Rechtsfragen zur Samenspende - Abstammung, Vaterschaft und Unterhalt

18.11.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 5 Min. (15045 mal gelesen)
Samenspende,Kinderwunsch,Kindesunterhalt,Vaterschaft Samenspender müssen nur noch selten mit Unterhaltsforderungen rechnen. © Bu - Anwalt-Suchservice

Die Samenspende ist rechtlich gesehen ein schwieriges Thema. Wer mit dem Gedanken spielt, Samen zu spenden oder über eine Samenspende ein Kind zu bekommen, sollte sich zuvor gründlich informieren.

Mit einer Samenspende können viele rechtliche Fragen verbunden sein, zum Beispiel: „Gilt der Spender als Vater des Kindes?“, „muss der Arzt dem Kind später sagen, wer sein biologischer Vater ist?“ oder „muss der Spender Unterhalt zahlen?“. Hier gab es lange viele rechtliche Unsicherheiten. 2018 wurden einige Fragen durch ein neues Gesetz klarer geregelt.

Wer ist bei einer Samenspende rechtlich gesehen der Vater?


Wenn ein verheiratetes Paar ein Kind bekommt, gilt der Ehemann automatisch als sogenannter rechtlicher Vater. Dementsprechend ist er auch zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtet. Dabei spielt es zunächst keine Rolle, ob das Kind biologisch von ihm ist. Ist das Paar nicht verheiratet, kann der Mann seine Vaterschaft mit einer entsprechenden Erklärung anerkennen.

Allerdings gibt es auch Fälle, in denen es gar keinen rechtlichen Vater gibt: zum Beispiel bei einer Samenspende bei einer ledigen, alleinerziehenden Frau oder bei einem lesbischen Paar. Andererseits kann ein Mann zum rechtlichen Vater eines Kindes werden, weil dies gerichtlich so festgestellt wird. Dann sind zum Beispiel Unterhaltspflichten die Folge. Haben Samenspender so etwas zu befürchten?

Hat das Kind ein Recht auf Auskunft über den Spender?


Kinder, die mithilfe einer Samenspende gezeugt wurden, sind berechtigt, vom Reproduktionsarzt Auskunft über ihren leiblichen Vater zu bekommen. Dafür ist kein Mindestalter erforderlich.

So urteilte der Bundesgerichtshof am 28. Januar 2015. Der Anspruch wurde dabei aus den Grundsätzen von Treu und Glauben abgeleitet (§ 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches), sowie aus einer rechtlichen Sonderverbindung, die auf dem Behandlungsvertrag mit dem Arzt beruht. Aus Sicht des Gerichts ist dieser Vertrag ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des Kindes (Az. XII ZR 201/13).

Gesetzesänderung von 2018: Gibt es noch eine anonyme Samenspende?


Am 1. Juli 2018 sind mehrere gesetzliche Neuregelungen zum Thema Samenspende in Kraft getreten, darunter das Samenspenderregistergesetz. Dieses verpflichtet Samenbanken dazu, alle Samenspender zu registrieren. Ihre Daten müssen an ein Register weitergeleitet werden, das beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information geführt wird. Dort werden die Daten dann 110 Jahre lang aufbewahrt.

Folgende Daten müssen mindestens erhoben und an das Register weitergeleitet werden:

- Familienname,
- sofern abweichend, Geburtsname,
- Vornamen,
- Geburtstag und Geburtsort,
- Staatsangehörigkeit,
- Anschrift,
- Spendenkennungssequenz,
- eindeutige Spendennummer.

Eine medizinische Einrichtung darf nur bei Vorliegen dieser Daten eine künstliche Befruchtung mit dem Samen vornehmen. Der Zweck des Gesetzes ist es, den so gezeugten Kindern die Verwirklichung ihres Rechts auf Kenntnis ihrer Abstammung zu ermöglichen. Es gibt daher keine anonyme Samenspende mehr.

Wie können Kinder Auskunft über den Samenspender bekommen?


Wer vermutet, durch eine ärztlich unterstützte Samenspende gezeugt worden zu sein, hat seit Juli 2018 einen Rechtsanspruch auf Auskunft gegenüber dem Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information, bei dem das Samenspenderregister geführt wird. Vom 16. Lebensjahr an darf (nur) das Kind selbst Auskunft fordern, jüngere Kinder müssen die Hilfe ihrer gesetzlichen Vertreter in Anspruch nehmen. Für den Antrag ist die Geburtsurkunde des Kindes vorzulegen, außerdem sein Personalausweis und ggf. die Ausweise seiner gesetzlichen Vertreter. Vier Wochen vor Erteilung einer Auskunft wird der Samenspender vorgewarnt, dass eine solche Auskunftserteilung bevor steht.

Müssen Samenspender Unterhalt zahlen?


