Welche neuen Regeln gelten für Verbraucherverträge?

27.01.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Verbraucher,Vertrag,Laufzeit,Kündigung,Fairness Verbraucher profitieren von neuen Regeln für Vertragsverlängerung und Kündigung. © - freepik

Ob Handyvertrag, Fitnessstudio oder Streaming: Für Verbraucherverträge gelten seit März 2022 neue Regeln. So können Verbraucher schneller kündigen und werden besser vor unfairen Vertragsbedingungen geschützt.

Zum 1. März 2022 ist das sogenannte Gesetz über faire Verbraucherverträge in Kraft getreten. Es handelt sich nicht um ein neues, eigenständiges Gesetz, sondern um ein Paket von Neuregelungen für bestehende Gesetze wie das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Sinn und Zweck der Reform war die Stärkung der Rechte von Verbrauchern. Ein Verbrauchervertrag ist grundsätzlich ein Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer oder Unternehmen.

Was gilt neu für die automatische Verlängerung von Verbraucherverträgen?


Lange Zeit kannte man es von vielen Vertragstypen, zum Beispiel im Fitnessstudio: Wenn man nicht rechtzeitig zum Ablauf der festen Vertragslaufzeit kündigte, verlängerte sich der Vertrag um eine weitere feste Laufzeit, etwa ein weiteres Jahr. Dies ist Geschichte. Bei Verträgen, die sich um die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen drehen, ist eine stillschweigende Vertragsverlängerung nur noch wirksam, wenn sich der Vertrag auf unbestimmte Zeit verlängert und jederzeit mit einmonatiger Frist gekündigt werden kann. Es darf also nicht mehr ein ganzes Jahr angehängt oder die Kündigung nur mit einer bestimmten Frist zum Halbjahr oder Quartalsende erlaubt werden.

Was gilt hinsichtlich Vertragslaufzeit und Kündigungsfrist?


Weiterhin erlaubt bleibt eine feste Erstlaufzeit von bis zu zwei Jahren, in der nicht mit Frist regulär gekündigt werden kann. Aber: Mehr als zwei Jahre dürfen es nicht sein. Bisher war dies nicht gesetzlich geregelt, sondern nur von Gerichten entschieden worden. Dazu kommt: Die Kündigungsfrist zum Ende der Erstlaufzeit des Vertrages darf einen Monat nicht überschreiten.

Für welche Verträge gelten die neuen Regeln und für welche nicht?


Von den oben erläuterten Regeln ausgenommen sind Verträge über die Lieferung zusammengehöriger Sachen (denn dabei geht es nicht um eine regelmäßige Lieferung von Waren, sondern um eine Sache, die in mehreren Teilen geliefert wird). Außerdem sind Versicherungsverträge ausgenommen.

Wichtig: Die neuen Regeln gelten nur für Verbraucherverträge, die ab 1. März 2022 abgeschlossen worden sind. Für Altverträge, die vor diesem Zeitpunkt vereinbart wurden, gelten leider noch die alten Regeln - auch eine stillschweigende Vertragsverlängerung um eine feste Laufzeit ist dann noch möglich. Wer aus solchen sich immer wieder langfristig verlängernden Vertragsverhältnissen herauskommen will, muss termingerecht zum Ende der Laufzeit kündigen und einen neuen Vertrag abschließen.

Ausnahme: Für Telekommunikationsverträge (Mobilfunk und Festnetz) sind die Änderungen bereits seit dem 1. Dezember 2021 in Kraft. Hier gelten sie für Neu- und für Altverträge.

Kündigungs-Button bei Online-Abschluss von Verbraucherverträgen


Bietet ein Unternehmen den Online-Abschluss von dauerhaft laufenden Verträgen mit Verbrauchern an, muss es auch eine einfache Möglichkeit der Online-Kündigung zur Verfügung stellen. Konkret gemeint ist damit der sogenannte Kündigungs-Button. Dies ist eine Schaltfläche auf der Website, die mit "Vertrag hier kündigen" oder ähnlich beschriftet ist und die den Verbraucher direkt zum Kündigungsablauf führt. Meist sind dann zuerst Daten wie persönliche Angaben und Vertragsnummer einzugeben. Die eigentliche Kündigung erfolgt dann durch Anklicken eines weiteren Buttons mit der Aufschrift "Jetzt kündigen" oder ähnlich.

Der Verbraucher muss seine Kündigungserklärung mit Datum und Uhrzeit auf einem dauerhaften Datenträger so speichern können, das erkennbar ist, dass die Kündigungserklärung durch das Betätigen der Bestätigungsschaltfläche abgegeben wurde. Auch ist der Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher den Inhalt sowie Datum und Uhrzeit des Zugangs der Kündigungserklärung sowie den Zeitpunkt des Vertragsendes sofort auf elektronischem Weg in Textform zu bestätigen. Dass die Kündigung dem Unternehmer unmittelbar nach ihrer Abgabe per Anklicken zugegangen ist, wird per Gesetz vermutet (§ 312k BGB).

Stellt ein Anbieter den Button und die Bestätigungsseite nicht entsprechend der Neuregelung zur Verfügung, können Verbraucher ihren Vertrag jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.

Dies gilt seit 1. Juli 2022. Die Regelung gilt auch für Altverträge, die vor diesem Tag online abgeschlossen worden sind.

Was gilt bei ungewolltem Vertragsabschluss am Telefon?


Nicht selten stellen Verbraucher nach einem Telefonat mit einem Unternehmen fest, dass sie einen Vertrag abgeschlossen haben, ohne dies zu wollen. Damit sind nicht nur Betrüger gemeint, die anrufen und fragen "hören Sie mich?", um dann das "ja" in ganz anderem Zusammenhang aufzuzeichnen. Auch und gerade im Bereich der Strom- und Gaslieferverträge erhalten die Verbraucherzentralen eine Flut von Beschwerden über ungewollte Vertragsabschlüsse am Telefon.

Durch das Gesetz über faire Verbraucherverträge wurde daher für Energielieferverträge die Textform zur Pflicht gemacht. Rein mündliche Verträge sind nicht mehr rechtswirksam. Textform bedeutet beispielsweise per Brief, E-Mail oder SMS, also als Text, aber ohne eigenhändige Unterschrift (§ 41b Abs. 1 Energiewirtschaftsgesetz).

Verbraucher können nun also in Ruhe prüfen, wozu sie sich verpflichten wollen - oder auch nicht.

Praxistipp zum Gesetz über faire Verbraucherverträge


Verbraucher haben durch das Gesetz über faire Verbraucherverträge mehr Rechte gegenüber Unternehmen erhalten. Trotzdem sehen die Verbraucherzentralen noch Verbesserungsbedarf - etwa bei der Dauer von Erstlaufzeiten fester Verträge und beim telefonischen Abschluss von anderen als Energielieferverträgen. Haben Sie einen Vertrag abgeschlossen, den Sie nicht wollten, oder weigert sich eine Firma, ihre Vertragskündigung zu akzeptieren? Dann kann eine Beratung bei einem Rechtsanwalt für Zivilrecht hilfreich sein.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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