Privat Drucken, Telefonieren oder Surfen: Droht mir die Kündigung?

22.02.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Drucken,telefonieren,fernsehen,Internet,Arbeitsplatz,Büro Private Tätigkeiten am Arbeitsplatz sind beim Chef oft nicht gern gesehen. © - freepik

Viele Arbeitnehmer drucken am Arbeitsplatz auch Privates aus und nutzen Internet oder Telefon des Arbeitgebers für private Zwecke. Aber ist das erlaubt und wenn nicht, was sind die Konsequenzen?

So mancher Arbeitnehmer druckt gelegentlich etwas Privates im Büro aus. Dies kann eine Konzertkarte sein, Unterlagen für eine Urlaubsbuchung, ein Bahnticket oder ein Steuerformular. Aber: Dabei wird ein Gerät genutzt, das dem Arbeitgeber gehört - sowie dessen Papier, Strom und oft auch bezahlte Arbeitszeit. Ist das erlaubt? Welche Folgen für das Arbeitsverhältnis kann das haben? Und wie steht es heutzutage mit privaten Telefongesprächen oder privatem Surfen im Internet am Arbeitsplatz?

Ist privates Drucken am Arbeitsplatz erlaubt?


Grundsätzlich ist der Drucker am Arbeitsplatz für dienstliche Aufgaben bestimmt. Immerhin werden beim Drucken auch Materialien verbraucht, für die der Arbeitgeber bezahlt hat - etwa Papier und Druckertinte bzw. Toner. Ganz zu schweigen davon, dass der Drucker auch Strom verbraucht. Zwar könnte man nun einwenden, dass ein paar Formulare oder ein Bahnticket nicht viel Ressourcen verbrauchen. Aber: Es gibt genug Urteile von Arbeitsgerichten, bei denen auch wegen vermeintlicher Bagatellbeträge oder -gegenstände eine fristlose Kündigung erfolgreich war. Bei Diebstählen gilt zum Beispiel: Auch ein Bagatelldiebstahl kann den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung berechtigen. Selbst wenn es nur um ein paar übrig gebliebene belegte Brötchen oder ein paar Pfandbons geht. Deshalb: Privates Drucken am Arbeitsplatz ist nicht einfach so erlaubt.

Wann ist eine fristlose Kündigung möglich?


Früher haben die Arbeitsgerichte in allen Bagatellfällen eine fristlose Kündigung bestätigt. Denn: Ein Diebstahl oder auch eine Unterschlagung von Eigentum des Arbeitgebers ist ein schwerer Vertrauensverstoß und eine Straftat, auch wenn es um geringe Beträge geht. Die arbeitsvertraglichen Pflichten werden dabei erheblich verletzt. Wer Material seines Arbeitgebers für private Zwecke verbraucht, begeht technisch gesehen eine Unterschlagung. Außerdem kann es sich auch um einen Arbeitszeitbetrug handeln, wenn solche Tätigkeiten während der bezahlten Arbeitszeit stattfinden.

Seit 2010 der Fall der Supermarkt-Kassiererin "Emmely" vor Gericht kam, hat sich jedoch einiges zu Gunsten der Arbeitnehmer geändert. Damals wies das Bundesarbeitsgericht darauf hin, dass bei einer Kündigung, die auf § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches gestützt wird, immer auch eine Interessenabwägung stattzufinden hat. Überwiegt das Interesse des Arbeitgebers an der Kündigung das des Arbeitnehmers am Arbeitsplatz? Lange war diese Frage mit "Ja" beantwortet worden. Das BAG betonte nun aber, dass die Interessenabwägung auch zugunsten des Arbeitnehmers ausgehen kann. Voraussetzungen: Der Schaden bewegt sich im Bereich von ein paar Euro, das Arbeitsverhältnis hat lange Zeit bestanden und ist ohne Probleme verlaufen und der Diebstahl erscheint als einmaliger Ausrutscher.
In diesem Fall wäre eine fristlose Kündigung unverhältnismäßig und der Arbeitgeber dürfte zunächst nur mit einer Abmahnung reagieren (Urteil vom 10.6.2010, Az. 2 AZR 541/09). Dies dürfte auf die geringfügige Nutzung von Material des Arbeitgebers für private Zwecke zu übertragen sein.

