Parship, Elitepartner & Co: Wie kann ich widerrufen bzw. kündigen?

19.07.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 8 Min. (1194 mal gelesen)
Online-Dating,Partnerbörse,Widerruf,Kündigung,Wertersatz Gerichte entscheiden immer öfter zugunsten der Kunden von Online-Partnerbörsen. © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Widerrufsrecht: In Deutschland haben Verbraucher bei Online-Verträgen generell das Recht, innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen den Vertrag zu widerrufen. Der Widerruf erfolgt am besten per Einschreiben mit Rückschein.

2. Wertersatz-Klauseln: Beim Widerruf berechnen die Partnerportale oft ein Entgelt für bereits hergestellte Dating-Kontakte, wobei das Entgelt fast so hoch ausfällt, wie das Jahresentgelt für die Mitgliedschaft. Dies ist unzulässig. Zulässig ist nur die zeitanteilige Berechnung der Teilnahmedauer mit Blick auf das Jahresgesamtentgelt.

2. Kündigung des Vertrags: Verträge, die ab dem 1. März 2022 abgeschlossen wurden, können nach Ablauf der Vertragsdauer jederzeit mit 1 Monats-Frist gekündigt werden. Bei älteren Verträgen ist umstritten, ob sie jederzeit oder nur mit der in den AGB vorgesehenen Kündigungsfrist zum Ablauf des (verlängerten) Vertrags gekündigt werden können.

3. Schriftform erforderlich: Die Kündigung kann auch per E-Mail erfolgen. Wer aus Nachweisgründen auf Nummer Sicher gehen will, schickt ein Einschreiben mit Rückschein.
Online-Partnersuche und Online-Dating sind beliebt. Der Grund dafür ist, dass sich die meisten Menschen im Alltag immer im gleichen Personenkreis bewegen. Manchem fällt es schwer, Fremde anzusprechen – und dass aus einer Bar-Bekanntschaft die Beziehung fürs Leben wird, ist eher unwahrscheinlich. Von dieser Situation profitieren Online-Partnerbörsen. Nur sind die Geschäftsmodelle dieser modernen Variante der Partnervermittlung auf das Verdienen von Geld ausgelegt und sorgen durchaus häufig für Rechtsstreitigkeiten. Hochglanzwerbung, zweifelhafte Testberichte und nicht wirklich neutrale Vergleichsportale sorgen dafür, dass viele Menschen sich anmelden, ohne sich zuvor eingehend über das Dating-Portal zu informieren. Nach der Anmeldung sorgen dann schnell unpassende Partnervorschläge, Karteileichen, Fake-Profile und Spam-Nachrichten für Ärger. Wer trotzdem diesen Weg der Partnersuche gehen will, sollte Verträge und Geschäftsbedingungen zuvor genau lesen – denn darin können sich einige Fallstricke verbergen.

Welche Vertragsmodelle gibt es?


Viele Online-Dating-Portale werben mit kostenlosen Mitgliedschaften. Bei diesen gibt es jedoch meist nur sehr eingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten. Teilweise sehen die Nutzer nur verpixelte Fotos anderer Mitglieder. Oder sie können keine Nachrichten erhalten oder absenden. Vielleicht ist auch keine Nutzung von Suchfiltern möglich. Den vollen Leistungsumfang des Dating-Portals bekommt man oft nur mit einer kostenpflichtigen VIP- oder Premium-Mitgliedschaft. Dafür müssen sich die Kunden jedoch auf eine feste Laufzeit des Vertrages einlassen, die oft nicht billig ist.

Einige Online-Partnerbörsen verlangen zwar keine oder nur geringere Mitglieds-Gebühren, sind jedoch werbefinanziert. Hier müssen Nutzer also mit nerviger Werbung rechnen. Auch die Partnersuche selbst ist ganz unterschiedlich gestaltet: Viele Anbieter gewähren ihren Kunden Zugriff auf die Mitglieder-Profile. Mit Hilfe von Suchfiltern oder einer Matching-Funktion können dann Partnersuchende Profile von Mitgliedern finden, die ihren Vorstellungen entsprechen oder gut zu ihnen passen. Bei anderen Portalen wird zuerst ein Persönlichkeitsprofil des Kunden erstellt. Dann sucht ein Algorithmus in der Datenbank der Partnerbörse nach passenden Partnern und macht gezielte Partnervorschläge.

