Deutsches Erbrecht diskriminiert nichteheliche Kinder

13.02.2017, Autor: Herr Bernfried Rose / Lesedauer ca. 2 Min. (169 mal gelesen)
Wohl auch durch den Zweiten Weltkrieg wurden schon in der Vergangenheit in Deutschland viele Kinder nichtehelich geboren. Vor dem 1. Juli 1949 nichtehelich geborene Kinder werden im deutschen Erbrecht teilweise immer noch benachteiligt.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Deutschland mit Urteil vom 9. Februar 2017 erneut wegen dieser Diskriminierung verurteilt (Az.: 29762/10).

Nach dem deutschen Erbrecht haben nichteheliche Kinder, die vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes am 1. Juli 1949 geboren wurden und deren Vater vor dem 29. Mai 2009 verstorben ist, keinen Anspruch auf den Nachlass des Erblassers. Diese Stichtagsregelung und Ungleichbehandlung hat der EGMR als diskriminierend verurteilt.

Nichtehelicher Tochter werden Erbansprüche verwehrt

In Straßburg ging es um die Erbansprüche einer Frau, die 1940 in der damaligen DDR als nichteheliches Kind geboren worden war. Ihr Vater hatte sie als seine Tochter anerkannt und auch regelmäßig Kontakt. Dieser verstarb im Januar 2009; also noch wenige Monate vor der Stichtagsregelung. Daher wurden der Tochter auch die Erbansprüche verwehrt. Die Straßburger Richter halten diese Stichtagsregelung für diskriminierend und sehen dadurch das Grundrecht auf Schutz des Familienlebens verletzt. Der Gerichtshof wird später noch entscheiden, ob der Frau ein Schmerzensgeld zusteht.

Die Bundesrepublik sieht sich nicht zum ersten Mal dem Vorwurf ausgesetzt, dass das deutsche Erbrecht nichteheliche Kinder teilweise diskriminiert. Schon im Mai 2009 wurde sie deshalb vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gerügt. Daher wurde die Stichtagsregelung überhaupt eingeführt. Demnach haben vor dem 1. Juli 1949 nichtehelich geborenen Kinder aber nur dann einen Erbanspruch, wenn der Erbfall ab dem 29. Mai 2009 eingetreten ist. Bei Erbfällen vor diesem Stichtag gehen die nichtehelichen Kinder weiter leer aus. Dem Menschengerichtshof geht diese Gesetzesänderung offensichtlich nicht weit genug. Für eine solche Ungleichbehandlung müsse es schon sehr gewichtige Gründe geben, zumal die europäische Rechtsprechung dazu tendiere, alle erbrechtlichen Benachteiligungen für nichteheliche Kinder abzuschaffen.

BGH vertritt andere Auffassung

Der Bundesgerichtshof hat in der Vergangenheit eine andere Auffassung vertreten. Mit Urteil vom 26. Oktober 2011 entschied er in einem ähnlichen Fall, dass dem grundsätzlich geschützten Vertrauen von Erblassern und den bisherigen Erben eine entscheidende Bedeutung zukommt (Az.: IV ZR 150/10). Daher sei es gerechtfertigt, wenn vor dem 1. Juli 1949 nichtehelich geborene Kinder vom Erbe des Vaters ausgeschlossen würden. Die Neuregelung, dass diese Kinder einen Anspruch an dem Nachlass haben, gelte daher nur rückwirkend für Erbfälle, die ab dem 29. Mai 2009 eingetreten sind.

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist noch nicht rechtskräftig. Allerdings sind in Straßburg auch noch zwei ähnlich gelagerte Fälle anhängig. Dennoch wird es spannend sein, ob der deutsche Gesetzgeber auf das Urteil mit einer erneuten Reform reagieren und die Ungleichbehandlung abschaffen wird. 

Kommt es in diesen speziellen Erbfällen zu rechtlichen Auseinandersetzungen, sollte unbedingt juristischer Rat eingeholt werden.

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