Das Landesarbeitsgericht Köln hat entschieden, dass ein geringfügiger Stromdiebstahl - ein Arbeitnehmer hatte den Akku seines Rasierapparats am Arbeitsplatz aufgeladen - nicht für eine fristlose Kündigung ausreicht. Hier wollte das Gericht nicht einmal eine Interessenabwägung vornehmen. Zwar hatte der Arbeitnehmer auch den Arbeitsplatz eine Stunde zu früh verlassen. Dies wäre aus Sicht des Gerichts Anlass für eine Abmahnung gewesen, aber nicht für eine fristlose Kündigung. Da es hier jedoch um einen Kleinbetrieb ging, für den das Kündigungsschutzgesetz nicht gilt, war die zusätzlich ausgesprochene ordentliche, befristete Kündigung wirksam (Urteil vom 20.01.2012, Az. 3 Sa 408/11).

Wann kann privates Drucken am Arbeitsplatz erlaubt sein?


Hat der Arbeitgeber privates Drucken am Arbeitsplatz längere Zeit geduldet, obwohl er darüber Bescheid wusste, kann er nicht plötzlich deswegen eine Kündigung aussprechen. Hier müsste er zunächst einmal ausdrücklich regeln, dass dies nicht erlaubt ist. Erst anschließend stehen arbeitsrechtliche Konsequenzen zur Diskussion.
Ist privates Drucken dagegen ausdrücklich vom Chef verboten, kann zumindest eine Abmahnung die unmittelbare Folge sein.

Telefonieren und Internet-Surfen während der Arbeitszeit


Auch privates Telefonieren oder Internet-Surfen während der Arbeitszeit können ein Verstoß gegen den Arbeitsvertrag sein. Hier kommt es auch auf Regelungen im Arbeitsvertrag an: Zum Teil ist privates Telefonieren oder Surfen in den Pausen sogar ausdrücklich erlaubt.

Auch dann muss es sich jedoch auf ein unerhebliches Maß beschränken. Wer zum Beispiel innerhalb von 30 Arbeitstagen 40 Stunden lang das dienstliche Internet privat nutzt, muss trotz einer solchen Regelung mit der fristlosen Kündigung rechnen (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.01.2016, Az. 5 Sa 657/15).

In der Regel erlauben Arbeitsverträge das private Telefonieren oder Internet-Surfen nicht. Eine Kündigung setzt auch dann jedoch voraus, dass diese Tätigkeiten ein gewisses Ausmaß erreicht haben. Der Schaden für den Arbeitgeber liegt hier nicht so sehr in den angefallenen Telefongebühren, sondern in der für private Zwecke verwendeten Arbeitszeit. Es gibt jedoch keine feste Stunden- oder Minutenzahl - hier kommt es auf den Einzelfall an und die Gerichte entscheiden nicht einheitlich. Außerdem muss bei einer Kündigung auch hier eine Interessenabwägung stattfinden, die zum Beispiel die Dauer und den bisherigen Verlauf des Arbeitsverhältnisses berücksichtigt.

Was gilt für Fernsehen während der Arbeitszeit?


So manches wichtige Sportereignis wie ein Fußballspiel findet während der Arbeitszeit statt. Da liegt es doch nahe, zwischendurch mal reinzuschauen ...

