Wann ist ein Foul im Fußball eine strafbare Körperverletzung?

18.06.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Fußballspieler,verletzt Auch der Fußball ist kein rechtsfreier Raum. © - freepik
Das Wichtigste in Kürze

1. Körperverletzung trotz Sport: Auch im Fußball kann ein Foul als strafbare Körperverletzung gelten, besonders bei grob regelwidrigem oder absichtlich verletzendem Verhalten.

2. Einwilligung durch Mitwirkung: Die Spieler willigen stillschweigend in regelgerechte körperliche Kontakte ein. Ein Foul überschreitet diese Einwilligung, wenn es außerhalb des üblichen Spielrahmens liegt.

3. Zivilrechtliche Haftung: Bei schweren Fouls kann der Täter schadensersatzpflichtig werden, etwa für Heilbehandlung, Verdienstausfall oder Schmerzensgeld.
Kommt es beim Sport zu einer körperlichen Verletzung, sieht man unter Mitsportlern oft von einer Klage oder Anzeige ab. Trotzdem ist der Fußballplatz kein rechtsfreier Raum. Wer andere beim Sport verletzt, kann zivilrechtlich für die Folgen haftbar gemacht werden und sich unter Umständen sogar strafbar machen. Spätestens bei Dauerschäden ist es auch mit der Toleranz unter Sportlern meist vorbei. Ein Urteil zu diesem Thema fällte 2020 das Oberlandesgericht Celle.

Beispiel: Welche Folgen haben Verletzungen nach Fouls im Fußball?


Presseberichte beschäftigten sich im September 2016 ausführlich mit dem Foul des Mainz 05-Spielers Rodriguez gegen den Spieler Dominik Kohr vom FC Augsburg. Dabei hatte Kohr eine offene Wunde am Unterschenkel davongetragen, sein Unterschenkelknochen lag frei und eine Operation war notwendig. Rodriguez bekam vom Schiedsrichter die rote Karte. Das DFB-Sportgericht verhängte eine Sperre für Rodriguez für die nächsten fünf Spiele sowie eine Geldstrafe von 10.000 Euro. In diesem Fall wurden keine staatlichen Gerichte eingeschaltet.

Wann ist ein Foul eine Straftat?


Den Straftatbestand der Körperverletzung regelt § 223 des Strafgesetzbuches (StGB). Danach wird jemand, der eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt, mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft. Das bedeutet: Ganz streng genommen wäre bereits ein blauer Fleck beim Fußball eine Körperverletzung. Die Voraussetzung wäre natürlich, dass es vorsätzlich dazu gekommen ist. Die fahrlässige Körperverletzung ist in § 229 StGB extra geregelt. Sie wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet.

Straflos bleibt eine Körperverletzung nach § 228 StGB, wenn sie mit Einwilligung des Verletzten stattgefunden hat. Dies ist bei Sportverletzungen entscheidend. Beim Sport geht man nämlich grundsätzlich davon aus, dass jeder, der bei einer verletzungsgefährlichen Sportart mitmacht, stillschweigend seine Einwilligung erteilt.

Es gibt jedoch wie fast immer eine Ausnahme: Nach § 228 StGB kann eine solche Tat auch trotz Einwilligung rechtswidrig sein, wenn sie gegen die guten Sitten verstößt. Was ist nun wieder darunter zu verstehen?

Kann man sich bei kampfbetonten Sportarten strafbar machen?


Rechtlich unterscheidet man bei den Sportarten zwischen solchen, die nur nebeneinander ausgeübt werden, wie ein Laufwettbewerb, und solchen, bei denen die Spieler gegeneinander kämpfen. Fußball rechnet man zur zweiten Gruppe. Dabei kommt es schließlich regelmäßig zum Kampf Spieler gegen Spieler.

Eine fahrlässige Körperverletzung ist auch bei kampfbetonten Sportarten nicht strafbar, wenn sich das dafür ursächliche Verhalten noch im Rahmen der Regeln des jeweiligen Sports bewegt hat. Wurde jedoch ein Spieler durch einen groben Regelverstoß verletzt, kann sich der Betreffende durchaus strafbar gemacht haben. Die oben genannten "guten Sitten" stehen hier also schlicht für die Spielregeln.

Wann ist ein Foul eine gefährliche Körperverletzung?


Eine gefährliche Körperverletzung wird schwerer bestraft als eine einfache, nämlich mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren und in minder schweren Fällen mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Es gibt hier also keine Geldstrafen mehr, sondern eine Mindest-Freiheitsstrafe (§ 224 StGB).

Das Oberlandesgericht Celle hat im Juni 2020 in dritter Instanz entschieden, dass ein hartes Foul eine strafbare gefährliche Körperverletzung sein kann.

Was ist eine gefährliche Körperverletzung?


