Update: Meine Bilder im Internet: Was tun, wenn ich nicht gefragt wurde?

17.06.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 6 Min. (1701 mal gelesen)
Bilder,Fotos,hochladen,Zustimmung,Recht am eigenen Bild, Ohne Erlaubnis der menschlichen Fotomotive kann es teuer werden. © Rh - Anwalt-Suchservice

Fotos, die einmal im Internet sind, kann man schwer wieder daraus entfernen – und sie kursieren dort für unbestimmte Zeit. Wer dort Fotos von sich selbst entdeckt, ist nicht immer begeistert. Was kann man tun?

Mit Fotos wird heute immer lockerer umgegangen. Sie werden hochgeladen und auf sozialen Netzwerken geteilt, ohne dass sich jemand Gedanken um die Berechtigung dafür macht. Fotos, die der eine Nutzer witzig findet, müssen aber dem anderen nicht gefallen. Heute recherchieren auch Arbeitgeber im Internet, um sich über künftige oder aktuelle Arbeitnehmer zu informieren. Auch Behörden nutzen alle Informationsquellen, die zur Verfügung stehen. Fotos von exzessiven Partys können der beruflichen Karriere schaden und Fotos vom letzten Extremsport-Trip sieht vielleicht die Krankenversicherung. Über Fotos in unvorteilhafter Pose machen sich Freunde und Kollegen womöglich noch jahrelang lustig. Und nicht zuletzt können Fotos auch für Werbezwecke benutzt werden, mit denen der Fotografierte gar nicht einverstanden ist: Etwa für eine politische Partei oder Katzenfutter. Was ist zu tun?

Update 17.6.2021: 2.000 Euro für unfreiwilligen Auftritt bei Youtube


Im Mai 2021 sprach das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. einer Polizistin eine Entschädigung von 2.000 Euro zu. Diese war bei einem Polizeieinsatz im Bereich der ÖVB-Arena ohne ihre Zustimmung gefilmt worden. Die Aufnahmen wurden dann in Zeitlupe in ein Musikvideo eingebaut, wo sie für 2 Sekunden zu sehen waren. Das Video wurde 150.000-mal angeklickt. Die Beamtin setzte durch, dass ihr Gesicht nachträglich verpixelt wurde, und klagte auf Schadensersatz.

Das Gericht gab ihr recht: Die Verwendung der Aufnahmen sei unzulässig gewesen. Insbesondere sei sie nicht Teil eines "zeitgeschichtlichen Ereignisses" gewesen, was eine Verwendung zulässig gemacht hätte. Ein überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit an ihrem Einsatz habe nicht bestanden. Es sei hier auch nicht um die Information der Öffentlichkeit gegangen, sondern nur um das Geldverdienen mit dem Musikvideo. Wirtschaftliche Interessen und Werbeinteressen seien generell gegenüber dem Persönlichkeitsrecht einer abgebildeten Person nachrangig - hier gelte für Polizeibeamte nichts anderes als für Privatpersonen. Die Entschädigung falle relativ gering aus, weil die Aufnahmen nicht nachteilig oder ehrverletzend gewesen seien und nur 2 Sekunden gedauert hätten (Urteil vom 19.5.2021, Az. 13 U 318/19).

Was ist das Recht am eigenen Bild?


Mit diesem Begriff ist das Recht einer Person gemeint, über Bilder von sich selbst auch selbst zu entscheiden. Es gehört zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist. Dieses ist in Art. 2 des Grundgesetzes verankert. Das Recht am eigenen Bild bedeutet, dass man selbst darüber entscheiden kann, ob Fotos, Filmaufnahmen und andere Bilder der eigenen Person irgendwo veröffentlicht werden. Eine spezielle Regelung dazu gibt es im Kunsturheberrechtsgesetz.

Welche Rechte hat der Fotograf?


Der Fotograf ist Urheber seiner Fotos. Er hat an jedem Foto, dass er macht, ein Urheberrecht. Dies ist ganz unabhängig davon, ob das Bild künstlerisch wertvoll ist oder ob irgendein Copyright-Vermerkt darauf zu sehen ist. Der Fotograf kann daher entscheiden, wie und wo und zu welchen Bedingungen seine Fotos veröffentlicht werden, ob er also die Veröffentlichung nur gegen Bezahlung oder den Kauf einer Lizenz gestattet. Das Recht der fotografierten Person am eigenen Bild schränkt allerdings diese Rechte des Fotografen ein.