Kann ich den Vertrag einfach widerrufen?


Ja: Kunden von Online-Partnerbörsen haben ein gesetzliches Widerrufsrecht von 14 Tagen. Dies steht in den Regelungen über Fernabsatzverträge (§ 312g BGB, § 355 BGB). Es gibt nur ein Problem: Die Dating-Portale berufen sich meist darauf, dass bereits vertragsgemäße Leistungen erfolgt sind – zum Beispiel Kontakte zu anderen Mitgliedern. Daraus leiten die Partnerbörsen das Recht ab, für die bereits vor dem Widerruf erfolgten Leistungen einen "Wertersatz" zu verlangen. Dies kann für die Kunden unverhofft teuer werden. In anderen Fällen kommt es vor, dass Kunden per E-Mail oder Online-Kontaktformular widerrufen und später behauptet wird, es habe keinen Widerruf gegeben. Daher ist das Mittel der Wahl hier ein Einschreiben mit Rückschein.

Was ist eine sogenannte Wertersatz-Klausel?


Wertersatz-Klauseln dienen dazu, Kunden von Online-Partnerbörsen, die ihren Vertrag innerhalb der 14-Tages-Frist widerrufen, je nach Anzahl der bereits erfolgten Kontakte einen Betrag in Rechnung zu stellen. Dabei sind die Anbieter meist großzügig, bei der Beurteilung, was als "Kontakt" gilt: Jede Kommunikation reicht aus (Beispiel: "Willst du mich kennenlernen?" – "Nein"). Bereits die Freigabe eines Fotos für einen anderen Nutzer kann als Kommunikation gewertet werden.

Allerdings garantieren die Partnerportale oft pro Vertragszeitraum eine bestimmte Anzahl von Kontakten. Wenn nun ein Kunde vor seinem Widerruf bereits einen Großteil dieser Kontakte gehabt hat, wird ihm auch der überwiegende Teil der Gesamtgebühr als Wertersatz in Rechnung gestellt. Bei zwei der bekanntesten Anbieter (die vom gleichen Unternehmen betrieben werden) können so bis zu 75 Prozent der Kosten eines Jahresabos verlangt werden. Da sind Rechnungen über mehrere hundert Euro nach wenigen Tagen Mitgliedschaft dann keine Seltenheit.

Klagen gegen die Wertersatz-Klausel


Das Landgericht Hamburg erklärte auf eine Klage der Verbraucherzentrale hin diese Praxis mit Urteil vom 22.7.2014 für unzulässig (Az. 406 HKO 66/14). Der Wertersatz für den Nutzungszeitraum von maximal 14 Tagen bis zum Widerruf müsse zeitanteilig und nicht nach der Anzahl erfolgter Kontakte berechnet werden. In der nächsten Instanz war jedoch die Partnerbörse erfolgreich: Nach dem Oberlandesgericht Hamburg steht nirgendwo geschrieben, dass ein Wertersatz wie von der Verbraucherzentrale gefordert zeitanteilig berechnet werden muss (Urteil vom 2.3.2017, Az. 3 U 122/14). Dies bestätigte der Bundesgerichtshof. Wichtig zu wissen: Hier wird NICHT die Abrechnungsmethode des Wertersatzes nach der Anzahl der erfolgten Kontakte gebilligt. Es wird nur betont, dass nicht zwingend zeitanteilig abzurechnen ist (Beschluss vom 30.11.2017, Az. I ZR 47/ 17).

Neue Rechtsprechung zum Wertersatz durch Europäischen Gerichtshof und BGH


2020 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass der Wertersatz bei einer Online-Partnerbörse grundsätzlich zeitanteilig zu berechnen ist und nicht nach der Anzahl der Kontakte. Es muss also der Tagespreis ermittelt werden, der dann mit der Anzahl der Nutzungstage multipliziert wird. Am konkreten Fall: Die Klägerin hatte nach 12 Tagen widerrufen. Der Preis für ein Jahresabo betrug 409,32 Euro. Auf das Jahr umgerechnet lag der Tagespreis bei 1,12 Euro. Die Nutzerin musste also 12 x 1,12 = 13,44 Euro bezahlen. Der Anbieter hatte von ihr für zehn Kontakte 306,99 Euro gefordert (EuGH, Urteil vom 8.10.2020, Az. C-641/19).

