Anzeige wegen Körperverletzung – wie reagieren?

13.06.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Staatsanwaltschaft Berlin Was muss man zur Anzeige wegen Körperverletzung wissen? © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Beweise sammeln: Ist man mit einer Anzeige wegen Körperverletzung konfrontiert, empfiehlt es sich, alle relevanten Beweise, wie Zeugenaussagen, Fotos oder andere Dokumente, welche die Unschuld beweisen können, zu sammeln.

2. Aussage verweigern: Auf keinen Fall sollte man bei einer polizeilichen Vorladung Angaben zum vorgeworfenen Sachverhalt machen. Diese können später in einem möglichen Gerichtsverfahren gegen den Angeklagten verwendet werden.

3. Anwalt konsultieren: Es ist ratsam, sofort, also schon vor der polizeilichen Anhörung, einen Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Strafrecht zu kontaktieren, um das beste Vorgehen zu besprechen.
Laut Statista hat die Polizei in Deutschland 2024 insgesamt 626.000 Fälle von Körperverletzung registriert. In vielen Fällen mag es die Beteiligten überrascht haben, dass sie sich tatsächlich strafbar gemacht hatten.

Was ist eine strafbare Körperverletzung?


Die Körperverletzung ist laut § 223 des Strafgesetzbuches (StGB) eine Straftat. Nach dieser Vorschrift handelt es sich um eine Körperverletzung, wenn jemand "eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt". Als Misshandlung gilt jede üble, unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit nicht nur unerheblich beeinträchtigt. Beispiel: Ein Faustschlag ins Gesicht fällt in aller Regel unter Körperverletzung. Ein Ohrfeige ist ein Grenzfall. Mänchmal wird sie auch als Beleidigung bewertet (und geahndet).

Welche strafbaren Varianten der Körperverletzung gibt es?


Weitere Vorschriften im Strafgesetzbuch beschäftigen sich mit schlimmeren Arten der Tatausführung.

- Gefährliche Körperverletzung (unter Verwendung von Gift, Waffen, Hinterhalt, bei Begehung durch mehrere Personen, Lebensgefahr),
- schwere Körperverletzung (mit der Folge dauerhafter körperlicher Schäden oder Behinderungen) oder
- Körperverletzung mit Todesfolge.

Ebenso gehören zu den Körperverletzungsdelikten:

- Misshandlung von Schutzbefohlenen,
- Verstümmelung weiblicher Genitalien.

Diese Varianten der Straftat werden ausnahmlos härter bestraft als eine einfache Körperverletzung.

Wie wird die Körperverletzung bestraft?



- Eine einfache Körperverletzung wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe geahndet.

- Bei einer gefährlichen Körperverletzung gibt es einen Strafrahmen von mindestens sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe, in minder schweren Fällen von drei Monaten Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren.

- Eine schwere Körperverletzung wird mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft, bei einer Körperverletzung mit Todesfolge sind es mindestens drei Jahre. Auch eine versuchte Körperverletzung ist strafbar.

Was ist eine Misshandlung von Schutzbefohlenen?


Werden Minderjährige von ihren Eltern oder Menschen, unter deren Aufsicht sie stehen, misshandelt, ist dies strafrechtlich eine Misshandlung von Schutzbefohlenen. Dies gilt auch für die Misshandlung von Kranken oder gebrechlichen Senioren, zum Beispiel durch Pflegepersonal. Diesen Straftatbestand regelt § 225 StGB.

Schutzbefohlene sind minderjährige, kranke oder gebrechliche Personen, welche

- der Fürsorge oder Obhut des Täters unterstehen,
- zu seinem Haushalt gehören,
- ihm von Fürsorgepflichtigen (z. B. Eltern, Betreuern) zur Beaufsichtigung überlassen worden sind,
- ihm im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses unterstellt sind (z. B. Praktikanten, Auszubildende).

Strafbar macht sich also, wer solche Personen quält, roh misshandelt oder ihre Gesundheit durch böswillige Vernachlässigung seiner Pflicht, für sie zu sorgen, schädigt.

Die Misshandlung von Schutzbefohlenen wird mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren geahndet.

Wenn die betreffenden Personen durch die Tat

- in Lebensgefahr geraten oder
- in die Gefahr von schweren Gesundheitsschäden oder
- als Minderjährige in die Gefahr von schweren Schäden in ihrer Entwicklung,

beträgt die Mindeststrafe ein Jahr. In minder schweren Fällen sind geringere Strafen möglich. Allerdings gibt es immer eine Mindesthaftstrafe von drei bis sechs Monaten.

Ist die Beschneidung bei Frauen strafbar?


Die Verstümmelung weiblicher Genitalien ist seit 2013 eine Straftat. Geregelt ist sie in § 226a StGB. Alle Varianten der Verstümmelung äußerer weiblicher Geschlechtsorgane bzw. der sogenannten Beschneidung bei Frauen sind strafbar. Es droht eine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsentzug. In minder schweren Fällen können die Gerichte Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren verhängen.

Was ist eine fahrlässige Körperverletzung?


Man kann sogar dann wegen Körperverletzung bestraft werden, wenn man diese nicht vorsätzlich, sondern fahrlässig begangen hat. Wurde also zum Beispiel jemand verletzt, weil jemand anders notwendige Sorgfaltspflichten außer Acht gelassen hat, droht dem Verantwortlichen eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.

