Kindergeld 2023: Wie wird es beantragt und wie hoch ist es?

12.12.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 6 Min. (645 mal gelesen)
Kindergeld,Antrag,Familienkasse,steuerliche,Identifikationsnummer Viele Eltern können Kindergeld beantragen: Eine wichtige Finanzspritze! © Bu - Anwalt-Suchservice

Für Eltern ist das Kindergeld eine wichtige, zusätzliche Finanzspritze. Allerdings ist es auch an einige Voraussetzungen gebunden. Ab dem Jahr 2023 beträgt es einheitlich 250 Euro pro Kind.

Kindergeld kann grundsätzlich jeder erhalten, der in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig ist (§ 62 Abs. 1 Einkommenssteuergesetz). Nicht erforderlich ist, dass der Bezieher in Deutschland wohnt. Berechtigt sind etwa die Eltern oder Erziehungsberechtigte wie Adoptiv- und Stiefeltern, Pflegeeltern oder auch Großeltern. In der Regel wird das Kindergeld für alle Kinder bis zum 18. Lebensjahr gezahlt, für Kinder in Ausbildung bis zum 25. und für arbeitslose Kinder bis zum 21. Lebensjahr. Ab dem Jahr 2023 beträgt das Kindergeld für jedes Kind einheitlich 250 Euro.

Wie beantragt man Kindergeld?


Der Antrag auf Kindergeld muss bei der Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit gestellt werden. Dazu gibt es ein entsprechendes Formular, in dem alle benötigten Angaben einzutragen sind.
Seit 1.1.2016 gibt es eine zusätzliche Voraussetzung für den Bezug von Kindergeld: Im Antrag auf Kindergeld sind die Steuer-Identifikationsnummern des Kindergeldberechtigten und des Kindes anzugeben. Damit sollen Doppelzahlungen für ein- und dasselbe Kind verhindert werden. Das Bundeszentralamt für Steuern teilt jedem eine Steuer-ID zu, der beim Einwohnermeldeamt gemeldet ist. Neugeborene oder nach Deutschland zugezogene Kinder bekommen in der Regel innerhalb von sechs Wochen nach ihrer Anmeldung bei der Meldebehörde ihre eigene Steuer-ID-Nummer.

Wie hoch ist das Kindergeld?


Gilt ab Anfang des Jahres 2023: Die bis Ende 2022 gültige Unterscheidung des Kindergeldes nach Anzahl der Kinder wird aufgehoben. Ab dem 1.1.2023 beträgt das Kindergeld für jedes Kind einheitlich 250 Euro pro Monat.

Das galt bis Ende des Jahres 2022: Das Kindergeld beträgt seit 2021 und auch noch 2022 für das erste und zweite Kind monatlich 219 Euro, für das dritte Kind monatlich 225 Euro und für das vierte und jedes weitere Kind monatlich 250 Euro. Seine Höhe ist nicht vom Einkommen der Eltern abhängig. Allerdings verrechnet das Finanzamt das ausgezahlte Kindergeld mit dem Steuervorteil, welchen Steuerzahler durch die Kinderfreibeträge bei der Einkommensteuer haben.

An wen wird das Kindergeld ausgezahlt?


Gemäß Bundeskindergeldgesetz (BKGG) wird für jedes Kind nur an eine Person Kindergeld gezahlt. Erfüllen mehrere Personen die Voraussetzungen, bekommt diejenige Person Kindergeld, die das Kind in ihrem Haushalt aufgenommen hat. Wohnen die Eltern zusammen, müssen sie sich einigen, wer Kindergeld beantragt. Leben sie getrennt, bekommt der Elternteil Kindergeld, bei dem das Kind wohnt. Für die Betreuung im Wechselmodell gibt es besondere Regeln. Wohnt ein Kind in seinem eigenen Haushalt und erhält keinen Unterhalt von seinen Eltern, kann es sein Kindergeld an sich selbst ausgezahlt bekommen. Dies gilt ebenfalls für Vollwaisen und Kinder, die den Aufenthaltsort ihrer Eltern nicht kennen.

Was gilt für Kinder in Ausbildung?


Kinder zwischen 18 und 25 Jahren bekommen Kindergeld, wenn sie sich in einer Schul- oder Berufsausbildung oder einem Studium befinden. Das Ziel muss die Qualifikation für einen Beruf sein. Jedes Jahr ist gegenüber der Kindergeldkasse nachzuweisen, dass die Ausbildung noch andauert. Hat das Kind seine erste Berufsausbildung oder sein Erststudium abgeschlossen, erhält es nur noch Kindergeld, wenn es keine Erwerbstätigkeit mit mehr als 20 Stunden pro Woche ausübt.