2017 befasste sich das Arbeitsgericht Köln mit der Fußball-Frage. Ein Mitarbeiter eines Autozulieferers hatte mit einem Kollegen gegen 17:30 Uhr im Büro ein Fußballspiel im Lifestream eines Bezahlsenders verfolgt – für mindestens 30 Sekunden, höchstens für zwei Minuten. Der Arbeitgeber mahnte den Mitarbeiter ab. Dieser ging vor Gericht, um die Abmahnung aus seiner Personalakte entfernen zu lassen.
Das Arbeitsgericht Köln stellte sich auf die Seite des Arbeitgebers. Das Gericht sah das Anschauen eines Fußballspiels auf dem dienstlichen Computer als ebenso unzulässig an, wie die private Internetnutzung während der Arbeitszeit. Denn immerhin verletze der Arbeitnehmer durch dieses Verhalten seine vertragliche Hauptleistungspflicht, während der Arbeitszeit zu arbeiten.
Wie schwer eine solche Pflichtverletzung wiege, sei danach zu beurteilen, wie sehr der Arbeitnehmer in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht seine Arbeit vernachlässige, um privaten Interessen nachzugehen. Hier sei jedoch die Abmahnung gerechtfertigt gewesen (Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 28.8.2017, Az. 20 Ca 7940/16).

Ist Fußballhören im Radio im Büro erlaubt?


Beim Radiohören sind die Gerichte etwas liberaler. Es wird als weniger ablenkend empfunden als Fernsehen. Ein generelles Verbot des Radiohörens im Betrieb wird meist als unwirksam angesehen – zumindest kann der Chef dies in Betrieben mit Betriebsrat nicht ohne dessen Zustimmung anordnen. Ausnahmen können bestehen, wenn sich andere Arbeitnehmer in ihrer Konzentration gestört fühlen oder wenn es in Bereichen mit Kundenverkehr stattfindet. Ein wirksames Radio-Verbot müssen Arbeitnehmer beachten – sonst drohen Abmahnung und Kündigung.
Aber gilt dies auch für Fußball? Das Hören eines Fußballspiels im Radio kann anders beurteilt werden, denn Fußball ist ablenkender als Musik. Arbeitnehmer sollten hier auf Nummer sicher gehen, das Einverständnis der Kollegen einholen und den Vorgesetzten fragen, bevor sie Fußballspiele im Radio hören. Sonst kann es auch hier ein böses Erwachen geben.

Ist die Nutzung des eigenen Smartphones am Arbeitsplatz erlaubt?


Hier kommt es darauf an, ob die private Smartphone-Nutzung im Betrieb generell erlaubt ist, oder nicht. Zwar kann der Betrieb diese Nutzung insbesondere in persönlichen Notfällen (kranke Angehörige) nicht komplett untersagen. Verschiedene Nutzungseinschränkungen sind allerdings möglich. Zwar gilt grundsätzlich: Ohne Verbot ist die Nutzung des privaten Handys erlaubt. Dies wird aber oft so verstanden, dass ständige und exzessive Handynutzung während der Arbeit zulässig ist, und das ist ganz sicher nicht der Fall. Grundregel ist auch hier: Handynutzung auf ein Minimum beschränken und ggf. Erlaubnis vom Chef einholen. Liegt diese vor, kann man auch kurz mal Fußball-Ergebnisse abrufen, etwa über einen Live-Ticker. Die Dauer der Nutzung sollte sich dann aber in dem Rahmen bewegen, wie sie sonst auch ohne Fußball stattfindet. Ein ganzes Spiel zu schauen, ist auch hier nicht anzuraten.

Praxistipp zum Drucken, Surfen und Telefonieren am Arbeitsplatz


Private Tätigkeiten am Arbeitsplatz können in vielen Fällen zu einer Abmahnung führen. Eine fristlose Kündigung wegen privaten Druckens, Telefonierens oder privater Internetnutzung ist heute aber nicht mehr so einfach, wie in früheren Jahren. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann Sie bei Streitigkeiten mit dem Arbeitgeber beraten und Ihnen helfen, eine Abmahnung oder fristlose Kündigung abzuwehren.

(Ma)


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