen sie auch dafür sorgen, dass es in der Wohnung warm genug ist, um Frostschäden an Heizungs- und Wasserrohren und Schimmel zu verhindern. Wer also ständig nachts die Heizung ausschaltet und im Daunenschlafsack nächtigt, um Heizkosten zu sparen, darf sich nicht wundern, wenn er irgendwann die Schimmelsanierung seiner Wohnung zu bezahlen hat. Mieter können hier gegenüber ihrem Vermieter schadensersatzpflichtig sein. Schimmelvorsorge bedeutet auch ausreichendes Lüften - am besten mehrmaliges Stoßlüften am Tag mit ganz geöffneten Fenstern.

Update vom 10.10.2022: Was besagen die neuen Energieeinsparverordnungen?


Zum 1. September und zum 1. Oktober 2022 sind zwei zeitlich begrenzte Energieeinsparverordnungen in Kraft getreten, die kurzfristige und mittelfristige Maßnahmen zur Energieeinsparung festlegen.

Dazu gehört, dass Räume in öffentlichen Gebäuden auf maximal 19 Grad aufgeheizt werden dürfen. Flure, Foyers und andere Räume, die nicht dem dauerhaften Aufenthalt dienen, werden dort nicht mehr beheizt. Private Swimmingpools innen und außen dürfen nicht mehr mit Strom aus dem Stromnetz beheizt werden.

Auch in Wohnungen soll mehr Heizenergie und speziell Gas gespart werden. Eigentümer von Gasheizungen sind nun dazu verpflichtet, einen sogenannten Heizungscheck durchzuführen, damit die Heizung korrekt funktioniert und optimal eingestellt ist. Eigentümer von größeren Gebäuden mit Gas-Zentralheizung, etwa größeren Mehrfamilienhäusern, müssen außerdem einen hydraulischen Abgleich zur optimalen Verteilung des Heizwassers durchführen. Ungesteuerte, uneffiziente Heizungspumpen sind auszutauschen.

Soweit Mietverträge vorsehen, dass Mieter ihre Wohnung auf eine bestimmte Mindesttemperatur heizen müssen, ist diese Pflicht per Verordnung ab 1. September 2022 für sechs Monate ausgesetzt. Allerdings: Solche Vereinbarungen sind eher unüblich und rechtlich ohnehin unwirksam.

Mehr Details zu den Energieeinsparverordnungen finden Sie hier:
Neue Energiesparverordnung: Was Mieter und Vermieter jetzt dazu wissen müssen

Praxistipp zum Heizen in der Mietwohnung


Welche Einsparungen wirklich im Winter auf uns zukommen, bleibt abzuwarten. Bei einem Streit zwischen Mieter und Vermieter um das Thema Heizung oder Raumtemperatur kann Sie ein Fachanwalt für Mietrecht beraten und Sie vor Gericht vertreten.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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