Während einer Übergangszeit, etwa zwischen Schulabschluss und Ausbildungs- oder Studienbeginn, können die Eltern weiter Kindergeld beziehen. Die Pause darf nicht länger als vier Monate dauern. Auch Kinder unter 25, die den Bundesfreiwilligendienst ableisten, bekommen Kindergeld.
Wenn ein Kind keinen Ausbildungsplatz findet, können die Eltern trotzdem Kindergeld erhalten. Sie müssen nachweisen, dass ihr Kind sich um einen Ausbildungsplatz bemüht. Dieser Nachweis ist erbracht, wenn es beim Jobcenter als ausbildungsplatzsuchend gemeldet ist.
Ein duales Studium zählt als einheitliche Erstausbildung, wenn der praktische und der theoretische Teil sachlich und zeitlich eng zusammenhängen (BFH, Urteil vom 3.7.2014, Az. III R 52/13).

Was gilt für arbeitssuchende Kinder?


Arbeitssuchende Kinder können bis zum Alter von 21 Jahren Kindergeld erhalten. Sie müssen dazu beim Arbeitsamt als arbeitssuchend gemeldet sein.

Bekommen verheiratete Kinder noch Kindergeld?


Verheiratete Kinder bekommen Kindergeld, wenn die restlichen Voraussetzungen vorliegen, zum Beispiel "unter 25 Jahre und in Berufsausbildung". Es kommt nicht auf das Einkommen des Ehepartners oder den Ausbildungslohn des Kindes an. Seit einem Urteil des Bundesfinanzhofes sind "Unterhaltssituationen" oder "Mangelfälle" keine Voraussetzung mehr (17.10.2013, Az. III R 22/13).

Fall: Eingetragene Lebenspartnerschaft: Geld für Kinder des Partners?


Eine Frau lebte mit ihrer eingetragenen Lebenspartnerin zusammen. Jede der beiden Frauen hatte zwei leibliche Kinder, die alle mit im gemeinsamen Haushalt lebten. Eine der Frauen erhob Klage, da sie nur für ihre eigenen Kinder Kindergeld bekam - und nicht auch für die ihrer Partnerin.

Der Bundesfinanzhof stellte sich auf ihre Seite: Das Bundesverfassungsgericht habe am 7. Mai 2013 entschieden, dass der Ausschluss eingetragener Lebenspartner vom Ehegattensplitting gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoße. Die Vorschriften des Einkommenssteuergesetzes (EStG) über Ehegatten seien auch auf eingetragene Lebenspartnerschaften anzuwenden. Dies besage auch § 2 Abs. 8 EStG. Diese Regelung war auch auf noch nicht bestandskräftige Einkommenssteuer-Bescheide anzuwenden – so wie hier. Laut Bundesfinanzhof gelten diese Regelungen auch für das Kindergeld (Urteil vom 8.8.13, Az. VI R 76/12).

Die Folge: Ein Lebenspartner, in dessen Haushalt die Kinder seines Partners leben, kann für diese Kindergeld beantragen. Dadurch werden die Kinder beider Partner zusammengezählt. Das Kindergeld steigt mit dem dritten und dem vierten Kind und ist dann in der Summe höher, als wenn es beide Partner einzeln für je zwei Kinder beantragen würden.

Was ist ein Zählkind im Sinne des Kindergeldes?


Eigene Kinder, die bei einem Expartner leben, sind für die Berechnung des Kindergeldes sogenannte Zählkinder. Zwar bekommt derjenige Ex-Partner, bei dem sie nicht mehr leben, für sie kein Kindergeld. Sie erhöhen aber seinen Anspruch, wenn es Kinder aus einer neuen Beziehung gibt. Wie geht das?

Beispiel: Regina und Thomas haben zwei gemeinsame Kinder. Nun scheitert ihre Ehe. Die Kinder wohnen bei Regina. Diese erhält für sie auch Kindergeld, nämlich zwei Mal 219 Euro = 438 Euro.

Thomas heiratet nun Valerie und bekommt mit ihr auch zwei gemeinsame Kinder. Zwar bekommt er für die beiden Kinder aus der ersten Ehe kein Kindergeld. Diese gelten jedoch als Zählkinder und zählen mit. Die beiden neuen Kinder aus der Ehe mit Valerie werden dadurch nicht als das erste und zweite Kind gezählt, sondern als das dritte und vierte. Beantragt Thomas Kindergeld für seine beiden neuen Kinder, bekommt er also nicht zwei Mal 219 = 438 Euro, sondern 225 + 250 Euro = 474 Euro. Das sind im Monat 36 Euro mehr, im Jahr macht das 432 Euro aus.