Grundsätzlich sind Verwandte in gerader Linie einander zum Unterhalt verpflichtet (§ 1601 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Also Eltern ihren Kindern und umgekehrt.

Zum 1. Juli 2018 wurde auch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) geändert. § 1600d Absatz 4 BGB besagt nun, dass Männer, die im Rahmen einer Samenspende an eine Entnahmeeinrichtung ihren Samen für eine ärztlich betreute künstliche Befruchtung zur Verfügung stellen, nicht als rechtlicher Vater eines damit gezeugten Kindes festgestellt werden können.

Die Folge: Handelt es sich um eine Samenspende an eine Samenbank und wurde die künstliche Befruchtung ärztlich betreut, kann das Kind seinen biologischen Vater nicht später auf Unterhalt verklagen.

Das Kind tritt auch nicht in die gesetzliche Erbfolge des Samenspenders ein, und das Sozialamt kann vom Kind später auch keinen Elternunterhalt für den unbekannten Vater verlangen, sofern dieser zum Pflegefall wird.

Die Vorschrift bezieht sich nur auf künstliche Befruchtungen, die ab 17. Juli 2017 durchgeführt wurden.

Was gilt für länger zurückliegende künstliche Befruchtungen?


Nach früherer Rechtslage war eine Klage des Kindes auf Unterhalt nicht ausgeschlossen, aber auch nicht einfach. Für sogenannte "Altfälle" gilt:

Wenn bereits ein anderer Mann als rechtlicher Vater anerkannt ist, müsste das Kind zunächst dessen Vaterschaft anfechten. Eine solche Anfechtung ist gemäß § 1600 Abs. 4 BGB nach wie vor auch bei einer Samenspende zulässig. Einzuhalten ist eine Frist von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt, zu dem das Kind von der Samenspende erfahren hat.
Anschließend müsste das Kind die Vaterschaft des Spenders gerichtlich feststellen lassen und diesen auf Unterhalt verklagen. Wenn kein anderer rechtlicher Vater existiert (etwa bei einer von Anfang an alleinerziehenden Mutter), könnte das Kind auch gleich den Samenspender als seinen Vater feststellen lassen.

Zwar können die Mutter des Kindes und deren Partner oder Partnerin den Samenspender von Unterhaltspflichten durch eine Vereinbarung freistellen. Dem Spender hilft dies aber nur, wenn diese Personen selbst zahlungsfähig sind. Denn sonst kann das Kind immer noch von ihm Unterhalt verlangen.

Was gilt für „Do-it-Yourself“ – künstliche Befruchtungen?


Allerdings findet nicht jede künstliche Befruchtung unter ärztlicher Aufsicht statt oder in einer entsprechenden Klinik. So etwas kostet viel Geld und ist meist nicht komplett von der Krankenversicherung abgedeckt. In manchen Fällen ist ein netter Bekannter nicht abgeneigt, einen Plastikbecher zu nehmen und auszuhelfen.

Dazu muss man wissen: Die Einschränkung des § 1600d Abs. 4 BGB, nach der der Samenspender kein rechtlicher Vater des Kindes werden und damit auch nicht auf Unterhalt verklagt werden kann, gilt nur beim Vorgehen über Samenbank und ärztlich betreute künstliche Befruchtung. Bei allen anderen, kreativen Methoden gilt die alte Rechtslage: Unterhaltsansprüche sind nicht immer leicht durchzusetzen, aber möglich.

Gesetz schützt nicht vor übereilten Erklärungen


Stimmt der unverheiratete Lebenspartner einer Frau deren künstlicher Befruchtung mit einer fremden Samenspende zu, muss er mit den Folgen leben – und Kindesunterhalt bezahlen. So hat der Bundesgerichtshof 2015 entschieden. In diesem Fall hatte ein Mann der künstlichen Befruchtung seiner Partnerin schriftlich zugestimmt und versichert, für alle Folgen aufkommen zu wollen. Dem Hausarzt brachte er sogar den zu verwendenden Samen vorbei. Nach der Geburt des Kindes zahlte er zunächst auch Unterhalt. Dann kam es zur Trennung und er wollte nun nicht mehr zahlen. Da hatte er Pech: Der Bundesgerichtshof verurteilte ihn zur Zahlung von Unterhalt. Seine Einwilligung in die künstliche Befruchtung habe zu einer vertraglichen Unterhaltspflicht geführt (Urteil vom 23.9.2015, Az. XII ZR 99/14).

Praxistipp


Samenspender müssen sich heute keine Sorgen um Unterhaltspflichten machen, wenn sie an eine Samenbank spenden. Dies kann bei privaten Spenden ganz anders aussehen. Fragen zum Bereich Samenspende und Unterhalt kann Ihnen ein Fachanwalt für Familienrecht kompetent beantworten.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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