Welche Rechte hat die abgebildete Person?


Die abgebildete Person kann die Erlaubnis erteilen oder verweigern, dass Bilder von ihr veröffentlicht oder irgendwo verbreitet werden. Denn: Nach § 22 Kunsturheberrechtsgesetz (KUG) dürfen Bilder nur mit Einwilligung der abgebildeten Person verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Hat der Abgebildete Geld dafür bekommen, gilt die Einwilligung im Zweifelsfall als erteilt. Verstirbt jemand, dürfen bis zu zehn Jahre nach dessen Tod Bilder von ihm nur mit Einwilligung seiner Angehörigen veröffentlicht werden. Damit die fotografierte Person Rechte geltend machen kann, muss sie auf dem Foto identifizierbar ein.

Welche Ausnahmen gibt es?


Eine Reihe von Ausnahmen nennt § 23 KUG. Eine Veröffentlichung von Bildern ohne Erlaubnis ist möglich, wenn die abgebildete Person nur „Beiwerk“ ist, also nur als Nebensache neben dem Hauptmotiv auftaucht. Klassisches Beispiel sind Aufnahmen wichtiger Gebäude, vor denen gerade jemand entlang läuft. Oder, wenn es sich um ein Ereignis der Zeitgeschichte handelt – dies kann jedes Ereignis von allgemeiner gesellschaftlicher Bedeutung sein. Eine Rede des Bundespräsidenten fällt darunter, aber auch das Mieterfest einer Wohnungsgenossenschaft wurde vor Gericht schon als solches Ereignis angesehen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. April 2014, Az. VI ZR 197/13). Auch Bilder von Menschenmengen, Demonstrationszügen oder Versammlungen können veröffentlicht werden, ohne von jeder Person die Erlaubnis einzuholen. Eine weitere Ausnahme gibt es für Aufnahmen von besonderem künstlerischen Wert. Hier sollten Fotografen allerdings sehr vorsichtig sein – die Behauptung, etwas sei Kunst, reicht nicht aus.

Wann macht man sich schon für das reine Fotografieren strafbar?


§ 201a des Strafgesetzbuches stellt die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen unter Strafe. Gemeint ist hier das unerlaubte Fotografieren einer Person in deren Wohnung, oder in einem sonst wie gegen Einblick geschützten Bereich, oder auch eine Aufnahme, bei der die Hilflosigkeit einer Person zur Schau gestellt wird (Unfallopfer, Betrunkener). Hier ist das Fotografieren verboten und auch das Weitergeben der Aufnahme. Es drohen bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Diese Strafe droht auch, wenn man anderen Leuten Fotos einer Person zugänglich macht, die deren Ansehen erheblich schädigen können, oder wenn man Fotos von nackten Personen unter 18 Jahren für Geld anfertigt oder anbietet.

Was kann ich tun, wenn meine Bilder im Internet auftauchen?


Zunächst kann man den Verantwortlichen über das Strafrecht zur Verantwortung ziehen. Die Veröffentlichung von Fotos einer Person ohne deren Einverständnis ist nach § 33 Kunsturheberrechtsgesetz eine Straftat. Hier drohen bis zu ein Jahr Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe. Als Betroffener können Sie einen Strafantrag stellen, um eine Strafverfolgung einzuleiten. Wird Ihr persönlicher Lebens- oder Intimbereich durch Fotos verletzt, können Sie auch eine Strafanzeige nach § 201a StGB erstatten. Hier ist die Strafe höher (siehe oben). Als Betroffener werden Sie allerdings in erster Linie daran interessiert sein, dass die Bilder aus dem Internet verschwinden. Sie können nach dem Zivilrecht unter anderem Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz geltend machen.

Wie mache ich einen Unterlassungsanspruch geltend?