Von einer gefährlichen Körperverletzung spricht man zum Beispiel, wenn eine "das Leben gefährdende Behandlung" stattgefunden hat oder wenn ein gefährliches Werkzeug eingesetzt wurde. Bei lebensgefährlichen Verletzungen liegt also ein solcher Fall vor. Auch kann ein Fußballschuh vor Gericht durchaus als ein gefährliches Werkzeug durchgehen. Man kann damit schließlich erhebliche Verletzungen verursachen. Im Fall des OLG Celle hatte schon das Landgericht Hannover als Vorinstanz entschieden, dass ein Fußballschuh mit Kunststoffstollen ein gefährliches Werkzeug sei. Der verantwortliche Spieler wurde daher wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt.

Eine der Mannschaften hatte sich bei dem Spiel in der Kreisklasse vom Schiedsrichter ungerecht behandelt gefühlt und bereits mit 1:5 zurückgelegen. Dann beging einer der Spieler ein sogenanntes "Frust-Foul": Er verfolgte einen Spieler der anderen Mannschaft und trat ihn mit ausgestrecktem Bein und offener Sohle unterhalb des Unterschenkels. Dabei ignorierte er den Ball völlig. Er traf das Standbein des anderen Spielers. Dieser brach sich das linke Waden- und Schienbein, musste vier Tage lang ins Krankenhaus und war für acht Wochen arbeitsunfähig. Er wurde dreimal operiert.

Das OLG Celle ging hier wie auch die Vorinstanz von vorsätzlichem Handeln aus. Es bestätigte das Urteil gegen den Foulspieler. Dieser wurde wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 40 Euro verurteilt. Die Höhe der Tagessätze hängt immer vom Einkommen des Betreffenden ab. Ab 90 Tagessätzen gilt die jeweilige Person als vorbestraft.

Zwar ist es in der Regel bei gefährlicher Körperverletzung nicht mit einer Geldstrafe getan. Hier gibt es eine Mindeststrafe von sechs Monaten Freiheitsentzug. In diesem Fall wurde trotzdem nur eine Geldstrafe verhängt, weil der sogenannte Ausnahmestrafrahmen angewendet wurde. Das Gericht berücksichtigte nämlich zu Gunsten des Angeklagten, dass er sich noch auf dem Platz um den Verletzten gekümmert hatte und bei ihm geblieben war, bis der Krankenwagen kam. Auch war er nicht vorbestraft, hatte sich nach der ersten Verhandlung bei dem Verletzten entschuldigt und war auch schon vom Fußballverband für fünf Monate gesperrt worden. Ebenso berücksichtigte das Gericht, dass das Tragen von Fußballschuhen mit Stollen bei einem solchen Spiel nun einmal unumgänglich ist. Gegen den Angeklagten sprachen auf der anderen Seite die erheblichen Verletzungen.

Das Gericht betonte: Dies sei eine Einzelfallentscheidung, welche auf diese konkrete Situation abgestimmt worden wäre. Nicht jede Verletzung bei einem körperbetonten Sport sei pauschal eine Straftat (LG Hannover, 28.11.2019, Az. 36 Ns 2864 Js 17334/19 (97/19) und OLG Celle, 30.3.2020, Az. 2 Ss 20/20).

Wann wird eine Körperverletzung strafrechtlich verfolgt?


Die Körperverletzung ist ein sogenanntes Antragsdelikt. Das bedeutet, dass die vorsätzliche und die fahrlässige Körperverletzung nur auf einen Strafantrag des Verletzten hin verfolgt werden. Die Staatsanwaltschaft kann jedoch auch ohne Antrag die Strafverfolgung einleiten, wenn sie ein öffentliches Interesse an der Bestrafung des Täters sieht.

Oft wird bei Sportverletzungen kein Strafantrag gestellt, weil sie intern in der Fußballwelt abgehandelt werden – zum Beispiel vor einem nichtstaatlichen Sportgericht des Fußballverbandes. Beide Seiten unterwerfen sich dann freiwillig dessen Entscheidung.

Vorsicht: Die gefährliche Körperverletzung ist kein Antragsdelikt. Bei ihr ist also kein Strafantrag des Verletzten nötig. Die Strafverfolgungsbehörden leiten von sich aus ein Verfahren ein, auch ohne besonderes öffentliches Interesse.

Näheres zur Haftung nach Sportunfällen auch beim Fußball erfahren Sie hier:
Wer haftet bei einem Sportunfall?

Praxistipp zur Körperverletzung beim Fußball


Bei grob regelwidrig verursachten Fußballverletzungen findet häufig nur deshalb keine Strafverfolgung statt, weil kein Strafantrag gestellt wird. Bei erheblichen Trittverletzungen durch Fußballschuhe besteht die Gefahr einer Strafbarkeit wegen gefährlicher Körperverletzung. Die Zivilgerichte sprechen Geschädigten erhebliche Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche zu. Werden gegen Sie solche Ansprüche geltend gemacht oder wurden Sie selbst verletzt? Dann kann Sie ein Anwalt für Zivilrecht fachgerecht beraten. Sollen Sie wegen einer Körperverletzung strafrechtlich belangt werden, ist ein Fachanwalt für Strafrecht der beste Ansprechpartner.

(Ma)


 Ulf Matzen
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