Auch der Bundesgerichtshof hat sich nun dieser Ansicht angeschlossen. Mit Urteil vom 17. Juni 2021 entschied der BGH, dass der Wertersatz nach dem Modell des EuGH zeitanteilig zu berechnen ist. Die enttäuschte Kundin hatte den Dienst nur zwei Tage lang genutzt und musste infolge des Urteils nur 1,46 Euro Wertersatz leisten statt der geforderten knapp 200 Euro (Az. III ZR 125/19).

Kunden, bei denen immer noch das alte Modell der Berechnung des Wertersatzes angewendet wird, können auf Basis dieser Urteile die Rückzahlung eines zu viel gezahlten Betrages verlangen oder Zahlungen verweigern. Vor Gericht dürfte es nun leicht fallen, dies durchzusetzen.

Kann ich den Vertrag kündigen?


Lange war es Praxis bei Online-Partnerbörsen, dass sich die Verträge automatisch verlängern, wenn nicht fristgemäß vor dem vereinbarten Vertragsablauf gekündigt wird.

Für Verträge, die ab 1. März 2022 abgeschlossen werden, gelten neue gesetzliche Regeln. Nun ist eine automatische, stillschweigende Vertragsverlängerung nur noch erlaubt, wenn der Vertrag sich auf unbestimmte Zeit verlängert und künftig jederzeit mit einer Frist von höchstens einem Monat gekündigt werden kann. Eine Verlängerung um eine weitere feste Laufzeit von einem Jahr ist also unzulässig und eine entsprechende Vertragsklausel ist unwirksam (§ 309 Nr. 9 b. BGB).

Bei Altverträgen kann es immer noch zu einer automatischen Verlängerung kommen. Hier muss man wissen: Verträge über eine klassische Partnervermittlung mit persönlicher Betreuung gelten als Dienstverträge über "Dienste höherer Art". Nach § 627 BGB können sie jederzeit gekündigt werden.

Leider beurteilen die Gerichte die Frage nicht einheitlich, ob dies auch für Online-Partnervermittlungen gilt. Einige sind der Meinung, dass online kein persönliches Vertrauensverhältnis aufzubauen sei und es sich nicht um Dienste höherer Art handle. Damit scheidet die jederzeitige Kündigung aus und es gilt nur die vertragliche Vereinbarung. Wenn der Kunde die Kündigungsfrist verpasst, muss er oder sie ein weiteres Jahr zahlen (AG München, Urteil vom 5.5.2011, Az. 172 C 28687/10).

Andere Gerichte meinen, dass allein wegen der vielen persönlichen Informationen, die der Kunde einer Online-Partnerbörse gibt, ein besonderes Vertrauensverhältnis zustande kommt. Also handle es sich um "Dienste höherer Art", und der Vertrag könne jederzeit gekündigt werden (AG Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 1.9.2015, Az. 13 C 168/15; AG Potsdam, Urteil vom 9.2.2016, Az. 38 C 32/16).

Kann der Vertrag auch per E-Mail gekündigt werden?


Der Bundesgerichtshof hat 2016 zur Kündigung von Verträgen mit einer Online-Partnervermittlung entschieden. Es ging dabei um die Form die Kündigung. Dabei war wieder einer der bekanntesten Anbieter betroffen. Dessen Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) schlossen die elektronische Form für die Kündigung durch den Kunden aus. Es war also keine Kündigung per E-Mail erlaubt, sondern nur per Brief oder Fax. Ein Verbraucherschutzverband sah dies als unwirksam an. Der Bundesgerichtshof bestätigte: Die Vertragsklausel ist unwirksam, da sie die Kunden unangemessen benachteiligt. Schließlich finde die gesamte Vertragsanbahnung ebenso wie alle Leistungen des Unternehmens online statt. Auch der Anbieter selbst behalte sich das Recht vor, seinen Kunden fristlos per E-Mail zu kündigen. Daher sei es nicht gerechtfertigt, von den Kunden eine Kündigung in Schriftform per Brief oder Fax zu verlangen (Urteil vom 14.7.2016, Az. III ZR 387/15).