Wer in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird, hat Anspruch auf Beseitigung bzw. Unterlassung dieser Beeinträchtigung nach § 823 Abs. 1 und § 1004 analog des Bürgerlichen Gesetzbuches. Er kann also verlangen, dass der Seiteninhaber die Fotos von seiner Seite im jeweiligen sozialen Netzwerk oder von seiner Homepage entfernt. Eine Voraussetzung für eine Unterlassungsklage ist die Wiederholungsgefahr. Bei illegaler Veröffentlichung von Bildern im Internet ist diese in den meisten Fällen vorhanden. Ein Verschulden des Seiteninhabers ist nicht erforderlich. Der erste Schritt für den Betroffenen ist eine außergerichtliche Abmahnung, also die Aufforderung an den Seiteninhaber, die Fotos von seiner Seite in den Sozialen Medien oder seiner Homepage zu entfernen und die weitere Veröffentlichung zu unterlassen. Dies kann in Eigenregie oder mit Hilfe eines Anwalts erfolgen. Bei einer Abmahnung ist es sinnvoll, den Verursacher mit Fristsetzung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufzufordern. Darin verpflichtet er sich bei weiteren Rechtsverletzungen zur Zahlung einer hohen Vertragsstrafe. Eine vorformulierte Unterlassungserklärung hat den Vorteil, dass man es nicht dem Störenfried überlässt, zu definieren, was er zukünftig zu unterlassen hat. Verweigert dieser die Abgabe einer solchen Erklärung, ist ein gerichtliches Vorgehen angesagt. Gegen den Betreffenden kann nun Unterlassungsklage erhoben werden. Bis zu einer Entscheidung vergeht allerdings eine gewisse Zeit. Daher ist es empfehlenswert, zunächst eine einstweilige Verfügung auf Löschung des Bildes zu beantragen. Denn: Je länger ein unerwünschtes Foto im Netz steht, desto mehr Schaden richtet es an.

Vernichtung von Druckexemplaren


§ 37 Kunsturheberrechtsgesetz gibt der abgebildeten Person auch einen Anspruch auf die Vernichtung gedruckter oder sonst wie hergestellter Bilder. Handelt es sich um Drucke oder Kunstwerke, für deren Herstellung besondere Vorrichtungen wie Druckplatten oder Gussformen benötigt werden, die sich ausschließlich auf dieses Bild beziehen, kann auch deren Vernichtung gefordert werden. Ob der Verursacher des Problems hier vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, ist irrelevant.

Anspruch auf Schadensersatz


Der Betroffene hat darüber hinaus auch Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 BGB in Verbindung mit den genannten Regelungen aus dem Kunsturheberrechtsgesetz gegen den, der das Bild veröffentlicht hat. Voraussetzung für eine Geldentschädigung ist, dass eine schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung vorliegt, wie beispielsweise die Veröffentlichung von Fotos aus der Intim- oder Privatsphäre. Auch eine unerlaubte Verwendung des Fotos einer Person für Werbezwecke ist unzulässig und begründet einen Schadensersatzanspruch.

Urteil: Nacktfotos mit Adresse


Das Landgericht Kiel verurteilte einen Mann, der Nacktfotos von seiner Ex-Freundin in eine Internet-Tauschbörse eingestellt hatte, zur Zahlung von Schadensersatz. Der Ex-Freund hatte drei Fotos online gestellt, auf denen er den Namen und die Wohnadresse sowie die Telefonnummer seiner Ex hinzugefügt hatte. Dies hatte Anrufe fremder Männer zur Folge. Er wurde zu einer Zahlung von 23.000 Euro plus Zinsen plus Anwaltskosten verurteilt (Urteil vom 27.4.2006, Az. 4 O 251/05).

Praxistipp


Wer Fotos von sich selbst unverhofft im Internet oder in Werbemedien vorfindet, kann dagegen vorgehen. Je schneller Sie handeln, desto größer sind dabei die Erfolgschancen der Tilgung der Aufnahmen aus der Öffentlichkeit. Ein Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht kann Sie als Betroffenen dabei beraten und die angemessenen Schritte mit Ihnen planen. Er hilft bei der Formulierung einer Unterlassungserklärung und kann die Chancen auf Schadensersatz realistisch einschätzen.

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