Wann gibt es für im Ausland wohnhafte Kinder Kindergeld?


Deutsche, die im Ausland wohnen, können in Deutschland Kindergeld beantragen, wenn sie

- unbeschränkt steuerpflichtig in Deutschland sind oder entsprechend behandelt werden (unbeschränkt steuerpflichtig bedeutet, dass sie sämtliche Einkünfte in Deutschland versteuern müssen) oder
- sie in Deutschland nur beschränkt steuerpflichtig, aber sozialversicherungspflichtig angestellt sind.

Auch ausländische Staatsbürger können in Deutschland Kindergeld beantragen, wenn auf sie eine der folgenden Voraussetzungen zutrifft:

- Staatsbürgerschaft eines Mitgliedslandes der Europäischen Union (EU), des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) oder der Schweiz,

- Staatsbürgerschaft eines der folgenden Staaten: Algerien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Marokko, Montenegro, Serbien, Tunesien oder Türkei. Außerdem in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt oder Bezug von Arbeitslosengeld beziehungsweise Krankengeld.

- Gültige Niederlassungs- oder Aufenthaltserlaubnis, mit der Berufstätigkeit in Deutschland erlaubt ist.

- Unanfechtbare Anerkennung als Flüchtlinge oder Asylberechtigte.

Auch Bürger anderer EU-Mitgliedstaaten, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, können in Deutschland kindergeldberechtigt sein, obwohl sie weiter in das Sozialsystem ihres Heimatlandes eingegliedert bleiben und auch dort Kindergeld bekommen. Das deutsche Kindergeld wird dann jedoch um die ausländischen Leistungen gekürzt. So hat das Finanzgericht Köln in drei Urteilen für niederländische und polnische Arbeitnehmer entschieden (Az. 15 K 47/09, 15 K 930/09 und 15 K 2058/09).

Wird Kindergeld auch rückwirkend gezahlt?


Früher konnten Eltern rückwirkend für bis zu vier Jahre Kindergeld beantragen. Heute zahlt die Familienkasse nur noch für sechs Monate rückwirkend Kindergeld aus – gerechnet ab Eingang des Kindergeldantrags (§ 70 Abs. 1 EStG).

Wenn die Familienkasse jedoch in ihrem Bescheid die Zahlungen über den Sechsmonatszeitraum hinaus rückwirkend festgesetzt hat, muss sie das Geld auch für den gesamten bewilligten Zeitraum überweisen (BFH, Urteil vom 19.2.2020, Az. III R 66/18).

Wie legt man Widerspruch gegen den Kindergeldbescheid ein?


Eltern, die mit einem Kindergeld-Bescheid der Familienkasse nicht einverstanden sind, können dagegen Widerspruch einlegen. Dies müssen sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids erledigen (§ 355 AO, Widerspruchsfrist). Der Einspruch kann schriftlich oder elektronisch eingereicht werden. Hat die Behörde ihre E-Mail-Adresse angegeben, darf der Widerspruch auch dorthin verschickt werden (BFH, Urteil vom 13.5.2015, Az. III R 26/14).

Reform: Ampel-Koalition plant Kindergrundsicherung


Die Ampel-Koalition möchte mehr Chancen für Kinder und Jugendliche schaffen. Dazu ist die Einführung einer sogenannten Kindergrundsicherung geplant. Das Konzept soll bis Ende 2023 entwickelt werden - bis zur Umsetzung dauert es also noch etwas. Dem Koalitionsvertrag zufolge soll die Kindergrundsicherung aus einem Garantiebetrag und einem Zusatzbetrag bestehen. Der Garantiebetrag ist vom Einkommen der Eltern unabhängig. Der Zusatzbetrag ist gestaffelt und abhängig vom Einkommen der Eltern.

Die Kindergrundsicherung soll mehrere der bisherigen Leistungen für Kinder bündeln. Dazu gehören das Kindergeld, ALG-II Leistungen für Kinder, Teile des Bildungs- und Teilhabepakets und der Kinderzuschlag für Familien mit kleinem Einkommen. Der Koalitionsvertrag stellt auch die Auszahlung "ohne bürokratische Hürden" in Aussicht. Ob das gelingt, bleibt abzuwarten.

Praxistipp zum Kindergeld


Nicht jeder Bescheid der Familienkasse zum Kindergeld ist tatsächlich rechtswirksam. Konflikte mit der Behörde gibt es besonders oft bei volljährigen Kindern. Im Streitfall ist ein Fachanwalt für Verwaltungsrecht der richtige Ansprechpartner, um zu prüfen, ob ein Fehler vorliegt und ggf. Widerspruch gegen den Kindergeldbescheid einzulegen ist.

(Bu)


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 Stephan Buch
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