Beispiel: Ein Radfahrer schaut beim Fahren auf sein Smartphone, übersieht einen Fußgänger und fährt diesen an.

Was ist ein Strafantrag und wann ist er nötig?


Häufig wird umgangssprachlich von einer "Strafanzeige" gesprochen. Diese muss man aber von einem Strafantrag unterscheiden. Mit einer Strafanzeige informiert jemand die Polizei lediglich über ein möglicherweise strafbares Verhalten. Dies kann jeder tun, nicht nur der Geschädigte. Die Ermittlungsbehörden entscheiden selbst, ob sie daraufhin irgendwelche Schritte einleiten.

Es gibt jedoch eine Reihe von Straftaten, bei denen ohne formellen Strafantrag kein Verfahren eingeleitet wird. Dazu gehören einige Körperverletzungsdelikte. Beispielsweise werden eine einfache Körperverletzung nach § 223 StGB und eine fahrlässige Körperverletzung nach § 229 StGB nur auf einen Strafantrag des Opfers hin verfolgt. Allerdings kann die Staatsanwaltschaft von sich aus eine Strafverfolgung einleiten, wenn sie ein besonderes öffentliches Interesse für die Strafverfolgung sieht. Dies könnte zum Beispiel bei einem Wiederholungstäter der Fall sein. Im Normalfall muss jedoch der Geschädigte einen Strafantrag stellen, damit eine Strafverfolgung stattfindet.

Bei Straftaten gegen Amtsträger im öffentlichen Dienst, Polizisten, Soldaten oder Amtsträger von Religionsgemeinschaften kann auch deren Dienstvorgesetzter Strafantrag stellen. Allerdings muss die Tat dafür etwas mit dem Dienst oder dem Beruf des oder der Betreffenden zu tun haben.

Wie wird eine gegenseitige Körperverletzung bestraft?


Nach einer Schlägerei betrachten sich oft beide Kontrahenten als Opfer einer Körperverletzung. Daher stellen in vielen Fällen beide Strafantrag gegen den jeweils anderen. Das Gericht muss dann sehr genau untersuchen, ob ein sogenannter Rechtfertigungsgrund für einen der beiden spricht – wie etwa Notwehr. Dann hätte der Betreffende nämlich nicht rechtswidrig gehandelt und sich nicht strafbar gemacht. Führt eine Schlägerei mit mehreren Beteiligten zu einer schweren Körperverletzung oder zum Tod eines Menschen, wird übrigens auch ein reiner Teilnehmer mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe bestraft (§ 231 StGB) – auch, wenn nicht erwiesen ist, dass er selbst zum Beispiel den tödlichen Schlag ausgeführt hat.

Wie sollte man auf eine Anzeige wegen Körperverletzung reagieren?


Oft werden Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung eingestellt, wenn der Täter sich beim Geschädigten entschuldigt oder wenn eine gegenseitige Körperverletzung vorliegt. Auch Notwehr kann ein gutes Argument sein. Wichtig ist eine möglichst frühzeitige Beratung durch einen Anwalt. Man sollte auf keinen Fall bei einer polizeilichen Vernehmung Angaben machen, ohne vorher mit einem Strafverteidiger gesprochen zu haben. Unbedachte Aussagen lassen sich nur schwer wieder rückgängig machen und werden im Strafverfahren verwendet.

Wie bekomme ich nach einer Körperverletzung Schmerzensgeld?


Dazu muss man wissen, dass finanzielle Ansprüche sich nach dem Zivilrecht richten und nicht nach dem Strafrecht. Beides wird vor unterschiedlichen Gerichten verhandelt. Um Schmerzensgeld zu bekommen, muss der oder die Geschädigte den Täter vor einem Zivilgericht verklagen. Ein Zivilverfahren um Schadensersatz oder Schmerzensgeld findet oft erst statt, wenn im Strafverfahren vor dem Strafgericht eine Entscheidung gefallen ist.

Hat die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren nach § 170 Absatz 2 der Strafprozessordnung eingestellt, weil sie keinen ausreichenden Anlass für ein Strafverfahren gesehen hat, haben Geschädigte meist nur geringe Chancen, vor einem Zivilgericht Schmerzensgeld zugesprochen zu bekommen. Dies gilt auch bei einem Freispruch im Strafverfahren. Bei einer Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit nach § 153 StPO hängen die Erfolgschancen sehr vom Einzelfall ab.
Aber: Wurde der Täter wegen einer Körperverletzung strafrechtlich verurteilt, steht einer Zivilklage auf Schmerzensgeld meist nichts im Wege.

Praxistipp zur Anzeige wegen Körperverletzung


Wird gegen Sie wegen einer Körperverletzung ermittelt oder haben Sie ein Strafverfahren vor sich? Dann sollten Sie sich baldmöglichst von einem auf das Strafrecht spezialisierten Rechtsanwalt beraten lassen. Viele Beschuldigte machen ohne die Beratung durch einen Strafverteidiger bei Vernehmungen durch die Polizei Fehler, die dann das gesamte weitere Verfahren beeinflussen.

(Wk)


 Günter Warkowski
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