Dies ist nun auch im Gesetz verankert: Laut § 309 Nr. 13 BGB kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht mehr wirksam vereinbart werden, dass Verbraucher bei Erklärungen gegenüber einem Unternehmen eine strengere Form als die Textform einhalten müssen. Textform bedeutet: schriftlich, aber nicht unbedingt auf Papier und nicht unbedingt mit eigenhändiger Unterschrift. Die Textform schließt zum Beispiel auch E-Mails ein.

Ist die Bezahlpflicht nur für Männer eine Diskriminierung?


Ein häufiges Ärgernis für Männer besteht bei der Online-Partnersuche darin, dass sie Beiträge für die Singlebörse bezahlen müssen, Frauen jedoch kostenlos suchen können. Dadurch fühlte sich ein Mann diskriminiert und ging vor Gericht. Schließlich untersagt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz bei Verträgen eine geschlechtsbezogene Ungleichbehandlung. Das Amtsgericht Gießen entschied jedoch zugunsten der Partnerbörse. Für die Ungleichbehandlung existiere ein guter Grund: Sei die Mitgliedschaft für Frauen kostenlos, würden sich mehr Frauen anmelden, und dies sei dann auch zum Vorteil der Männer (AG Gießen, Urteil vom 26.5.2011, Az. 47 C 12/11). Den Nachteil, dass dann das Portal regelmäßig eine Vielzahl von weiblichen Profilen enthält, die längst nicht mehr aktiv genutzt werden, sah das Gericht nicht.

Update vom 19.7.2023: Falsches Spiel mit Fake-Chatpartnern


Das Landgericht Flensburg hat entschieden: Werbung für eine Partnerbörse ist irreführend und damit wettbewerbswidrig, wenn die Partnerbörse sich in ihren AGBs vorbehält, bei den in der Werbung angepriesenen Chats professionelle Mitarbeiter als Chatpartner einzusetzen, die sich mit Hilfe von Fake-Profilen als echte Partnersuchende ausgeben. Wer also nur so tut, als ob er den Suchenden echte Chancen eröffnet, darf nicht in der Werbung etwas anderes behaupten. Andernfalls riskiert eine solche Partnerbörse nun teure Abmahnungen von Wettbewerbern oder Verbraucherschutzverbänden. Die Erwähnung dieser Praxis in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ändert laut Gericht nichts daran, dass die in der Werbung versprochene Zweisamkeit mit Menschen "direkt ... in der Nähe" beim Einsatz professioneller Chatpartner gar nicht möglich sei (Landgericht Flensburg, Urteil vom 4.5.2022, Az. 8 O 8/22).

Wie finde ich die richtige Partnerbörse?


Viele Menschen verlassen sich auf im Internet veröffentlichte Tests und Vergleiche. Wenn man diese bei Online-Partnerbörsen aus neutraler Sicht betrachtet, fällt auf, dass fast immer die gleichen Anbieter auf den ersten beiden Plätzen stehen. Und dies ungeachtet einer Vielzahl von Gerichtsprozessen von unzufriedenen Kunden über Jahre, bis hin zum Europäischen Gerichtshof.

Ein Tipp: Nutzen Sie Google. Geben Sie doch einmal spaßeshalber den Namen Ihres bevorzugten Premium-Anbieters ein, ein Semikolon, ein Leerzeichen und dann das Wort "Urteil". Dann bilden Sie sich eine eigene Meinung. Und stellen sich die Frage, warum Top-Bewertungen an Anbieter gehen, gegen die so viele Kunden prozessieren, dass es bereits auf diese Anbieter spezialisierte Anwaltskanzleien gibt.

Praxistipp zu Online-Partnerbörsen


In Deutschland gibt es eine Vielzahl von Online-Partnerbörsen – durchaus auch solche ohne Wertersatz oder automatische Vertragsverlängerung. Die größten müssen nicht die besten sein. Nehmen Sie sich bei der Auswahl Zeit und lesen Sie vor dem Vertragsabschluss die Vertragsbedingungen. Beim Thema "Wertersatz" sollten Sie sich nicht von den Darstellungen der Portale irritieren lassen – hier bestehen mit Hilfe eines Anwaltes für Zivilrecht gute Chancen, die verlangten Beträge nicht bezahlen zu müssen bzw. zurückzuerhalten. Aber Vorsicht: Solche Ansprüche verjähren innerhalb von drei Jahren.

(Wk)


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 Günter Warkowski
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